Prozess nach Tod von Philipos gestartet – Emotionen kochen am Ende über

Bad Oeynhausen. Es war ein schwerer Gang für die Eltern von Philipos Tsanis. Erstmals saßen sie am Dienstagmorgen in Saal 1 des Bielefelder Landgerichtes dem Mann gegenüber, der mutmaßlich ihren Sohn totgetreten haben soll. Offenbar lagen am ersten Verhandlungstag auch die Nerven blank, als der Vater nach Ende der Verhandlung laut wurde: &bdquo;Was lachst Du?“, rief Dimitris Tsanis dem 18-jährigen Hauptangeklagten zu. Aus den Zuschauerreihen stimmte ein Onkel des getöteten Philipos’ mit &bdquo;Mörder-Rufen“ und &bdquo;Verrecke im Knast“ in das Geschehen ein. Insgesamt war der erste Prozesstag zwar eine emotionale, aber zugleich kurze Angelegenheit. Nach nicht einmal 30 Minuten schloss der Vorsitzende Richter Carsten Glashörster die Verhandlung. Vor Gericht müssen sich neben dem 18-jährigen Syrer die beiden Deutschen aus Bad Oeynhausen und aus Magdeburg verantworten. Ihnen wird Totschlag, gefährliche Körperverletzung und Diebstahl zur Last gelegt. Das Interesse der Öffentlichkeit war groß. Zahlreiche Medienvertreter drängten sich in den Saal des Landgerichtes, und auch die Zuschauerreihen waren komplett gefüllt - in erster Linie mit Angehörigen und Freunden des Opfers, aber auch mit Verwandten des Hauptangeklagten. Während der Hauptangeklagte direkt aus der Jugendhaftanstalt in Herford zur Verhandlung gefahren wurde, kamen die beiden Mitangeklagten durch den normalen Eingang. Während einer der beiden 19-Jährigen sein Gesicht unter einer Kapuze und hinter einem Aktenordner verbarg, zeigte sich der andere offen - zumindest bis er mit Blick auf den Angeklagten noch schnell seine Kapuze über den Kopf und den Jackenkragen hochzog. Auch der 18-Jährige versteckte sich hinter einer Aktenmappe, als er den Gerichtssaal betrat. Strafrechtlich Heranwachsende Sie sind laut Staatsanwalt Christoph Mackel angeklagt, am 23. Juni dieses Jahres als Heranwachsende &bdquo;einen Menschen getötet zu haben, ohne Mörder zu sein und andere Personen körperlich misshandelt zu haben“. Hinzu käme das Ausnutzen der Hilflosigkeit einer Person, einhergehend mit Diebstahl. Nick R. ist zudem wegen Misshandlung einer Person und Bereicherung angeklagt, Ferdinand D. ebenfalls wegen Misshandlung, so zitierte es Mackel zu Prozessbeginn. Mutmaßlicher Haupttäter ist ein 18-jähriger Syrer, der 2016 im Rahmen der Familienzusammenführung nach Pforzheim gekommen sein soll und erst wenige Monate vor der Tat nach Bad Oeynhausen umgezogen war. Er soll, auch wegen Gewaltdelikten, polizeibekannt sein. Lesen Sie auch: So verlief das Leben des mutmaßlichen Täters aus Bad Oeynhausen in Deutschland Laut Anklage hat sich Philipos bereits seit dem Nachmittag des 22. Juni mit der Familie auf dem Abiball der Schwester im Kaiserpalais im Kurpark aufgehalten. Gegen 1 Uhr des Nachts seien zwei Freunde von Philipos hinzugekommen, um mitzufeiern. &bdquo;Gegen 1.20 Uhr am 23. Juni haben die drei dann das Kaiserpalais verlassen und haben sich nach rechts auf eine lange Bankreihe gesetzt.“ Dort trafen sie offenbar kurz danach auf die Angeklagten &bdquo;und mindestens sechs weitere Personen“, so Mackel. Während der Großteil der Gruppe Philipos und seine Freunde friedlich passierten und sich ein Stück weiter auf die Bänke setzten, soll der Hauptangeklagte direkt vor Philipos stehengeblieben und ihn aggressiv angesprochen haben. &bdquo;Philipos’s Freunde haben ihn verbal gebeten, doch einfach weiterzugehen, als das nicht geschah, haben sie sich erhoben.