Nachhaltigkeit in Espelkamp: Wie ein Ökokonto funktioniert

Espelkamp. Ob großes Baugebiet oder Neubau eines Stalls: Wer Natur und Landschaft beispielsweise durch ein Bauvorhaben verändert – gesetzlich heißt das &bdquo;Eingriff“ in Natur und Landschaft – ist im Gegenzug dazu verpflichtet, an anderer Stelle Natur aufzuwerten. Solche Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen werden mit der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Minden-Lübbecke abgestimmt. Wie groß die Kompensation ausfällt, hängt von der Größe des Eingriffs ab. Dabei ist es nicht immer leicht, eine Kompensationsfläche überhaupt zu finden. Hier kommen dann Ökokonten ins Spiel. Wer Flächen besitzt und sie freiwillig ökologisch aufwertet, kann ein Ökokonto eröffnen, zum Beispiel mit einer Obstwiese, Extensivgrünland oder der Renaturierung von Gewässern, die Punkte auf dem Ökokonto einbringen. Diese Ökopunkte können dann verkauft werden an andere, die ein Bauvorhaben planen und kompensieren müssen. Das hat Vorteile für die Natur und für Genehmigungsverfahren.Solche Ökokonten werden bei der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises (UNB) geführt. Eins der Ökokonten ist die Streuobstwiese der Paul und Karin Gauselmann-Stiftung: eine Obstwiese mit einer standortheimischen Hecke und einer Extensivwiese. Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises und die Paul und Karin Gauselmann-Stiftung stellten jetzt gemeinsam das Ökokonto vor. Alte heimische Obstbaumarten angepflanzt Wer vor der Einfahrt zum Gut Benkhausen links den Weg Richtung Mittellandkanal geht und nach gut 200 Metern links abbiegt vor dem Flüsschen Flöthe, kommt in ein Gebiet, das es vor zwei Jahren so noch nicht gegeben hat. Dort wachsen genau 88 Obstbäume ausschließlich heimischer und vor allem auch alter Sorten. Das weiß Sonja Gauselmann von der Gauselmann Stiftung ganz genau. Sie ist die Planerin der dort zu sehenden Streuobstwiese, die auf einer Magerrasenweide steht. Martina Vortherms, Leiterin des Kreis-Umweltamtes und Sibylle Jeworutzki von der Unteren Naturschutzbehörde im Umweltamt und Verwalterin des Ökokontos waren jetzt gemeinsam in diesen Teil des Benkhauser Schlossparks gegangen, um diese einzigartige Fläche vorzustellen. Denn tatsächlich gibt es eine solche Streuobstwiese, auch in dieser Größe von einem Hektar so gut wie kaum noch in der heimischen Naturlandschaft. Aufgrund der Veränderungen im Garten- und Landschaftsbau und in der Landwirtschaft insgesamt sind die früher häufiger zu findenden Streuobstwiesen so gut wie überhaupt nicht mehr vorhanden. &bdquo;Für sie gibt es so gut wie keinen Platz mehr in unserer ausgeräumten Kulturlandschaft“, weiß Martina Vortherms. Die Ernte soll verarbeitet werden Sonja Gauselmann erläutert, wie es zu dieser besonderen ökologischen Initiative der Gauselmann-Stiftung gekommen ist. Zum 88. Geburtstag ihres Großvaters Paul Gauselmann habe dieser 88 Obstbäume gestiftet, die auf dieser Fläche im Benkhhauser Landschaftsschutzgebiet gepflanzt worden seien. Vor vier Jahren war bereits eine kleine Reihe von Ostbäumen hier eingesetzt worden, die nun um 88 weitere ergänzt wurden. Neben verschiedenen alten heimischen Apfel- und Birnensorten gebe es natürlich auch Kirsche, Pflaume, Mirabelle und auch Quittenbäume, weiß Sonja Gauselmann. Wichtig sei es ihren Großeltern, der Stiftung und auch ihr, dass der Nachhaltigkeitsgedanke verwirklicht werde. Denn die Bäume würden mindestens 30 Jahre alt, die Streuobstwiese soll auf unbestimmte Zeit weiter Bestand haben, sodass nicht mehr lebensfähige Bäume ersetzt werden sollen. Sie müssen übrigens, um sich ausreichend entwickeln zu können, einen Mindestabstand von acht bis zehn Metern haben. Somit ist die insgesamt zur Verfügung stehende Fläche etwa ein Hektar groß. Mitten in der Streuobstwiese steht inzwischen eine Bank, die Paul Gauselmann im vergangenen Jahr geschenkt bekommen hatte von Mitarbeitern und die jetzt zum Verweilen einlädt. 57.600 Punkte stehen auf dem Gauselmann-Ökokonto Am Ausgang des Feldes zum Benkhauser Waldweg hin steht eine Informationstafel, die mit einer kleinen Besonderheit aufwartet. Dort gibt es einen kleinen Automaten, wo man sich Blumensamen für eine Bienenwiese ziehen kann. Sylvia Blaha vom Immobilienbereich der Gauselmann-Gruppe weist darauf hin, dass in nicht allzu ferner Zukunft, wenn die Bäume entsprechend geerntet werden können, Obstprodukte hergestellt werden, die in der Schloss-Rentei verkauft oder gleich für die dortige Küche verwendet werden können. Sonja Gauselmann weist darauf hin, dass jeder Baum mit einem Schild versehen ist, das in der Obstbaumschule Hiddenhausen angefertigt wurde. Unterstützt wurde die Stiftung vom Bielefelder Umweltunternehmen &bdquo;greenaccount“. Geschäftsführer Maximilian Sturm ist sehr angetan von dem Projekt. Die Firma betreibt Deutschlands größten Marktplatz für transparente und sichere Naturprojekte. Das Angebot richtet sich an Unternehmen, die im Rahmen von Bautätigkeiten zum Ausgleich von Umwelteinflüssen (nach Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) verpflichtet sind. Sibylle Jeworutzki, die das Ökokonto beim Kreis verwaltet, weiß genau, wie viel Punkte auf dem Gauselmann-Streuobstwiesen-Biotop-Konto stehen. Genau 57.522 Punkte. Wer also Ausgleichsflächen für seine Baumaßnahme benötigt, kann sich an die Gauselmann-Stiftung wenden, der man möglicherweise Ökopunkte abkaufen kann.

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