Espelkamp. Nun hatte auch das Abo 1 sein "Neujahrskonzert": Das Landestheater Detmold war mit der zu dieser Jahreszeit gern gesehenen Strauss-Operette "Die Fledermaus" zu Gast im Neuen Theater.
Zur Erinnerung: Gabriel von Eisenstein (Andreas Jören) muss eine achttägige Arreststrafe wegen Beleidigung einer Amtsperson antreten. Doch gibt's im Knast auch Champagner? Da befolgt er nur zu gerne den Rat seines Freundes, Familienarzt Dr. Falke (Julian Orlishausen), sich in der Nacht davor noch bei einem rauschenden Fest des reichen Prinzen Orlofsky zu amüsieren. In Wirklichkeit hat Dr. Falke - auch genannt "Dr. Fledermaus", ein Spottname, den er einem Streich Eisensteins zu verdanken hat - vor, sich zu rächen.
Schon als sich der Vorhang öffnete war klar: Dies wird keine angestaubte Reprise der 1874 uraufgeführten Operette, sondern ein etwas schlüpfriges und teilweise slapstickhaftes Amüsierstück mit flotter Musik. Eine große Plakatwand auf der Bühne zeigt eine neckische Bildpostkarte aus der ersten Hälfte des vorherigen Jahrhunderts, passend zu der vorangegangenen Ankündigung, die Handlung spiele in "einem bekannten Badeort in der Nähe einer großen Stadt". Christian Poewe hat die Zeit der Handlung also vorsichtig Richtung Jetztzeit verschoben und hatte den ein oder anderen zusätzlichen Scherz parat.
Das stilvolle, nicht überladene Bühnenbild Lena Brexendorffs, die auch für die passenden, zwischen Laszivität und hochgeschlossener Biederkeit schwankenden Kostüme gesorgt hat, zeigte im ersten Akt ein geteiltes Zimmer: Die "Damenhälfte" für Rosalinde von Eisenstein in Rosa, die "Herrenhälfte" dunkel und mit Fischtapete - und prompt kam Gabriel von Eisenstein dann auch in Anglerhose herein spaziert.
An der Wand war ein kleiner Ausstattungsgag zu sehen. Auf einem Brettchen eine scheinbar ausgestopfte Trophäe des Petrijüngers: "Big Mouth Billy Bass", der singende Barsch, der per Bewegungsmelder gesteuert, Kopf und Schwanz zu bewegen; das Singen hatte man ihm offenbar abgewöhnt. Erst kamen die staubwedelnden Zimmermädchen, die um Gabriel herum scharwenzelten, dann die in Zimmermädchenkostümen gekleideten Männer für Madame. Man weiß also gleich, was in dieser Sommerfrische eigentlich los ist.
Fantasievolle Bühnenbautechnik auch im zweiten und dritten Akt: Die Badewagen dienten umgedreht als Gefängniskulisse, bei Orlofskys Partie als Separé. Der zentrale Akt, die Party des superreichen Russen, eine Hosenrolle für Mezzosopranistin Brigitte Baume - hervorragend gesungen und gespielt - war dann auch der bunteste und prächtigste. Golden der Palast, im Hintergrund viel Bademode bei den Gästen, denn "was hier ein Gast anzieht oder nicht anzieht, ist mir völlig egal", so Gastgeber(in) Orlofsky, die in einen prächtigen Anzug gehüllt war, der mit Schlaufen verziert war, in denen dicke Geldbündel steckten.
Für reichlich lustig feierndes Volk sorgte die gut geführte Statisterie. Das eigentlich tragende Element jedoch war die immer noch frische Musik Johann Strauss', die in teilweise rasantem Tempo unter der Stabführung Mathias Mönius' erklang. So konnte man sich an den bekannten Höhepunkten, dem "Uhren-Duett", der "Csárdás", der Arie des Prinzen Orlofsky und dem Chorwalzer "Brüderlein und Schwesterlein" erfreuen. Auch "Ach, ich darf nicht hin zu dir", "Trinke, Liebchen, trinke schnell", "Ich lade gern mir Gäste ein", "Mein Herr Marquis", "Marianka, komm und tanz mit mir" und das finale "O Fledermaus, o Fledermaus" steigerten das musikalische Vergnügen.
Zusätzlich sorgte das Ballett für Auflockerung und Unterhaltung, das Orchester musizierte adäquat gut, und alle Darsteller boten eine ausgezeichnete schauspielerische und gesangliche Leistung. Insbesondere die Damenstimmen sorgten für Genuss: Jugendfrisch Jeanne Seguin als Adele und Rita Gmeiner als Ida, etwas reifer Megan Marie Hart als Rosalinde und Brigitte Bauma als Prinz Olofski.