“ Laut Zeugenaussagen soll der Syrer Philipos sofort mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Woraufhin dann auch die beiden Mitangeklagten ins Geschehen eingegriffen haben sollen, auch der Freund von Philipos wurde angegriffen. Im Laufe des Kampfes soll der Magdeburger das zweite Opfer zweimal in den Rücken getreten haben. Philipos gezielt die Beine weggetreten Philipos soll laut Mackel dann versucht haben, sich weiteren Schlägen zu entziehen, und sich rückwärtsgehend entfernt haben. Dabei wurde er offenbar vom Hauptangeklagten verfolgt: &bdquo;Er trat ihm auf der Rampe gezielt die Beine weg.“ Als sich Philipos, auf einen Arm gestützt und mit dem anderen sein Gesicht schützend, aufrichtete, soll ihm der 18-Jährige erneut gegen den Kopf getreten und mit dem Knie zu Boden gestoßen haben. &bdquo;Das Opfer war vermutlich bereits bewusstlos und schlug ungebremst auf dem Betonpflaster auf“, verlas der Staatsanwalt aus der Anklage. Obwohl Philipos am Boden gelegen habe, habe der Hauptangeklagte ihm mehrfach gegen den Kopf getreten. Auch die beiden Mitangeklagten sollen den am Boden liegenden noch an den Kopf getreten haben. Danach soll der 18-Jährige ihm die Brusttasche, in der sich Kleingeld, Herrenparfüm und eine geringe Menge Marihuana befunden haben sollen, abgenommen haben. Lesen Sie auch: Fall Philipos: &bdquo;Irgendwas passt da nicht“ – Anwalt bemängelt Unstimmigkeiten Die drei mutmaßlichen Täter flohen zum Ententeich, wo der Syrer zwei Euro aus Philipos’ Tasche an den Magdeburger verteilte, sich mit dem Parfüm einsprühte und die Tasche im Teich entsorgte. Zwei Tage verstarb das 20-jährige Opfer an einem Schädelbasisbruch mit mehreren Einblutungen im Mindener Klinikum. Während der Tatbeschreibung des Staatsanwaltes rangen die Eltern des Opfers um Fassung. &bdquo;Ich möchte Gerechtigkeit für meinen Sohn“, erklärte Philipos’ Vater im Nachgang des ersten Verhandlungstages. Reue habe er beim Angeklagten nicht gesehen. Im Gegenteil: &bdquo;Er hat gelächelt“, sagte er den Kopf schüttelnd. Fortsetzung im Januar Laut Richter Carsten Glashörster habe es in den vergangenen Monaten &bdquo;keine Gespräche zur Herbeiführung einer Verständigung gegeben“. Weshalb er von den drei mutmaßlichen Tätern auch wissen wollte, ob sie sich im Verfahren zur Person und zur Sache äußern werden. &bdquo;Mein Mandant wird sich zur Person und zum Werdegang äußern“, erklärte Rechtsanwalt Burkhard Benecken, der zusammen Baris Devletli den 18-Jährigen vertritt. &bdquo;Zur Sache wird er sich ebenfalls äußern, allerdings werde ich diese Erklärung verlesen.“ Als Termin dafür kündigte Benecken den 7. Februar an. Lediglich zur Person werde sich sein Mandant äußern, erklärte der Anwalt des Magdeburgers. &bdquo;Zur Sache derzeit noch nicht. Mein Mandant hat noch Vorbehalte.“ Eine vollumfängliche Aussage kündigte der Anwalt vom 19-jährigen Bad Oeynhausener an: &bdquo;Mein Mandant wird sich vollständig einlassen.“ Der Prozess wird am Montag, 6. Januar, um 9 Uhr vor dem Landgericht Bielefeld fortgesetzt. Das Landgericht hat bis zum 22. Mai zudem 17 weitere Verhandlungstermine angesetzt.

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