Zehn Zapfhähne für ein Halleluja: Selbstversuch auf dem Bierboulevard in Bad Oeynhausen und Löhne

Bad Oeynhausen/Löhne. Fachleute schätzen, dass es weltweit zwischen 10.000 und 15.000 Biersorten gibt. Gemessen daran bietet auch der 15. Bierboulevard im Aqua-Magica-Park nur einen kleinen Ausschnitt. Und doch: Die über 100 Sorten, die hier aus Fass und Flasche angeboten werden, sind selbst für hartgesottene Biertrinker eine Prüfung. &bdquo;Aber zehn Sorten, die sollten doch wohl zu schaffen sein“, findet Kollege Felix. Herausforderung angenommen. Auf zum Probetrinken im Wasserland. Wer tapfer die Stände mit Popcorn, Brezeln, Crepes und den beiden Lokalmatadoren unter den Brauereien links und rechts liegen lässt, den führt der Weg auf dem Bierboulevard schnurstracks zum Stand der Warburger Brauerei. Ja, starten wir regional in die große Welt des Bieres. Das &bdquo;Bio-Helle“ aus Warburg ist zum Auftakt auch gerade recht. Frisch und eher leicht rinnt es durch die Kehle. Das Gebräu aus Ostwestfalens Südzipfel ist durchaus in der Lage, den ersten stechenden Durst zu löschen. &bdquo;Das geht noch lauter!“ Aus dem kleinen Lautsprecher über der Zapfanlage berichtet ein erstaunlich lautstarker Sänger davon, dass er noch schwankt, ob er aufhören soll mit dem Trinken. &bdquo;Das ist Ikke Hüftgold“, verrät Felix. Woher weiß der Kollege sowas nur? Hier zahlt sich vermutlich das jahrelange intensive Studium des ZDF-Fernsehgartens aus. &bdquo;Das ist noch nicht volle Pulle, das geht noch lauter“, versichert der Mann hinter dem Tresen. Ne, muss nicht. Wir müssen ja eh weiter. Schließlich sind wir nicht zum Spaß hier. Nach 100 Metern Fußweg sind wir in Bayern angekommen. Deutschland rückt zusammen. Soviel ist klar: Mit dem Andechser dunkel machste nix verkehrt. Süffige 4,9 Prozent, einfach ein schönes Bier. Felix muss das Weizen probieren, sein erstes von Andechser. Man sieht’s ihm an: Er hätte auch lieber das Dunkle gehabt. Eine &bdquo;schöne fruchtige Note“ bescheinigt der Connaissseur dem Weizen immerhin, kritisiert aber auch: &bdquo;Etwas dünn.“ Aber es muss ja nicht immer Bier sein. Wir trinken: Kölsch! Die Kölner bieten ihr Früh gleich neben den Bayern an. Die Darreichungsform lässt noch Wünsche offen. Die Plastikstangen sehen so winzig aus, dass die Tester zunächst denken, sie bekämen vorab einen Probierschluck. Das macht aber der Service wieder wett. Die Damenriege hinter dem Tresen ist mit Abstand die fröhlichste an diesem Abend. Da ist es mit einem Becherchen nicht getan. Und nach dem dritten Schluck stellt der Kölsch-Verächter überrascht fest: So schlecht ist das wohl gekühlte Erzeugnis aus der Domstadt gar nicht. Und es gibt doch Bier auf Hawaii Es wird Zeit für einen Ausflug in die weite Welt. Die hat Rada Bolte an ihrem Flaschenbierstand aufgereiht. Hier stehen Biere, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat - zumindest nicht im Ostwestfälischen. Mindestens 100 Sorten, wahrscheinlich mehr, habe sie im Angebot, so schätzt die Chefin. Oder besser gesagt: hatte sie im Angebot. Denn einige Sorten sind am frühen Samstagabend schon vergriffen. &bdquo;Das Chili-Bier aus Mexiko war als erstes weg“, berichtet Rada Bolte. Und auch das Schokoladenbier ist schon alle. Ach, wie schade, das wollten wir als