Politische Gretchenfrage: Wie hält es die CDU mit der AfD in Bad Oeynhausen?

Seit die Politik hierzulande zu einem Logistikdienstleister verkommen ist, der zu liefern hat, was bestellt oder zumindest erhofft wurde, ist die Ankündigung des Liefertermins von einer gewissen Relevanz für die Kundenzufriedenheit. Das weiß auch Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU), der – um im Bild zu bleiben – von seinen Wählern die Bestbewertung (Sieg im ersten Wahlgang) erhalten hat. Bökenkröger ist es auch mangels Konkurrenz gelungen, der Kundschaft das Gefühl zu vermitteln, dass er als Versender über jeden Zweifel erhaben sei, wohingegen der Rat, zuständig für die Zustellung (Durchsetzung) nicht unbedingt durch Verlässlichkeit glänzt. Bökenkrögers Strategie, dem Rat (dem er übrigens vorsteht), die Verantwortung bei Niederlagen in die Schuhe zu schieben und sich selbst ab und an im Glanz des Erfolgs zu sonnen, ist derart erfolgreich aufgegangen, dass der alte und neue Bürgermeister daran werkelt, sie zu verfeinern. Für diese These spricht, dass der Bürgermeister schon am Tag nach der Wahl &bdquo;seiner“ CDU ihren Platz zuweist. Im Interview mit der NW macht er kein Geheimnis daraus, dass er maßgeblich auch den Wahlerfolg seiner Partei befeuert hat. Wenn Bökenkröger feststellt, dass sich der Rat in der noch laufenden Legislaturperiode nicht mit Ruhm bekleckert habe, dann meint er damit auch die CDU-Fraktion. Mehr zum Thema mit Grafiken: Wahlergebnisse zur Kommunalwahl aus Bad Oeynhausen .responsive23-mfhRy3hnS0OJApdE-bar-horizontal-gemeinderatswahl-wahl-gewinne { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-mfhRy3hnS0OJApdE-bar-horizontal-gemeinderatswahl-wahl-gewinne { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-mfhRy3hnS0OJApdE-bar-horizontal-gemeinderatswahl-wahl-gewinne { padding-top: 142.86%; } } Die CDU-Fraktion wirkte ein ums andere Mal führungs- und orientierungslos Die nämlich wirkte ein ums andere Mal führungs- und orientierungslos. Insbesondere dann, wenn sie aus Angst um eigene Pfründe gegen den eigenen Bürgermeister votierte. Hinzu kommt, dass die nicht mehr ganz so jungen Nachwuchskräfte der CDU-Fraktion vor allem in sozialen Medien ein erzkonservatives Weltbild pflegen, im Rat aber zumeist durch Schweigen glänzten. Und den CDU-Stadtverband kann der Bürgermeister mit einiger Berechtigung fragen, warum er die Ortsunion Altstadt im beginnenden Wahlkampf davon abhalten musste, öffentlich über die Schließung des Kurparks für die Öffentlichkeit zu diskutieren. Ambivalent erscheint Bökenkrögers Verhältnis zu Noch-Fraktionschef Kurt Nagel. Der erfahrene Strippenzieher, dem ausgerechnet Bökenkröger vor fünf Jahren eine seiner schwersten politischen Niederlagen beigebracht hat, als er Nagels Kandidatin für das Bürgermeisteramt im Handstreich ausstach, scheint (noch immer) unersetzlich für die CDU und den Bürgermeister zu sein. Das mag an Nagels Fähigkeiten und/oder an einem Mangel an Alternativen liegen. Was vordergründig wie eine wachsende Distanz von Bökenkröger zu den Kurstadt-Christdemokraten wirken könnte, ist in Wahrheit der bis dato sehr erfolgreiche Versuch, nicht mit der Partei zu herrschen, sondern die Partei mit den Bürgern vor sich herzutreiben. So besetzt der Bürgermeister scheinbar exterritoriales Gelände, einen quasi neutralen Raum, der es ihm erlaubt, auch Nicht-CDUler zu seinen Getreuen zu zählen. Es ist das perfekte Gleichgewicht zwischen Distanz und Nähe. Mehr zum Thema: Bad Oeynhausener AfD-Bürgermeisterkandidat verzichtet auf Ratsmandat .responsive23-jUQxVD5Ft4j6fTsQ-parl-gemeinderatswahl-wahl-sitze { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-jUQxVD5Ft4j6fTsQ-parl-gemeinderatswahl-wahl-sitze { padding-top: 76.92%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-jUQxVD5Ft4j6fTsQ-parl-gemeinderatswahl-wahl-sitze { padding-top: 100%; } } Der Bürgermeister kann auch ein beinharter Konservativer sein Dieses Gleichgewicht ist von Bökenkröger aber nicht mehr zu halten, wenn es um Machtfragen geht. Dann offenbart das so jovial daherkommende Stadtoberhaupt, dass es durchaus ein beinharter Konservativer sein kann. So ist er offenbar ein Freund der in rechten CDU-Kreisen sehr beliebten Gleichsetzung von AfD und Linken. Bökenkröger nennt beide &bdquo;Radikale“ und schließt sich der Parteimeinung an, dass man mit beiden politischen Parteien nicht kooperieren dürfe. Wer anno 2025 noch immer &bdquo;rote Socken“ strickt und die nationalchauvinistische, rassistische und demokratieverachtende Agenda der AfD mit dem Parteiprogramm der Linken vergleicht und dabei bewusst die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes unterschlägt, der verharmlost die AfD. Wer das nicht glaubt, der unterziehe sich der Qual und verfolge deren Bad Oeynhausener Repräsentanten in den sozialen Netzwerken. Das ist wahrlich nicht vergnügungssteuerpflichtig. Bökenkrögers unmotivierter Schlag gegen die Linken könnte sich aber auch seiner politischen Stärke verdanken. Der Bürgermeister und die heimische CDU können nach der Kommunalwahl vor Kraft kaum laufen. Dabei übersehen oder ignorieren sie, dass es in der Kurstadt noch einen Wahlgewinner gibt – die AfD. Es ist leicht, öffentlich zu postulieren, mit den Rechtsextremen nicht zusammenarbeiten zu wollen; viel schwerer wird es sein, im Rat dafür zu sorgen, dass keine Entscheidungen mit Stimmen der AfD getroffen werden. Aber diese &bdquo;Brandmauer“ besteht bei der Union entgegen ihrem Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber der Linken eh nur noch aus den Fundamenten. Wenn Bökenkröger und seine Union also liefern wollen, was sie angekündigt haben, brauchen sie eine stabile Mehrheit im Rat. Die dürfte jenseits der &bdquo;Radikalen“ aber ohne die SPD nicht zu haben sein. Ob sich die arg gebeutelten Genossen tatsächlich in diese babylonische Gefangenschaft der CDU nehmen lassen, ist keineswegs ausgemacht. Lesen Sie auch: AfD-Wähler in Bad Oeynhausen: Die Lust am Untergang Bürgermeister im Interview: &bdquo;Bündnisse mit Radikalen bringen uns nicht weiter“

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