Das endgültige Aus für das Gartencenter in Hüllhorst

Hüllhorst. Samstagmittag, 29. Dezember, an der Löhner Straße 25 in Hüllhorst auf dem Gelände des Gartencenters, früher Grätz Gartencenter. Es hat an diesem Tag zum letzten Mal geöffnet. Ende Juli hätten sie von der Schließung gehört. &bdquo;Wir waren wie vor den Kopf gestoßen und geschockt“, berichtet eine Mitarbeiterin. Alle zehn Kolleginnen und Kollegen waren von der Kündigung betroffen. Die meisten sind langjährige Mitarbeiter und mehr als zehn Jahre dabei, bis zu 30 Jahre. Nachdem das Grätz Gartencenter 2022 übernommen wurde, hatten sie damit gerechnet, dass es weitergeht. Die OWL Gartencenter GmbH erwarb Gebäude und Grundstück, dabei handelt es sich um eine gemeinsame Tochter der drei regionalen Warengenossenschaften Raiffeisen Lübbecker Land AG, der Raiffeisen Lippe-Weser AG und der Raiffeisen Warengenossenschaft Osnabrücker Land eG. Eine Mitarbeiterin, die dort zehn Jahre im Einzelhandel tätig war, spricht am letzten Verkaufstag mit nw.de. Sie ist 60 Jahre alt und hat noch nichts Neues in Aussicht. Es sei nicht einfach, in dem Alter einen Job zu finden: &bdquo;Wir waren so ein gutes Team, alles nette Kolleginnen und Kollegen. So was gibt es nicht oft, dass das alles stimmt.“ Na ja, zumindest die Arbeitskleidung müssten sie nicht zurückgeben, meint sie mit einem bitteren Lachen. Da stehe auch &bdquo;Gartencenter Hüllhorst“ drauf und damit könne nun niemand mehr etwas anfangen. Am Donnerstag vor der Schließung waren die Kolleginnen und Kollegen zum Abschluss zusammen essen – da flossen auch Tränen, wird berichtet. Lesen Sie auch: Hüllhorst verliert ein weiteres Geschäft: Gartencenter schließt Ein wirklich trauriger Abschluss Auf den letzten Drücker will Fiona Nicol noch einen Gutschein einlösen. Die Kundin ist zusammen mit ihrer vierjährigen Tochter Wanda da und mit ihrer Bekannten Sonja Kadeszh sowie deren Tochter Isabella, neun Jahre alt. Alle kommen aus Hüllhorst und kennen das Geschäft gut. Sie seien häufig hier gewesen wegen der Zimmerpflanzen, frischen Blumensträußen, Frühblühern und Obstbäumen. Die Qualität habe immer gestimmt, vor allem die persönliche und freundliche Beratung sei besonders gewesen: &bdquo;Wir finden es schade, dass heute der letzte Tag ist. Hier konnte man immer schnell hinkommen, es gab gute Angebote und viel Auswahl.“ Auch Tatjana Plett findet die Schließung &bdquo;sehr, sehr schade“. Seit zehn Jahren hat sie hier eingekauft und war immer zufrieden. Sie wohnt ebenfalls in Hüllhorst und arbeitet in der Amtsapotheke. Auf dem ansonsten fast leer geräumten Außengelände hat sie noch eine Pflanze, ein Nadelgehölz im Kübel, entdeckt – bei 70 Prozent Preisnachlass lohne der Kauf sich. Viel ist am letzten Tag aber nicht mehr zum Stöbern da. Es gibt auch keinen Ansturm, sondern in den letzten zwei Stunden kommen nur noch vereinzelt Kunden. Auf dem Außengelände stehen ein paar spärliche Pflanzen in Töpfen. Innen gibt es jede Menge großer Steinbrocken für die Gartengestaltung, ansonsten leere Regale und Verkaufsflächen. Alles wirkt deprimierend, trostlos und spiegelt die vorherrschende Stimmung der gekündigten Mitarbeiter und enttäuschten Stammkunden wider. Ein wirklich trauriger Abschluss einer so lange andauernden Erfolgsgeschichte des vorherigen Familienunternehmens. Nach Schließung