Nachtisch nehmen. &bdquo;Da hätten sich zwei Männer beinahe um die letzte Flasche geprügelt“, erzählt die Herrin der 100 Biere. Ihr Tipp für Mutige: das Imperial Stout aus Schottland. Fast sämig rinnt der Stoff ins Glas und sieht dabei fast aus wie ein kräftiger Espresso. Die Kaffeenote findet sich auch im Geschmack wieder. &bdquo;Das ist herber als erwartet“, befindet Felix. Aber auch stärker: Satte sieben Prozent Alkohol haben die Brauer bei Samuel Smith ihrem Bier verliehen. Durch ein besonders fröhlich-buntes Etikett fällt eine Flasche namens &bdquo;Big wave“ ins Auge. Von wegen: Es gibt kein Bier auf Hawaii. Dieses hier stammt aus dem 50. Bundesstaat der USA. Das &bdquo;Golden Ale“ hat bescheidene 4,4 Prozent Alkohol und duftet betörend nach Zitrus. Na, was werden die amerikanischen Brauer da wieder für seltsame Zutaten ins Gebräu gemischt haben? Doch, Überraschung, die Zutatenliste verzeichnet lediglich Wasser, Hefe, Hopfen und Malz. Danke, deutsches Reinheitsgebot. Wenn das Ale jetzt auch noch gekühlt wäre - ein Traum. Und bislang unser Favorit. Einige Tausend Besucher auf dem Bierboulevard Um die weite Welt des Bieres anbieten zu können, müssen die Boltes nicht etwa den Rest des Jahres auf Weltreise gehen. &bdquo;Wir kaufen das meiste in Münster in einem Spezialgeschäft ein“, verrät Rada Bolte. Das gilt nicht für das einzige gezapfte Bier an ihrem Stand: das Rotingdorfer Pils. Das holen Boltes immer direkt aus der kleinen Brauerei bei Werther ab. Das Lieblingsbier von Bernd Bolte, Radas Ehemann und Organisator des Bierboulevards, ist sehr mild. Zu mild, befinden die Tester. Aber das mag auch an den beiden extrem ausdrucksvollen Vorgängerbieren liegen. Bernd Bolte schätzt aber auch die Lokalmatadoren. Beim kurzen Schnack am Stand nebenan gibt’s ein Herforder. Das am besten gekühlte Bier auf dem Boulevard. Das zischt. Das Wetter weiß Bolte durchaus zu schätzen. &bdquo;Der Freitag war schon sehr gut“, berichtet er. Der Samstag verspricht noch besser zu werden. Wie viele Besucher am Ende über den 15. Bierboulevard geschlendert sein werden, das mag Bolte eigentlich gar nicht schätzen. &bdquo;Das ist ja ein stetes Kommen und Gehen“, sagt er. Es seien aber sicher einige Tausend. Fruchtige Überraschung aus Brandenburg Größere Zwischenfälle gab es trotz vieler Menschen und viel Alkohol bislang nicht. &bdquo;Wir haben ein gutes Publikum hier“, lobt Bolte. &bdquo;Wir wollen ja auch nicht so ein Ballermann-Feeling hier, sondern eher die gepflegte, heimelige Biergarten-Atmosphäre“, sagt er. Das muss nun nur noch jemand schonend Ikke Hüftgold beibringen. Acht Sorten hatten wir im Glas, am nächsten Stand machen wir den Zehner voll. Das Neuzeller Pils ist das Hopfigste der ausgewählten Sorten, gut trinkbar, aber auch nicht sehr aufregend. Spektakuläreres verspricht das, was Felix bestellt: Werderaner Kirschbier. Die Fruchtbombe aus Brandenburg ist deutlich leckerer als erwartet und gar nicht so kirschig-süß wie befürchtet. Ein schöner Abschluss. Doch kurz vor dem Ausgang zieht ein Stand aus Kroatien noch einmal unsere Aufmerksamkeit an. Neben zwei Sorten Bier gibt es hier auch: Slivovitz! Na dann: Wir hatten ja noch keinen Nachtisch, das Schokobier war ja schon alle. Und Bierboulevard ist nur einmal im Jahr.

Meistgelesen