Verdächtiger aus Enger in U-Haft: Was über den Hüllhorster Vermisstenfall bekannt ist

Hüllhorst/Enger. In den Bäumen am Wohnhaus des vermissten Unternehmers Jörg Döhnert am Hankamp 14 in Hüllhorst hängen traurig ein paar nass geregnete Lichterketten in den Bäumen. Vor der Haustür liegt eine Toilettenschüssel auf dem Rasen. Blumentöpfe und Gartenmöbel stehen kreuz und quer. Weihnachtsstimmung sieht anders aus. Der Blick durch die Fenster der Fertigungshalle der Firma Watertech gibt den Blick frei auf haufenweise Papiere, Hausrat, einen vollgepackten Billard-Tisch und abgebaute Möbel. Alles türmt sich. Das ganze Szenario macht nicht den Eindruck, als wenn in der Halle in jüngster Zeit überhaupt noch irgendetwas gefertigt worden sei. Der seit dem 18. Oktober als vermisst geltende Unternehmer Jörg Döhnert hatte seinen Lebensmittelpunkt schon vor geraumer Zeit nach Bulgarien verlegt. Von Zeit zu Zeit war er aber noch vor Ort in Hüllhorst. Ein Mitarbeiter soll sich während seiner Abwesenheit um die Firma gekümmert habe, wusste ein Nachbar zu berichten. Das letzte bekannte Lebenszeichen des Unternehmers datiert auf den 18. Oktober um 14 Uhr. Am 30. November gingen Staatsanwaltschaft und Polizei Bielefeld mit einer Fahndung nach dem 62-jährigen Unternehmer an die Öffentlichkeit. Der Sohn von Jörg Döhnert hatte ihn am 21. Oktober als vermisst gemeldet. Mit Döhnert war auch sein weißer Porsche Cayenne mit Kennzeichen MI-JD-9999 verschwunden. Das Auto war zuletzt am 22. Oktober an der Gröneberger Straße in einem Wohngebiet in Melle im benachbarten Landkreis Osnabrück gesichtet worden. Handy ausgeschaltet Seit dem 23. Oktober war auch das Handy von Jörg Döhnert ausgeschaltet. Eine letzte Ortung ergab, dass es sich an diesem Tag gegen 0.25 Uhr in der Nähe von Schüttorf im Südwesten Niedersachsens nahe der niederländischen Grenze aus dem Mobilfunknetz ausbuchte. Die Ermittler können ein Kapitaldelikt nicht mehr ausschließen und richten bereits deutlich vor dem 30. November die Mordkommission &bdquo;Cayenne“ unter Leitung des Ersten Kriminalhauptkommissars Markus Mertens ein. Doch erst, nachdem verschiedene Indizien und Fotos zusammengetragen sind, können Polizei und Staatsanwaltschaft mit dem Fall an die Öffentlichkeit gehen. Durchsuchung mit Leichenspürhunden Die Ermittlungen konzentrieren sich auch auf die Lagerhalle und das Wohnhaus von Jörg Döhnert, der am Hankamp 14 im Gewerbegebiet Hüllhorst-Schnathorst die Firma Watertech GmbH betrieb, ein Unternehmen zum Wasserstrahlschneiden von Werkzeugen. Am 30. November untersucht die Polizei mit Unterstützung des Technischen Hilfswerks (THW) Lübbecke das Objekt. Auch Leichenspürhunde sind bei der Suchaktion im Einsatz. In die Einsatzfahrzeuge der Ermittler wandern unter anderem Aktenordner und Papiere, deren Auswertung nach Auskunft von Christopher York von der Pressestelle der Staatsanwaltschaft Bielefeld noch nicht abgeschlossen ist. Es gibt noch eine weitere Durchsuchung: dieses Mal allerdings in Enger im benachbarten Landkreis Herford. Die Polizei durchsucht den Wohnsitz eines 37-Jährigen, bei dem es sich um den Nachmieter des Objektes am Hankamp 14 in Hüllhorst handeln soll. Jörg Döhnert hatte zunächst Interesse gehabt, seine Firma zu verkaufen, sich dann aber für eine Vermietung entschieden. 