der beliebten Hüllhorster Buchhandlung in diesem Jahr folgt somit ein weiteres alteingesessenes Geschäft. Wie es nach der endgültigen Schließung weitergeht, ob das Gebäude schon wieder verkauft sei – Schulterzucken bei den Mitarbeitern. Sie hätten die Info, dass alle übrig gebliebenen Waren eingepackt und Dienstag per Lkw nach Melle in ein anderes Gartencenter gebracht würden. Aber so richtig interessiere sie das nicht mehr. Am Samstag um 14 Uhr ende der Verkauf, der Schlüssel werde umgedreht und das war es dann. Lesen Sie auch: Neuer Blumen-Laden im Kreis Minden-Lübbecke eröffnet Trotzdem auch gute Nachrichten Es gibt aber auch gute Nachrichten: Von den ehemaligen Mitarbeitern machen sich nun vier Floristen mit einem Blumengeschäft in Schnathorst selbstständig – auf Anregung eines Lieferanten, mit dem man kooperieren wolle. &bdquo;Da, wo vorher die Eisdiele war“, berichtet Stefanie Zarnitz. Circa 100 Quadratmeter Verkaufsfläche seien es ohne Baumschule. Sie gehört mit dazu und freut sich schon sehr. Ab Februar nächsten Jahres soll es losgehen. Sie war seit 20 Jahren bei Grätz beschäftigt, das stecke man nicht einfach so weg, trotz der guten Aussichten: &bdquo;Denn wir hatten damit wirklich nicht gerechnet. Das war ein Hammer für uns.“ Natürlich fragen sich alle, Mitarbeiter wie Kunden, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Denn vor drei Jahren sah alles noch ganz anders aus. Eigentlich gab es große Pläne für Erweiterung und Neubau, sogar ein Café sah das Konzept vor. Laut ursprünglichem Zeitplan war eine Fertigstellung im Frühjahr 2024 vorgesehen. Zuletzt stand das Projekt 2023 im Gemeindeentwicklungs- und Umweltausschuss auf der Tagesordnung wegen einer Änderung des Bebauungsplans. Keine wirtschaftlich tragbare Perspektive in Sicht Zu den Auslösern sollen auch Probleme mit den Auflagen wie unter anderem beim Brandschutz gehört haben. Dazu sei alles in die Jahre gekommen und eine Modernisierung längst überfällig gewesen – auch schon lange vor dem Verkauf. &bdquo;Wenn es stark geregnet hat, dann standen wir knietief im Wasser“, berichtet eine Mitarbeiterin. Und eh das Wasser – finanziell gesehen – nun bis zum Hals steht, schien ein Ziehen der Reißleine der Ausweg. Im Vorfeld hatte sich Geschäftsführer Ulrich Steinkamp auf Nachfrage von nw.de so geäußert: Die Gründe für die Schließung seien wirtschaftlicher Natur. Kaufzurückhaltung durch die derzeitige gesamtgesellschaftliche Verunsicherung hätten im gesamten deutschen Einzelhandel zu Umsatzrückgängen geführt, die auch bei ihnen zum Tragen gekommen wären. Leider sei eine langfristig wirtschaftlich tragbare Perspektive nicht mehr zu sehen gewesen. Das Gartencenter Grätz an der Löhner Straße 25 wurde viele Jahre im Familienbetrieb geführt. Mit rund 10.000 Quadratmeter Geschäfts- und Ausstellungsfläche sowie einer umfassenden Produktpalette gehörte es zu den größeren Fachgeschäften in der Region. Aus Altersgründen suchte der damals 71-jährige Inhaber Wolfgang Grätz vor ein paar Jahren einen Nachfolger. Den &bdquo;Grätz Garten- und Landschaftsbau“ Am Ilex 3 führt Wolfgang Grätz seitdem separat mit allen 30 Mitarbeitern weiter. Dieser ist auch nicht von der Schließung des Gartencenters betroffen. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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