Doppelte Gema-Gebühren? Bad Oeynhausen diskutiert über Weihnachtsmarkt-Musik

Bad Oeynhausen. Von der Glühweinbude am Schweinebrunnen bis zum Honigstand vor der Wandelhalle sind es bloß 400 Meter Fußweg. Dazwischen liegt die Eisbahn. Wer die Strecke läuft, bekommt allerlei Schall aufs Ohr. Doch selbst die Posaunen am Schweinebrunnen sind vor der Wandelhalle nicht mehr zu hören. Trotzdem muss die Staatsbad GmbH als Veranstalterin für jede öffentlich gespielte und urheberrechtlich geschützte Musiknote zahlen. Und nicht zu knapp. Die Gebühr wird nämlich nicht für die beschallte, sondern die gesamte Weihnachtsmarktfläche bemessen. Der bundesweite Aufschrei zahlreicher Weihnachtsmarktveranstalter im vergangenen Jahr hat in der Sache nichts geändert. Weihnachtsmärkte sind und bleiben gebührenpflichtig. Eingezogen wird das Geld von der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz: Gema. Selbst wenn, wie in der Kurstadt, &bdquo;stille Weihnachtsmärkte“ veranstaltet werden. In Bad Oeynhausen gibt’s zwar kein Buden-Gedudel, aber Musik: an der Eisbahn und von mehreren ehrenamtlichen Gruppen. Staatsbad-Geschäftsführerin Beate Krämer hat alle auftretenden Musiker, Chöre und Posauenchöre schon im Mai aufgefordert, möglichst gemafreie Weihnachtsmusik zu spielen. Sonst könnten schnell unkalkulierbare Kosten auf die Staatsbad GmbH zu kommen. Diese Einschränkung verschlankt das Repertoire. Kreiskantor Joczef Opicz vom Kirchenkreis Vlotho berichtet, dass die Posaunenchöre auf einige Lieder verzichten. Beschwingte angelsächsische Christmassongs oder moderne Populärmusik fallen aus dem Programm, dafür gibt’s Christliches und Traditionelles. Grundsätzlich gilt: Sind die Komponisten und Texter schon 70 Jahre tot, ist ihr Werk nicht mehr urheberrechtlich geschützt und gemafrei. Das gilt aber nicht für die Bearbeitungen. Viele Choräle sind für den vierstimmigen Bläsersatz umgeschrieben worden. Auch da greift das Urheberrecht. Eine halbe Stunde gemafreies Programm Für das Platzkonzert des Posaunenchores am Schweinebrunnen hat der Kreiskantor aus einer Vorauswahl von etwa 30 Chorälen geschöpft, die das bayerische Posauenwerk als sicher gemafrei geprüft hat. Darunter sind auch ältere Choralsätze oder Klassiker der kirchlichen Posaunenliteratur wie &bdquo;Weihnachten mit Kuhlo“. Opicz: &bdquo;Damit können wir etwa eine halbe Stunde Programm füllen.“ Das Publikum hat nicht gemeckert. Die Reaktionen seien &bdquo;nur positiv“ gewesen, berichtet Opicz. Eine ähnliche Liste verwendet auch der Quartettverein. Allerdings ist das offene Singen am 18. Dezember vor der Wandelhalle kein Auftritt im herkömmlichen Sinne: &bdquo;Wir singen mit dem Publikum Weihnachtslieder“, sagt der Vorsitzende Klaus Mueller-Zahlmann. Die Listen gemafreier Weihnachtsmusik hat die Gema selbst auf ihren Internetseiten veröffentlicht. Dort finden sich 38 Lieder, die &bdquo;im Original frei“ zu verwenden sind. Sprich: Es werden keine Gema-Gebühren fällig. Der Zusatz &bdquo;im Original“ ist allerdings entscheidend. Eine moderne Bearbeitung von &bdquo;O Tannenbaum“ mit einer urheberrechtlich geschützten Oberstimme wäre nämlich wiederum gebührenpflichtig. Staatsbad-Geschäftsführerin Beate Krämer findet die Gema-Gebühren