37-Jähriger gerät in den Fokus der Ermittler Im Zuge der Durchsuchung kommt es am 5. Dezember zur Festnahme des 37-Jährigen. Ihm wird Totschlag vorgeworfen. Der 37-Jährige ist bereits früh in den Fokus der Ermittlungen geraten. Verdachtsmomente hätten sich im Zusammenhang mit der Firmenübernahme ergeben, heißt es seitens der Ermittler. Staatsanwalt Christopher York begründet die Festnahme mit &bdquo;der Gesamtwürdigung aller Indizien, die bis zu diesem Zeitpunkt gemacht wurden.“ Gegenstand der laufenden Ermittlungen ist nun auch, welche Geldtransfers es zwischen dem Engeraner und Jörg Döhnert gegeben hat. Im Gegensatz zu den Ermittlern sieht der bekannte Bielefelder Strafverteidiger Holger Rostek keinen &bdquo;dringenden Tatverdacht“ gegeben. Zusammen mit seinem Sohn Peter Rostek hat er die Verteidigung des 37-jährigen Verdächtigen aus Enger übernommen. Renommierter Strafverteidiger vertritt Tatverdächtigen Der promovierte Jurist Holger Rostek aus Bielefeld gehört seit den 1970er-Jahren zu den renommiertesten Strafverteidigern nicht nur in der Region. Unter anderem trat er im Prozess um die 2014 in Spenge in einer Tiefkühltruhe aufgefundene Leiche einer Prostituierten ebenso auf wie im Fall eines 2008 von Bochumer Fans schwer verletzten Arminia-Ordners. Auch in dem mit dem Wort &bdquo;Umfangsverfahren“ wohl nur unzureichend beschriebenen Betrugsprozess rund um Friedel Balsam verteidigte der ehemalige Tischtennis-Bundesliga-Spieler Rostek in den 90er-Jahren einen der Angeklagten. Der Strafverteidiger kündigt an, gegen den Haftbefehl vorgehen zu wollen, sobald ihm die Ermittlungsakten im Fall des Hüllhorster Unternehmers vorliegen. Ein entscheidendes Indiz für die Kriminalbeamten ist, dass Jörg Döhnert kurz nach Übergabe seiner Immobile an den Nachmieter verschwunden ist. &bdquo;Wir gehen nicht mehr davon aus, dass der Unternehmer noch lebt“, sagt Staatsanwalt Christopher York. Seit dem 18. Oktober fehle jedes Lebenszeichen von Jörg Döhnert. Entscheidender Hinweis führt zum vermissten Auto Das Hinweisaufkommen aus der Bevölkerung nach dem Fahndungsaufruf bezeichnet Hauptkommissar Michael Kötter von der Pressestelle der Bielefelder Polizei insgesamt bislang als &bdquo;eher gering“. Doch es gibt einen entscheidenden Tipp. Am 8. Dezember können Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilen, dass der weiße Porsche des Unternehmers im niederländischen Hengelo (Provinz Overijssel) unweit der Grenze gefunden wurde. Ein Zeuge hatte sich bei der Mordkommission &bdquo;Cayenne“ gemeldet, der über das Fahndungsplakat auf den Wagen aufmerksam wurde. Laut der niederländischen Regionalzeitung Tubantia soll der Porsche, wie Augenzeugen zu berichten wussten, bereits mehrere Wochen auf dem Parkplatz in der Nähe eines Baumarktes gestanden haben. Das Fahrzeug wurde abtransportiert und wird jetzt kriminaltechnisch von Spezialisten der Mordkommission untersucht. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, dazu konnte die Staatsanwaltschaft noch keine Aussagen machen. Auch weitere Ermittlungsdetails, unter anderem zur Auswertung der Hausdurchsuchungen, gibt sie nicht bekannt. Nur so viel sagt Christopher York: &bdquo;Unsere intensiven Ermittlungen laufen in viele Richtungen. Eine Spur führt dabei zur nächsten“.

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