15 Häuser in Bad Oeynhausen vom Wasser eingeschlossen

Bad Oeynhausen. In der Luft liegt der Schallpegel von 95 Dezibel. Überall vor den Häusern brummen Notstromaggregate. In den Kellern laufen die Pumpen auf Hochtouren, um wenigstens etwas gegen den stetig steigenden Weserpegel an zu arbeiten. Es ist ein Weihnachtsfest der etwas anderen Art im Dehmer Lohbusch. 15 Häuser sind dort seit dem zweiten Weihnachtstag von den Wassermassen eingeschlossen, sämtliche Zuwege sind überflutet. Zu allem Übel schaltet Westfalen Weser Energie (WWE) dann auch noch den Strom ab – niemand hatte den mitten im Überschwemmungsgebiet stehenden Trafokasten vor den Wassermassen gesichert. Schon am Heiligmorgen kommt das Wasser dem Zuhause von Familie McLaughlin bedrohlich nah. Maximal 15 Zentimeter, so schätzt Loreen McLaughlin, hätten Sie noch Luft. Die Kinder werden kurzerhand zu Freunden ausquartiert, Eltern und der ebenfalls betroffene Nachbar versuchen, Sandsäcke zu organisieren. &bdquo;Bei der Feuerwehr wurde uns mitgeteilt, dass wir höchstens leere Säcke bekommen können“, berichtet Christopher McLaughlin und schüttelt den Kopf. Egal, was nützt es. Die Familie holt sich Säcke und organisiert über einen Bauunternehmer am Sonntagmorgen noch Sand. Doch die Mühe ist vergebens. Einen Tag später läuft das Grundstück mit Weserwasser voll. Inzwischen steht es knöchelhoch im Haus. Das große Notstromaggregat schafft es nicht auf die &bdquo;Hallig Lohbusch“ Schon der erste Weihnachtstag lässt nichts Gutes ahnen. Der Weserpegel steigt und steigt und knackt schließlich auch die Rekordmarke 6,64 Meter aus dem Jahr 1995. Noch aber ist die Zufahrt in den Lohbusch frei. Das sieht am zweiten Weihnachtstag anders aus. Mit einem Pegel von mehr als 6,65 Meter ist Land unter – auch auf sämtlichen Zufahrtsstraßen. Lediglich mit Traktor oder Unimog ist ein durchaus kritischer Weg durchs Wasser machbar.Und dann die Hiobsbotschaft, der Anruf kommt am zweiten Weihnachtstag nur wenige Minuten vor Einbruch der Dunkelheit: Es könne sein, dass der Strom abgeschaltet werden müsse, teilen die Behörden den Anwohnern mit. Noch während des Telefonates mit dem Bürgermeister wird es dunkel. Die Pumpen fallen aus, Häuser und Keller drohen abzusaufen. Bürgermeister Lars Bökenkröger macht sich am Abend des zweiten Weihnachtstages selbst auf ins Hochwassergebiet und lässt sich von Landwirt Stefan Schmidt zur Anwohnersammelstelle bringen. Gemeinsam mit Feuerwehr-Einsatzleiter Lucas Baumann versucht er, Hilfe zu organisieren. Doch das dauert. Der Plan, das große Notstromaggregat auf die &bdquo;Hallig Lohbusch“ zu bringen, scheitert. Der Anhänger schafft die überfluteten Wege nicht. Hilfe kommt schließlich von der Löschgruppe Werste, die drei mobile Geräte bringt. Diese sorgen gut 20 Stunden lang zumindest für Pumpbetrieb – auch wenn Häuser und Küchen kalt bleiben. Trotzdem werden einige Häuser und Wohnungen evakuiert, einige Mieter suchen sich andere Schlafplätze. Der höchste Pegelstand seit 1946 So wie Kirsten Kruse, die ihren Hof mit dem sechs Wochen alten Theo und dem vierjährigen Julian verlässt. &bdquo;So nah hat das Wasser noch nie am Haus gestanden“, berichtet sie. Ohne Strom wird ihr die Situation mit Baby aber zu haarig vor Ort. Der harte Kern von rund 40 Anwohnern, darunter auch Kruses Ehemann und ihre Eltern, aber bleibt. Auch, um die Häuser vor dem kompletten Absaufen zu retten. Gut fünf Liter Benzin fasst ein solches &bdquo;Super Silent“-Aggregat, das mit 95 dB unter den Schlafzimmerfenstern dröhnt. Fünf Liter, die für rund drei Stunden reichen – dann muss nachgefüllt werden. Also heißt es für die Betroffenen, Wecker stellen, damit die Keller nicht wieder volllaufen. Noch in der Nacht zum Mittwoch erreicht die Weser mit 6,74 Metern einen neuen Höchststand. Die &bdquo;Jahrhundertmarke“ lag im Februar 1946 bei 7,90 Metern. In den frühen Morgenstunden des Mittwochs fällt der Pegel um wenige Zentimeter. Vor allem die etwas kälteren Temperaturen sorgen dafür, dass auch auf den Feldern der Pegel sinkt. Während der Osten des Lohbusches durch die Feuerwehr versorgt wird, hat Landwirt Heiko Sundermeyer bereits sein eigenes Notstromaggregat angeworfen. Das teilt er sich mit dem Nachbarn und dieses wird mittels Trecker und Diesel betrieben. &bdquo;Ich habe 230 Schweine im Stall – das geht nicht ohne Strom“, erklärt Sundermeyer, der inzwischen ein Ausweichquartier für seine Schweine gefunden hat. &bdquo;Wenn das Wasser am Wochenende wieder steigen sollte oder der Strom erneut länger ausfällt, muss ich die Tiere umquartieren“, berichtet er. Qualmende Kabel im Trafohäuschen Doch auch das ist eine logistische Herausforderung im Hochwassergebiet. Entwarnung für die Stromversorgung gibt es für die Häuser auf der östlichen Seite der Wassermassen am Mittwoch aber noch nicht. Die Techniker von WWE sind am Morgen erneut vor Ort. Schon am Weihnachtsabend hatten sie unisolierte Kabel im Trafo gesehen, die unmittelbar über dem Wasser hingen. Mittwochnachmittag dann sieht’s besser aus. Das Wasser ist gesunken, WWE, Feuerwehr, Technisches, Hilfswerk und Bürgermeister sind zuversichtlich. Für wenige Stunden wird der Strom wieder angeschaltet, bevor es am Nachmittag ans Innere des Trafos geht. Die Löschgruppe Dehme füllt parallel rund 450 Sandsäcke, die nach den Anweisungen eines Deichbauexperten des THW rund um das Stromhäuschen geschichtet werden. Weil aber der benachbarte Verteilerkasten für die Straßenbeleuchtung im Wasser vor sich hin qualmt, schalten die WWE-Techniker den Strom am Nachmittag erneut ab. Auf unbestimmte Zeit.

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