grundsätzlich in Ordnung. Schließlich bezahlt die Organisation mit dem Geld Komponisten und Texter, die die Musik erschaffen haben. &bdquo;Die Anmeldung ist für uns eine Selbstverständlichkeit, um die Autorenrechte zu wahren“, sagt Krämer. Zahlen Staatsbad und Schausteller doppelte Gebühren? Diese Wertschätzung kostet aber auch eine Stange Geld. Im ganzen Jahr bezahlt das Staatsbad rund 40.000 Euro an die Gema - für alle Aufführungen im Theater und die Konzerte in der Wandelhalle, inklusive Weihnachtsmarkt und Eisbahn. Im Vorjahr waren es bloß 20.000 Euro. Welchen Anteil an den Kosten allein der Weihnachtsmarkt hat, will Krämer aber auch auf Nachfrage wegen &bdquo;schützenswerter Interessen Dritter“ nicht mitteilen. Gemeint ist die Gema. In Bad Salzuflen muss Weihnachtsmarktveranstalter Michael Welslau, Vorsitzender der Werbegemeinschaft, dieses Jahr Gema-Gebühren in Höhe von 42.000 Euro für den 8.000 Quadratmeter großen Weihnachtsmarkt schultern. Im Vorjahr seien es bloß 2.800 Euro gewesen. Die Gema selbst hat inzwischen eine Beispielrechnung veröffentlicht, nach der für einen 5.000 Quadratmeter großen Markt mit täglichem Bühnenprogramm und Hintergrundmusik vom Band bei 20 Prozent Rabatt für Städtetag-Mitglieder rund 930 Euro pro Tag an Gebühren fällig werden. Bei 20 Markttagen sind das immerhin 18.600 Euro Gebühr. Die Musik auf der Eisbahn in Bad Oeynhausen macht es richtig kompliziert. Dort hält die Gema womöglich sogar zweimal die Hand auf. Das Staatsbad zahlt nämlich für den ganzen Markt und nach Auskunft von Schausteller Daniel Lemoine hat er zusätzlich einen Jahresvertrag mit der Gema. Auf die Musik an der Eisbahn will der Schausteller auf keinen Fall verzichten. Wenn’s gewünscht wird, will er auch &bdquo;Last Christmas“ von &bdquo;Wham!“ und nicht gemafreie Stücke abspielen. &bdquo;Ich weiß gar nicht, ob wir ’O du fröhliche’ im Programm haben“, sagt Lemoine. Sein Jahresvertrag gelte für den Getränkestand. Und genau dieser Getränkestand stehe mit derselben Musikanlage auch auf dem Weihnachtsmarkt an der Eisbahn - nur mit anderen Getränken. Lemoine: &bdquo;Im Prinzip zahlen wir doppelt.“ Gema bestreitet doppelte Gebühren Die Gema bestreitet das. Eine Sprecherin schreibt auf Anfrage: &bdquo;Wir gehen davon aus, dass die Veranstalter nicht doppelt bei uns anmelden“, sondern sich direkt mit den Schaustellern abstimmten: &bdquo;Zusätzlich prüfen unsere Kollegen die jeweiligen Anmeldungen.“ Der Bad Oeynhausener Weihnachtsmarkt sei auch nicht &bdquo;still“, stellt die Sprecherin klar: &bdquo;Still wäre der Markt, wenn keine Musik gespielt werden würde.“ Das aber will niemand. Die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (BCSD) vertritt die Interessen der Staatsbad GmbH. &bdquo;Wünschenswert“, sagt Staatsbad-Geschäftsführerin Krämer, &bdquo;wären grundsätzlich neue Vereinbarungen der Verbände mit der Gema, um die Konzertauftritte von Vereinen, Chören und anderen Musikern auf den Märkten zu fördern und die Varianz der gespielten Stücke freier zu gestalten.“ Der Weihnachtsmarkt in Bad Oeynhausen solle aber ein &bdquo;stiller Weihnachtsmarkt“ bleiben: &bdquo;Das passt zum Charakter unserer Kurstadt.“

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