Eigentum verpflichtet in Bad Oeynhausen – zu nichts!

&bdquo;Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Der Artikel 14 des Grundgesetzes war wohl schon zu Zeiten seiner Entstehung eher Gegenstand juristischer Proseminare. Oft zitiert, nie erhört, das ist sein Schicksal. Das Problem ist – wie so oft, wenn es um Grund und Boden geht – sehr grundsätzlich: Eigentum verpflichtet zu gar nichts, wenn es um Gewerbeimmobilien geht. Da mag Bürgermeister Lars Bökenkröger auch noch so vehement auf die Sozialbindung des Eigentums pochen: Investoren können damit nichts mehr verbinden. Wer das nicht wahrhaben will, dem sei Bad Oeynhausen ein mahnendes Beispiel. Hier, in der ostwestfälischen Provinz, hat der große Auftritt der &bdquo;Projektentwickler“ lange verfangen. Die Hoffnung, externe Geldgeber könnten die Misere der Innenstadt mit ihren riesigen Problemimmobilien zumindest lindern, vertrieb die sicherlich existenten Zweifel hinsichtlich der Seriosität der Investoren. Die Probleme waren und sind zu groß, um nicht auch nach Strohhalmen zu greifen. Wenn die dann knicken und schließlich brechen, ist das Erwachen aus dem Hoffnungsschlummer umso ernüchternder. Mitglieder des Ältestenrates der Stadt sprechen von &bdquo;Erpressung“ Mitglieder des Ältestenrates der Stadt sprechen von &bdquo;Erpressung“, nachdem ein Investor die Stadt und ihre Chancen in Grund und Boden geredet hat, um dann von dieser Stadt ein fürstliches Honorar für die Umsetzung des eigenen Projektes einzufordern. Das Angebot des gescheiterten Eigentümers ist mehr als dreist; es in entlarvend unverschämt. Die Ursache für diesen Reigen brachialer Ernüchterungen ist ein Missverständnis. Die da kommen mit großen Versprechungen und (vielleicht) vollen Taschen, kommen nicht als Retter. Sie kommen, um das zu mehren, was sie (vielleicht) mitbringen: Geld. Doch schaut man auf den Königshof und das City Center zeigt sich exemplarisch, dass Kapital wohl noch nicht einmal eine Voraussetzung dafür ist, sich als Projektentwicklungen aufspielen zu können. Die Sozialbindung des Eigentums ist ein Papiertiger Jetzt mag man die Blauäugigkeit des Rates im Umgang mit diesen Herren für Liebedienerei halten, doch das greift zu kurz. Der Stadt fehlt, weil der Gesetzgeber es so will, schlicht ein Instrument, um die Investoren an ihre grundgesetzliche Verpflichtung zu erinnern. Der Artikel 14 ist ein Papiertiger – ein Relikt aus jener Zeit, als man in der Bundesrepublik parteiübergreifend der Überzeugung war, dass man das Kapital für das Gelingen der sozialen Marktwirtschaft einhegen muss. 1947 stellte die CDU – man lese und staune – dem Ahlener Programm folgende Präambel voran: &bdquo;Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr als das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein.“ Das ist lange her und längst vergessen. Heute paktiert die Union mit neoliberalen Lobbyverbänden, die den Begriff &bdquo;Soziale Marktwirtschaft“ ad absurdum führen. Der Glaube an das Gute der Rendite überstrahlt die Interessen des Gemeinwesens Eine Folge davon ist, dass Kommunen hilflos zuschauen müssen, wie Eigentümer ihre Immobilien auch in strategisch wertvollen Lagen verrotten lassen. Der Glaube an das Gute der Rendite überstrahlt die vitalen Interessen des Gemeinwesens. So sind die siechenden Innenstädte auch Kollateralschäden eines Dogmas, dass die Städte und Gemeinden zu Zaungästen ihres Niedergangs degradiert. Sie können schlicht nichts tun. Eine anonyme Kapitalgesellschaft kann eine Immobilie in feinster Innenstadtlage jahrelang leer stehen lassen, ohne dass irgendwas passiert. Solange Investoren an der Fiktion festhalten können, die Immobilie ließe sich irgendwann noch zu horrenden Quadratmeterpreisen vermieten, wird nichts passieren. Es ist Bad Oeynhausener Kommunalpolitikern sehr hoch anzurechnen, dass sie sich trotzdem wehren und wider besseres Wissen nicht alles mit sich machen lassen. Dass dem Eigentümer des City Centers die Tür gewiesen wurde, nachdem er versucht hatte, den &bdquo;Ältesten“ in Gestalt einer dritten Idee für sein Eigentum die Pistole auf die Brust zu setzen, setzt ein Zeichen. Und in Bad Oeynhausen scheint der Widerstand langsam Methode zu haben. Nachdem sich die Stadt den Bahnhof gekauft hatte, rettetet der Rat das Lenné-Karree vor der nächsten Heuschrecke und baut es nun zur Rathaus-Dependance aus. Vielleicht gibt es ja in der Region Unternehmer, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind, und der Stadt dabei helfen, ihre Entwicklung wieder selbstbestimmt zu steuern. Das Potenzial ist vorhanden.

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