Pläne gestoppt: Glasfaser-Kooperation in Bad Oeynhausen ist geplatzt

Bad Oeynhausen. Alle Signale stehen auf Enttäuschung. "Es ist äußerst ärgerlich, dass das Projekt gescheitert ist", sagt Bürgermeister Lars Bökenkröger. Stadtwerke-Vorstand Andreas Schwarze ist gar "extrem traurig". Und auch SPD-Fraktionschef Olaf Winkelmann bedauert, "dass unser Ziel, Bad Oeynhausen flächendeckend mit Glasfaserleitungen zu versorgen, gescheitert ist." Der Verwaltungsrat der Stadtwerke beschloss am Donnerstagabend, die Kooperation mit Greenfiber zu beenden. Das geplante Gemeinschaftsunternehmen zwischen dem Tochterunternehmen der Stadt und dem Privatunternehmen Greenfiber wollte überall in Bad Oeynhausen für Glasfaseranschluss sorgen - auch dort, wo das für den Anbieter nicht wirklich wirtschaftlich wäre. Das dürfte sich nun erledigt haben. 38 Millionen Euro müssten finanziert werden Der Verwaltungsrat fasste den Beschluss in nicht-öffentlicher Sitzung. Am Freitag aber gaben die Stadtwerke und kurz darauf auch Greenfiber das Scheitern der Kooperationspläne bekannt. Als Grund für das Aus geben die Beteiligten die aktuellen Veränderungen auf dem Kapitalmarkt an. Im Detail aber unterscheiden sich die Begründungen. "Die Entwicklungen seit Beginn des Ukrainekriegs haben die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen derart verändert, dass eine vertretbare Projektfinanzierung aus Sicht der Stadtwerke unmöglich geworden ist", heißt es in der Mitteilung der Stadtwerke. In der Stellungnahme von Greenfiber heißt es: "Der städtischen Tochter fehlen die Eigenmittel für das Finanzierungsmodell." Für das Gemeinschaftsunternehmen war ein Finanzbedarf von 38 Millionen Euro ermittelt worden, der durch Kredite finanziert werden sollte. Ein ohnehin nicht ganz unumstrittenes Projekt. So hatte die Fraktion der BBO (Bürger für Bad Oeynhausen) mehrfach vor einem unkalkulierbaren Risiko bei einer Kreditaufnahme in solcher Höhe gewarnt. Es seien nicht nur die in den vergangenen zwölf Monaten rapide gestiegenen Zinsen, die dazu geführt hätten, dass er dem Verwaltungsrat die Absage der Kooperation empfohlen habe, sagt Stadtwerke-Chef Schwarze. Der versichert, dass es durchaus Geldgeber gegeben hätte - aber eben zu Konditionen, die man nicht habe mittragen können. So hätten die Banken eine erheblich höhere Eigenkapitalquote von dem neuen Unternehmen eingefordert. "Das ging bis zu 30 Prozent der Kreditsumme", so berichtet Schwarze. "Es ist auch unsere Aufgabe in Rat und Verwaltungsrat, die Stadt vor Schaden zu bewahren", sagt auch Winkelmann. Die SPD trägt die Entscheidung des Verwaltungsrates in der Sache mit, kritisiert aber, dass der Stadtrat dabei nicht einbezogen wurde. "Wir können die Haltung der Stadtwerke nicht ganz nachvollziehen" Man respektiere und akzeptiere natürlich die Entscheidung der Stadtwerke, sagt Greenfiber-Pressesprecher Hinrich Bernzen. "Aber wir können die Haltung der Stadtwerke so nicht ganz nachvollziehen", erklärt er im Gespräch mit der NW. &bdquo;Natürlich sind die Zeiten für eine solche Investition in die Infrastruktur nicht besonders gut, aber darstellbar“, urteilt Greenfiber-Geschäftsführer Paul Gummert auch mit Blick auf andere Kommunen in der Region. Sowohl in Lübbecke als auch in Espelkamp werde das kommunale Partnerschaftsmodell gemeinsam mit Greenfiber erfolgreich umgesetzt, in Hille stehe gleiches an, so Gummert. War Bad Oeynhausen also schlicht zu langsam? "Vor zwei, drei Jahren wusste doch niemand, dass sich die Zinsen so rapide nach oben entwickeln würden", sagt Bökenkröger. Das sei wesentlich durch den Ukraine-Krieg verursacht. "Es ist nun müßig, darüber zu spekulieren, ob man schneller hätte sein können", sagt der Bürgermeister. Er hoffe nun, dass "Greenfiber und andere Unternehmen für den Ausbau des Glasfasernetzes in Bad Oeynhausen sorgen". Dass sich Greenfiber auch ohne Beteiligung der Stadtwerke weiter im Ausbau des Glasfasernetzes der Kurstadt engagieren wolle, versichern Gummert und Bernzen. Allerdings mit Einschränkung: "Die wirtschaftlich sinnvollen Bereiche werden Glasfaser bekommen", sagt Bernzen. Was auch heißt: die für den Anbieter nicht rentablen Bereiche eben nicht. Dass dafür die Formel gelte: je weiter vom Stadtzentrum entfernt, desto unwirtschaftlicher das Gebiet, bestreitet Bernzen. "So einfach ist es nicht." Vorverträge wurden nur unter Vorbehalt abgeschlossen Die zahlreichen eingegangenen Anträge auf einen Glasfaser-Hausanschluss werte Greenfiber weiterhin als Auftrag und starkes Votum für die digitale Zukunft der Region. Das Unternehmen hatte Ende vergangenen Jahres angegeben, Vorverträge mit einem Drittel der Haushalte, etwa 7.200, abgeschlossen zu haben. Das galt als Voraussetzung dafür, dass die Gemeinschaftsfirma wirtschaftlich arbeiten könnte. "Das sind Vorverträge", erläutert Bernzen, die unter dem Vorbehalt der Gründung des gemeinsamen Unternehmens mit den Stadtwerken abgeschlossen worden seien. Nach dem Scheitern der Kooperationspläne seien sie rechtlich nicht bindend. &bdquo;Wir fühlen uns den Menschen und Unternehmen hier verpflichtet. Gerade in den Ortschaften rund um die Kernstadt ist ein leistungsfähiges Glasfasernetz von großer Bedeutung“, erklärt aber Greenfiber-Chef Gummert. Der versichert, dass Greenfiber auch nach dem Ausstieg der Stadtwerke den Ausbau vorantreiben wolle. &bdquo;Wir prüfen jetzt, wie wir unter diesen vollkommen veränderten Rahmenbedingungen möglichst vielen Haushalten eine Glasfaser-Lösung anbieten können“, so Gummert. Dafür bitte das Unternehmen jedoch um etwas Geduld. "Das muss nun der Wettbewerb regeln", sagt der Bürgermeister zu der Frage, wie es mit den Glasfaserausbau weitergehe. Er habe noch die Hoffnung, "dass es vielleicht noch mal Fördermittel für die Versorgung der verbleibenden weißen Flecken gibt", so Bökenkröger.

Meistgelesen