Neue VR-Schnorchelbrille im Bad Oeynhausener Sielbad: Tauchen mit Schildkröten und Walhaien

Bad Oeynhausen. Die Augen wissen gar nicht, wo sie zuerst hinschauen sollen. Während rechts eine Schildkröte vorüber paddelt, kommt vorne bereits ein Wal-Hai in Sicht. Morsche Planken unter den Füßen, Wasser, das am Körper entlang strömt, und lauter bunte Fische. Der Tauchgang im Sielbad hat es in sich. Mittels VR-Schnorchelbrille können Besucher dort noch bis Mitte April wunderbare Unterwasserwelten erleben. Aber auch ein schwereloser Flug durchs Weltall ist möglich. Die nur minutenlangen Ausflüge in die virtuelle Realität locken vor allem an den Wochenenden Besuchermassen. Und die bleiben oft sogar für eine Hotelübernachtung in der Stadt. Birgitt Mügge macht sich bereit. Die 69-Jährige ist Tauch-Fan und gespannt auf die Erlebnisse im warmen Mehrzweckbecken des Sielbades. Eine kurze Einweisung, ein Gürtel mit Sandsack, dann steigt Mügge hinab ins Südsee-Feeling. Die Bad Oeynhausenerin hat bereits mehr als 300 Tauchgänge absolviert, war im Mittelmeer, im Roten Meer und den deutschen Seen unter Wasser. "Ich bin fast so aufgeregt wie vor einem richtigen Tauchgang", sagt sie, als es nun erstmals in die virtuelle Unterwasserwelt des Sielbades geht. Der Sandsack hält Birgitt Mügge dabei an Ort und Stelle, damit sie nicht am Beckenrand anstößt und sich verletzt. Manche Gäste buchen gleich das Hotel dazu Es war im vergangenen Herbst, als Badleiter Marc Brünger die VR-Schnorchelbrille auf einer Messe entdeckte. Es brauchte nicht lange, den Bereichsleiter Bäder bei den Stadtwerken zu überzeugen. "Wir haben dann zwei Anbieter getestet", sagt Marco Kersten. "Da gibt es enorme Unterschiede", weiß Kersten. "Diese Brille ist sehr, sehr real." Davon konnten sich in den vergangenen Wochen mehr als 600 Besucher überzeugen. "Jedes Wochenende kommen zurzeit rund 100 Taucher hinzu." Und die nehmen oft weite Wege in Kauf. Bis zu 300 Kilometer Anreise hätten manche Gäste, erzählt Kersten. "Die buchen dann gleich die Hotelübernachtung in Bad Oeynhausen hinzu." Eine dieser 360-Grad-Brillen sollte dem neu eröffneten Sielbad helfen, über die Wintermonate zu kommen. "Wir wollten dadurch die Attraktivität des Bades erhöhen", nennt Kersten einen Grund. Dass die Brille so einschlägt - davon war niemand ausgegangen. "Wir haben inzwischen eine zweite im Angebot", ergänzt Marc Brünger. Um dem Andrang gerecht zu werden. Beide Brillen haben die Stadtwerke vom Anbieter geliehen, nicht gekauft. Birgitt Mügge hat derweil ihren ersten Tauchgang absolviert. "Toll", urteilt sie. "Man hat durchaus das Gefühl, in einer Strömung zu schwimmen und durchs Wasser zu treiben. Verrückt, wie das Gehirn sich täuschen lässt." Der Film, den die Taucherin unter Wasser zu sehen bekommt, wirke durchaus echt. "Da ist viel Realitätsbezug." Und ganz schnell wird auch die Erinnerung an vergangene Tauchurlaube geweckt, die gesundheitsbedingt nicht mehr möglich sind. "Die Schildkröte, die an mir vorbeigeschwommen ist, hat mich an Zakynthos erinnert", schwelgt Mügge in Erinnerungen. "Ganz viel Tauchgefühl" attestiert sie dem Angebot. "Man will immer tiefer runter, schauen, was sich noch überall verbirgt", schildert sie ihre Eindrücke. "Ganz klar: beide Daumen hoch." Fünf Euro für fünf Minuten Drei Welten stehen den Tauchfreunden zur Verfügung: "Rifftauchen, Wracktauchen und der animierte Weltraumflug mit Blick auf die Erde", zählt Marco Kersten auf. Jeder Film dauert fünf Minuten. Das Angebot richtet sich an Menschen ab acht Jahren, die bereits Seepferdchen haben und denen die akkubetriebene Brille passt. "Wir hatten auch schon Über-80-Jährige mit der Brille im Wasser", weiß Marc Brünger. Ebenso breit ist die Spanne bei den Erfahrungen. "Welche, die noch nie geschnorchelt haben, bis hin zu erfahrenen Tauchern und sogar erste Anfragen von Tauchvereinen gibt es", ergänzt Marco Kersten. Die Brille ist kein Hexenwerk, sondern leicht zu bedienen. Die eingebaute kleine Kamera sorgt zu Beginn dafür, dass es für den Besucher tatsächlich so wirkt, also würde er abtauchen. Was er ja auch macht - nur eben im Mehrzweckbecken im Siel. Noch bis zum Ende der Osterferien kann die Brille an den Wochenenden im Mehrzweckbecken genutzt werden. "Fünf Minuten Film für fünf Euro. Plus Eintritt", wirbt Kersten. Termine werden für die Tauchgänge nicht vergeben, Wartezeiten müssen also einkalkuliert werden. Wer mag, kann auch alle drei Filme nacheinander anschauen und abtauchen. "Noch bis zum 15. April." Dann müssen die Taucher Sommerpause machen. "Im Sommer, wenn der Außenbereich geöffnet ist, können wir das personell nicht leisten", erklären Kersten und Brünger. Denn jeder Taucher bekommt eine extra Einweisung vom Schwimmmeister. Aufgrund des großen Erfolges steht für Marco Kersten aber bereits fest: "Wir werden die Schnorchelbrille auch im nächsten Winter anbieten." Zumindest eine. Sollte sie wieder stark nachfragt sein, würden die Stadtwerke erneut reagieren. Dann wird es zudem neue Unterwasserwelten zu sehen geben - mit Orcas, Schildkröten und bunten Fischschwärmen. Und vielleicht auch mit Seepferdchen. "Die habe ich schon vermisst", sagt Birgitt Mügge schmunzelnd. Trotzdem steht für sie bereits fest: "Ich komme wieder - mit meinem Enkel." Damit auch der die Welt unter Wasser zu schätzen lernt.

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