Lübbecker Land. Mit Schwung bog die gepanzerte V12-Audi-Limousine mit Kölner Kennzeichen auf den Vorplatz des Schlosses Benkhausen ein. Der Präsident des Bundesnachrichtendienst (BND), Bruno Kahl, und sein Begleitfahrzeug hatten sich etwas verspätet: Stau in und um Lübbecke. Immer von seiner Security begleitet, begrüßten ihn auf dem Schlossgelände der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Oliver Vogt, Bianca Winkelmann (CDU-MdL) und Andreas Schulze, Leiter des Regionalbüros Westfalen der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.
Die Stiftung hatte zu den zweiten „Mühlenkreisgesprächen“ eingeladen. Thema waren die aktuellen Herausforderungen für Politik, Wirtschaft und den Bundesnachrichtendienst, das Impulsreferat hielt der BND-Präsident. Als Co-Referent konnte Software-Spezialist und Mathematiker Reidar Janssen der Espelkamper IT-Firma Mittwald CM Service zum ergänzenden Thema „Technische Innovationen zum Schutz unserer Demokratie“ gewonnen werden. Im Nu waren alle 130 Plätze im Schloss vergeben, hörte man am Rande der Veranstaltung.
Aus ganz Ostwestfalen waren die Zuhörerinnen und Zuhörer nach Espelkamp gereist, um den Referaten rund um reelle und virtuelle Bedrohungen zu lauschen und mitzudiskutieren. Die Moderation des Abends lag bei Juliane Hessmann, Journalistin und Alt-Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Schwerpunkt sei der Russland-Ukraine-Krieg

Kahl fand viele staatstragende Worte und betonte, dass es wohl weltweit keinen Nachrichtendienst gäbe, der so unter parlamentarischer Kontrolle steht. „Das bremst zwar etwas das Tagesgeschäft, andererseits kann ich abends mit ruhigem Gewissen ins Bett gehen, da alle Aktivitäten des BND rechtsstaatlich abgesichert sind.“
Er räumte auch mit dem Vorurteil auf, der BND sei so etwas wie ein Geheimdienst. „Das ist ein großer Unterschied. Nachrichtendienste sammeln Informationen und werten sie aus, sie schätzen die globale Lage ein und informieren andere Sicherheitsbehörden und zum Beispiel die Bundeswehr.“
Ein ausländischer Geheimdienst habe einmal das Aktionsschiff von Greenpeace gesprengt, dieses würde der BND nie im Leben tun, er habe auch grundsätzlich gar keine Mittel für ähnliche Aktionen und es wäre nicht im Sinne des Parlaments.
Die fünf größten Bedrohungen
Kahl sprach von den „Big five“, den fünf größten Bedrohungen der heutigen Zeit. Zuerst nannte er den Russland-Ukraine-Krieg. Deutschland sei jäh erwacht und nun müsse man die Konsequenzen ziehen. Der BND hatte den zunehmend brutalen Kurs Russlands schon länger im Blick und hätte dementsprechend gewarnt. Der zweite sicherheitspolitische Block betraf unser Verhältnis zu China.
So verstehe es China, sich mit „soft power“ technologisch unentbehrlich zu machen, auch das berge Gefahren. Russland und China seien zwar auf den ersten Blick Partner, dennoch gäbe es auch tiefe Gräben zwischen den Staaten. Kahl warnte zugleich vor Stimmungen in Deutschland, die „Durchregieren ohne Begrenzung“ á la China gar nicht schlecht finden würden.

Als dritten Punkt nannte Kahl die latente Cybergefahr. Spionage, Sabotage und Einflussnahme im und durch das Internet sind hier gemeint. Auf rund 200 Milliarden schätzt der BND den Schaden durch Hackerangriffe auf Unternehmen und Institutionen. Bekannt seien die russischen Angriffe, aber auch der Iran und Nordkorea würden ihr Unwesen zum Schaden des freiheitlichen Westens treiben.
Terror immer noch auf der Agenda
Punkt vier sei islamistischer Terror. „Auch wenn das Thema zurzeit nicht so medienaktuell ist, sehen wir die Gefahr des Terrorexports. Nicht zuletzt durch Bewegungen im Irak, Syrien, Mali und Afghanistan und den damit verbundenen Migrationsbewegungen“, sagte der BND-Chef.
Als letzten Punkt nannte Kahl die Gefahren, die durch den Klimawandel ausgelöst werden. Der BND hätte die Aufgabe, Risiken früh zu erkennen und letztlich Frieden, Freiheit und Wohlstand in Deutschland zu sichern. Interessante Einschätzungen und Details aus der elektronischen Welt hatte Reidar Janssen in seinem Kurzreferat parat: Er klärte auf, was die in letzter Zeit viel beschworene „Künstliche Intelligenz“, KI, ausmacht und wo Vorteile aber auch Gefahren liegen. Fast ein Drittel der Deutschen sähen die Demokratie durch gefälschte Inhalte im Internet als gefährdet an.
Fast ein Drittel sieht die Demokratie durch KI gefährdet
An der lebhaften Diskussion am Ende der Veranstaltung beteiligte sich auch Oliver Vogt. Themen wie „Wie sieht es mit verfälschter Sprache und verfälschten Bildern in Zeiten von KI aus?“, „Welche Länder sind technologisch führend?“ kamen zur Sprache. Vogt und Janssen waren sich einig, dass das Einschalten des „gesunden Menschenverstands“ und ein kritischer Blick auf alles unbedingt nötig seien. Es gelte aber auch, die Chancen von KI zu nutzen.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung habe einen wichtigen Themenkomplex angefasst, die große Nachfrage zeigt das. Mittwald CM-Service gelinge es immer wieder, durch qualifizierte Referenten und Themen die Region zu bereichern, so der Tenor.