Hitze und Starkregen

Vollgelaufene Keller und Hitzewellen: Das sind die Klimafolgen für Espelkamp

Ziel der Bürgerexkursion war es, Klimafolgenanpassung erleb- und erfahrbar zu machen. Im Fokus stand die Frage: „Wie hat sich das Klima verändert?“ Auch Starkregen war ein Thema.

Auch am Brunnen im Grünanger wurden Temperaturmessungen und kleine Experimente vorgenommen. | © Alexandra Stratmeier

11.09.2024 | 11.09.2024, 14:44

Espelkamp. Vollgelaufene Keller, Starkregen, Hitzewellen – in den vergangenen Jahren haben sich Extremwetter-Ereignisse deutschlandweit und auch im Kreis Minden-Lübbecke immer stärker bemerkbar gemacht. Neben den Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion gilt es, sich an die Klimafolgen bestmöglich anzupassen.

Dass sich Bürgerinnen und Bürger auf häufiger und intensiver werdende Extremwetter-Ereignisse vorbereiten sollten, können und auch wollen, hat nun der erste Klimafolgenspaziergang in Espelkamp gezeigt. Eine 10-köpfige Gruppe interessierter Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeitender der Verwaltung und des Kreises sowie der Verbraucherzentrale trafen sich im Rahmen der kreisweiten Klima-Anpassungs-Woche vor dem Rathaus.

Das Rathaus wurde nicht zufällig als Treffpunkt ausgewählt, finden sich doch bereits in der direkten Umgebung spannende Orte, die als Themen-Station aufgesucht und als Standort für auch im Privatraum geeignete Maßnahmen ausgemacht wurden. An allen Stationen wurden kleine Messungen und Experimente durchgeführt sowie Wissenswertes zu Klimafolgen und Maßnahmen vermittelt.

Möglichst helle Materialien verwenden

Messung der Temperatur an einem Gebäudekomplex mit Überdachung im Einkaufszentrum. - © Alexandra Stratmeier
Messung der Temperatur an einem Gebäudekomplex mit Überdachung im Einkaufszentrum. | © Alexandra Stratmeier

Die Route führte vorbei an stark versiegelten Flächen, Siedlungsgebiet, Wald und Gewässer. Anhand von Infrarot-Messgeräten und einer Wärmebildkamera wurden die Oberflächentemperaturen verschiedener Oberflächen aufgenommen. Im Grünanger zeigte sich, dass versiegelte, dunkle Flächen höhere Temperaturen aufweisen als helle oder begrünte Abschnitte. Hieraus ließen sich direkte Schlüsse für die klimaresiliente Gestaltung des Wohnumfeldes ziehen, hieß es vonseiten der Veranstalter. Helle Oberflächen wiesen somit ein höheres Rückstrahlungsvermögen auf als dunkle, welche die Strahlung absorbieren.

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Espelkamps Klimaschutzmanagerin Julia Bachmann betonte: „In der Planung sollten möglichst helle Materialien verwendet werden.“ Derzeit sei allerdings bei der Wahl der Hausfassade ein Trend zu dunklen Farben zu verzeichnen: „Da steht in den Häusern dann aufgrund der guten Dämmung auch schon mal die Wärme in der warmen Jahreszeit drin“, gibt die Expertin zu bedenken.

Dass Pflanzen die Luft durch den natürlichen Effekt der Verdunstungskühlung kühlen, wurde ebenfalls unter die Lupe genommen. Dieser Eindruck bestätigte sich bei der Messung mithilfe der Daten-Logger „im Wäldchen“ zwischen der evangelischen Kirche und dem Schulareal: Hier wurde – an einem der heißesten Tage dieses Jahres – mit rund 27 Grad Celsius Lufttemperatur – lediglich eine schwache thermische Belastung festgestellt. Der Effekt der Verdunstungskühlung gilt für die Wasserflächen in der Stadt ebenso, was die Teilnehmenden durch Messungen beim Passieren des Brunnens im Grünanger feststellten.

Massive Hitzebelastung durch Schottergärten

Kerstin Pahnke vom Verbraucherschutz erläutert den Oberflächenabfluss auf versiegelten und nicht versiegelten Flächen. - © Alexandra Stratmeier
Kerstin Pahnke vom Verbraucherschutz erläutert den Oberflächenabfluss auf versiegelten und nicht versiegelten Flächen. | © Alexandra Stratmeier

Auch Starkregenereignisse wie in den vergangenen Monaten waren Thema. Durch ein einfaches Experiment, bei dem zwei Teilnehmende gleichzeitig einen Eimer Wasser ausgossen, wurde deutlich: Das Wasser versickert beim Aufgießen auf einer Grünfläche unmittelbar, während es auf versiegelten Flächen zum Oberflächenabfluss kommt, der dem Gefälle folgt. Eine der teilnehmenden „Klimafolgen-Spaziergängerinnen“ merkte in diesem Zusammenhang an, dass die Ackerflächen in Espelkamp ausnahmslos drainiert seien und es verbreitet „Sperrschichten“ im Boden gebe.

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An der Station im Siedlungsgebiet rund um die Potsdamer Straße wurde über die Gebäudedämmung und die Möglichkeiten der Dach- und Fassadenbegrünung diskutiert. Der Kreis stellt hierzu derzeit Fördermittel für privat und gewerblich genutzte Immobilien bereit. Dies gelte auch für Entsiegelungsmaßnahmen mit sogenannten „Sedum Pflanzen“.

Bedenken sollte man bei der Planung des eigenen Zuhauses: „Durch Schottergärten ergibt sich im Sommer eine massive Hitzebelastung“, meint Kerstin Pahnke vom Verbraucherschutz.

„Wetterextreme werden in Zukunft häufiger“

Aus Sicht der Veranstalter war der Klimafolgenspaziergang in Espelkamp ein voller Erfolg und ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft: „Es geht darum, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen“, fasste Leona Aileen Eichel den gut anderthalbstündigen „Green Walk“ zusammen.

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Seit dem 1. Juli dieses Jahres gilt in Deutschland das neue Klimaanpassungsgesetz. Es bietet einen verbindlichen Rechtsrahmen für weitreichende Maßnahmen und Instrumente für die Anpassung an die Folgen der Klimakrise. Es ist das erste bundesweite Klimaanpassungsgesetz und setzt den strategischen Rahmen für die künftige Klimaanpassung in Bund, Ländern und Kommunen.

Leona Aileen Eichel vom Kreis Minden-Lübbecke ist sicher: „Wetterextreme werden in Zukunft häufiger und verursachen enorme Schäden.“ Ohne Vorsorge und Anpassung der gesamten Gesellschaft an die Folgen der Klimakrise würden die Kosten für Städte und Gemeinden noch massiver. Dennoch sei es aber auch so, dass der Hitzeschutz bei der Bauplanung noch immer vernachlässigt würde.