Bad Oeynhausener Bürgermeisterwahl: Wie bekommt man die Jugend in die Politik?

Bad Oeynhausen. Warum ist der Rat so alt? Warum gibt es so wenig junge Menschen in den Ortsvereinen der Parteien? Und vor allem wie kann man junge Menschen für Politik und die Ratsarbeit begeistern? Das waren die zentralen Fragen, die am Mittwochabend bei der Podiumsdiskussion des Vereins &bdquo;Junge Ratsmitglieder“ (Jurats) im Mittelpunkt standen. Denis Utas und seine Mitstreiter hatten Henrike Diestelhorst (SPD), Andreas Korff (BBO), Thomas Schmidt (Grüne) und Amtsinhaber Lars Bökenkröger (CDU) geladen, AfD-Kandidat Michael Grove dagegen aufgrund einer rechtsradikalen Tätowierung ausgeladen (die NW berichtete). Letzteres traf beim Publikum auf große Zustimmung - es gab Applaus und die Feststellung vom Podium &bdquo;Da habt ihr Haltung gezeigt“. Die Veranstaltung in der Druckerei war so gut besucht, dass noch zusätzliche Stühle gestellt werden mussten. Nur kurz widmete sich Moderator Denis Utas der Ausladung Groves. Als vergangene Woche die Tätowierung mit Reichsadler und Eisernem Kreuz bekannt geworden sei, habe man vom Kandidaten eine Erklärung eingeholt. Die aber sei nicht zufriedenstellend gewesen. Grove haben darin erklärt, dass es ein Symbol gegen den Nationalsozialismus sei und er es in Erinnerung an eine rumänische Freundin habe stechen lassen. Ohne Hintergrund, so Groves Erklärung weiter, könne man sein Tattoo nicht verstehen. &bdquo;Dabei ist es die Funktion von Symbolen, das sie ohne eine Erklärung funktionieren und für sich sprechen“, erklärte Denis Utas am Mittwochabend auf dem Podium. Und das macht die Tätowierung eigentlich. Denn der Reichsadler mit Lorbeerkranz und Eisernem Kreuz statt Hakenkreuz gilt seit Jahren als festes Symbol in der rechten Szene. &bdquo;Ein rechtes Tattoo, um der Opfer zu Gedenken ist eine Verhöhnung eben dieser Opfer“, betonte Utas. &bdquo;Da wir nicht wissen, ob Herr Grove rechtsradikal ist oder sich nur unklug verhält, haben wir ihn ausgeladen.“ Eine Entscheidung, die mit Applaus belohnt wurde. Und mit einem Kommentar von Andreas Korff: &bdquo;Was für eine hohle Aussage. Nach der Logik dieses Herrn müsste ich mir als Dortmund Fan ein Schalke-Tattoo stechen lassen, um Dortmund zu huldigen“, sagte er kopfschüttelnd. Junge Menschen fernab von Parteien Jurats, das sind junge Bad Oeynhausener, die sich fernab der Parteien im Rat und für die Stadt engagieren wollen. &bdquo;Wir sind weder gestandene Politiker, noch machen wir Versprechen“, erklärte Ratskandidat Tim Kunze. &bdquo;Wir möchten die Strukturen im Rat verändern. Wir bleiben jeweils nur eine Legislaturperiode, dann suchen wir einen Nachfolger.“ Durch das Rotationsprinzip gebe es bei jeder Wahl neue junge Menschen, die den Rat beleben und Demokratie lernen wollten. &bdquo;Manchmal sehen ja die Erfahrenen den Wald vor lauter Bäumen nicht“, bilanzierte Student Kunze. Zudem hätten junge Leute oftmals eine andere Perspektive als Ältere. &bdquo;Der Rat hat einen Altersdurchschnitt von 58 Jahren, nur einer ist unter 30“, bilanzierte er. Kunze und seine Vereinskollegen aber wissen: &bdquo;Alt und jung müssen miteinander reden und gemeinsam entscheiden.“ Eine Idee, die Henrike Diestelhorst (SPD) durchaus zu schätzen weiß: &bdquo;Wir brauchen nicht nur alte weiße Männer im Rat, sondern Frauen, junge Leute, Menschen aus allen Gesellschaftsschichten“, betonte die SPD-Bürgermeisterkandidatin. Dafür müsse man auch von Parteiseite eine andere Sprache und einen anderen Zugang suchen. Amtsinhaber Lars Bökenkröger (CDU) hofft, dass die jungen Menschen auch Inhalte mitbringen. &bdquo;Jung sein allein reicht nicht“, erklärte er. &bdquo;Aber wir können jeden gebrauchen, der sich politisch engagiert“, erklärte er. Nicht nur die Politik brauche junge Menschen im Ehrenamt, auch andere Vereine bräuchten Mitstreiter. Der Älteste am Tisch - Thomas Schmidt (Grüne) - möchte die Welt verändern, um für junge Menschen etwas herauszuholen. Und Andreas Korff (BBO) betonte, dass seine Partei sich verjüngt habe und die Hälfte zwischen 20 und 40 Jahren alt sei. &bdquo;Unsere Älteste ist 67 - sie ist gleichzeitig die einzige über 60.“ Auch Korff sieht &bdquo;den Club der alten weißen Männer im Rat“ und fordert deshalb mehr Frauen ein. &bdquo;Auf unserer Liste sind 12 von 22 Kandidaten weiblich, auf der Reserveliste 7 von 10.“ Auch die SPD und die Grünen haben abwechselnd Frauen und Männer auf ihren Listen aufgestellt. &bdquo;Da ist aber noch Luft nach oben“, sagte Diestelhorst für die SPD. Und Bökenkröger gab zu bedenken, dass es vor allem junge Menschen mit Familie seien, denen Zeit für eine solche Aufgabe fehle. Da müsse sich grundsätzlich etwas ändern. &bdquo;Zum Beispiel Sitzungen zeitlich nach hinten schieben“, schlug Diestelhorst vor. &bdquo;Wir sind erst kurz auf dem Markt“ Am Ende drehte Bürgermeister Bökenkröger den Spieß um: &bdquo;Warum ist es Ihnen als Jurats denn nicht gelungen, mehr junge Menschen für die Politik zu begeistern und alle 22 Wahlbezirke mit jungen Leuten zu besetzen?“, fragte er und spielte damit darauf an, dass es bei Jurats nur fünf junge Kandidaten, aber ganz viele alte gebe. Eine wichtige Frage betonte Denis Utas. Und Aidan Grabowski erklärte: &bdquo;Weil wir uns erst 2025 gegründet haben und somit erst kurz auf dem Markt sind. Das ist ein Problem der ersten Stunde. Bei der nächsten Kommunalwahl wird das Problem nicht mehr so prägnant sein“, versprach er.

Meistgelesen