Angeklagter aus dem Kreis Minden-Lübbecke soll Frau mit Strumpfhose erdrosselt haben

Hille. Es dauert 267 Minuten. Mehr als vier Stunden verfolgt Thomas U. stillschweigend, fast regungslos seinen Prozess. Vor dem Schwurgericht in Bückeburg muss sich der 45-Jährige wegen Mordes verantworten. Er soll im Juni in Obernkirchen die Besitzerin eines Schreibwarengeschäfts, Marianne C., getötet haben – &bdquo;aus Frust über sein Leben“, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. U. soll die 75-Jährige mit mehreren Messerstichen verletzt und mit ihrer Strumpfhose gedrosselt haben – tödlich. Das hatte der Mann im Juli gestanden. Die Uhr sprang beim Prozessauftakt am Montag gerade auf 13:42 Uhr um, als Thomas U. dem Gericht dann auf einmal einen anderen Täter präsentierte. Es ist ein Verbrechen vom 27. Juni, das das Schwurgericht bis Januar beschäftigen wird. Auf der Anklagebank sitzt mit Thomas U. ein Mann, der weite Teile seines Lebens im Mühlenkreis verbracht hat – zuletzt lebte er bei seinen Eltern in Hille. 1976 in Minden geboren, wächst er nach Informationen des Mindener Tageblattes (MT) behütet in einem Ortsteil von Petershagen auf, der gerade so auf eine vierstellige Einwohnerzahl kommt. Er besuchte die Hauptschule Petershagen und arbeitete als Kommissionierer bei Bauerngut in Bückeburg – bis er aufgrund einer Schulterverletzung längere Zeit pausieren musste. U. hat einen Sohn und eine Tochter, von der Mutter der Kinder lebt er geschieden. Seine letzte Partnerin ist verstorben. Durch ihren Tod will der 45-Jährige den Halt im Leben verloren haben, betonte er in mehreren Vernehmungen. Mit Messer und Dolch bewaffnet So höflich, offen und redselig wie er sich in den Gesprächen mit der Polizei nach Aussagen von zwei Zeugen gegeben haben soll, ist er jetzt vor Gericht nicht. &bdquo;Ich werde mich nicht äußern“, kündigte U. an. Aufgrund seiner vorheriger Aussagen, konnte die Staatsanwaltschaft die Anklage dennoch sehr konkret formulieren. In der Mittagszeit des 27. Juni soll sich Thomas U. mit einem Messer und einem Dolch bewaffnet in das Geschäft von Marianne C. begeben haben, um diese zu töten. Damals lebte der 45-Jährige nur wenige Meter von dem Laden seines mutmaßlichen Opfers entfernt. Im Geschäft habe U. angegeben, Bastelpapier für seine Kinder kaufen zu wollen. Er kannte die Besitzerin. Einmal im Monat habe er Lkw-Zeitschriften in ihrem Laden gekauft, die sie extra für ihn bestellte. Die 75-Jährige soll ihrem Kunden den Rücken zugedreht haben, um nach der Ware zu greifen. Das habe U. genutzt, um mit dem Messer das erste Mal zuzustechen, schildert Staatsanwalt Nils-Holger Dreißig den Vorwurf. Thomas U. lauscht den Ausführungen regungslos. Seine Hände sind gefaltet, sie zittern leicht. Überwachungskamera filmt Thomas U. Der Angeklagte habe sich das Geld aus der Registrierkasse geben lassen – 270 Euro. Anschließend soll er sein Opfer in den hinteren Teil des Ladens gelotst haben. Dort habe sich Marianne C. nackt ausziehen sollen, so die Anklage. Schließlich soll er die Strumpfhose um den Hals des Opfers geschlungen, zugezogen und mit dem Dolch zugestochen haben. Thomas U. soll dann den Laden durch die Hintertür verlassen und dabei das Geld, ihre Kleidung und ihren Schlüsselbund mitgenommen haben. Eine Überwachungskamera filmte ihn dabei. Sein markantes Hemd, gespickt mit blutähnlichen Spuren, erkannten die Ermittler in seiner Wohnung wieder. Dort waren sie, weil der 45-Jährige in der folgenden Nacht in seinem Schlafzimmer ein Feuer gelegt haben soll, &bdquo;um sich das Leben zu nehmen“, so Dreißig. Dann sei dem Angeklagten aber klar geworden, dass durch das Feuer auch seine Nachbarin zu Schaden kommen könnte. Er soll noch versucht haben, die Flammen zu löschen, habe seine Nachbarin dann aber aus dem ausbrennenden Gebäude gerettet. Das Haus ist seitdem unbewohnbar. Thomas U. kam bei seinen Eltern in Hille unter. Angeklagter sucht bei Google nach &bdquo;Sex mit Leichen“ Auf dem Grundstück der Familie stellten die Ermittler wichtige Beweise sicher – die Geldbörse von Marianne C. samt Ausweisdokumenten und die Schuhe, die der mutmaßliche Täter bei seiner Tat getragen haben soll. Anhand der Spurenlage wird U. im Juli verhaftet, gesteht die Tat wenig später. &bdquo;Ich war es. Ich habe sie umgebracht. Ich habe sie erstochen“, soll der 45-Jährige gesagt haben, wie eine Polizistin vor Gericht aussagt. U. sitzt seitdem in U-Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord aus Mordlust und Heimtücke vor. Der Vorsitzende Richter Antonius Hüntemann machte klar, dass als Merkmale zudem Mord zur Verdeckung einer Straftat und zur Befriedigung des Geschlechtstriebes infrage kommen können. Denn: Als am Nachmittag der Sohn von Marianne C. nach ihr sehen wollte, fand er seine leblose Mutter vollkommen entkleidet. U. soll vor der Tat einen Porno geschaut und nach &bdquo;Sex mit Leichen“ gegoogelt haben – &bdquo;eine Privatsache“, befand der Angeklagte, der darin laut eigenen Angaben einen Fetisch sieht. Polizei und Staatsanwaltschaft sehen das anders. Angeklagter beschuldigt Dealer Sein Geständnis leugnet U. nicht, der Täter will er aber nicht sein. Vielmehr soll sein Drogendealer Marianne C. getötet haben. Er habe bei dem Mann aus Bielefeld regelmäßig Tabletten gekauft, um am Wochenende nicht zu schlafen. Das sei auch der Plan am 27. Juni gewesen – &bdquo;an einem Montag?“, fragt der Vorsitzende noch nach. &bdquo;Nein, nein. Die Tat war doch an einem Freitag“, antwortet U. prompt. Das ist aber falsch. So oder so: Der Angeklagte gibt an, bei dem Dealer einige Schulden gehabt zu haben. Da der 45-Jährige diese nicht bezahlen konnte, habe der Bielefelder das Schreibwarengeschäft überfallen wollen. Der gebürtige Petershäger erklärte, mit einer Waffe bedroht worden zu sein. Der Angeklagte selbst will nur die Ladentür abgeschlossen haben. Als er zu dem Bielefelder und der Buchhändlerin zurückkehrte, soll die 75-Jährige bereits tot gewesen sein. Den Namen des Mannes will U. nicht nennen. &bdquo;Der ist verrückt. Der will meine Familie, meine Kinder töten“, sagt er unter Tränen. Er werde alle Fragen beantworten, sei aber nicht der Täter. Bis zum nächsten Verhandlungstag am 20. Dezember möchte der 45-Jährige zudem mit seinem Anwalt überlegen, ob der Unbekannte aus Bielefeld nicht doch benannt wird.

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