Warum die Stadt Bad Oeynhausen nicht selber blitzen darf

Bad Oeynhausen. Der Blitzer auf der A2 am Bielefelder Berg ist eine bundesweite Berühmtheit. Allein sieben Millionen Euro hat die stationäre Geschwindigkeitsmessanlage im Jahr 2022 in die Bielefelder Stadtkasse gespült. Die Stadt Bad Oeynhausen ist mit der A30 und der A2 gleich von zwei Autobahnen umgeben. Könnte die Kurstadt mit stationären Anlagen finanziell nicht ebenso profitieren wie Bielefeld? "Nein", sagt Stadtsprecher Volker Müller-Ulrich, "weil wir für die Überwachung der Geschwindigkeit auf den Autobahnen nicht zuständig sind." Auch nicht im eigenen Stadtgebiet. Bielefeld dagegen ist als große kreisfreie Stadt zuständig und darf das Tempo auf der A2 mit einer festinstallierten Anlage kontrollieren. Die Zuständigkeiten sind - wenig überraschend - in einem Gesetz geregelt. Das Ordnungsbehördengesetz schreibt präzise vor, wer wo und mit welchen Mitteln Geschwindigkeitskontrollen vornehmen darf. Dieses Gesetz erlaubt es beispielsweise auch der Stadt Minden, selbst zu kontrollieren. Etwa mit dem sogenannten Blitzeranhänger und mit entsprechend technisch ausgestatteten Fahrzeugen. Den schwarzen Blitzer-Anhänger hat die Stadt im Jahr 2021 für rund 240.000 Euro angeschafft. Er kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn die Mitarbeiter des Ordnungsamtes Feierabend machen, in den Abend- und Nachtstunden sowie an Wochenenden. Anders als die Autos des Ordnungsamtes ist die Anlage für den mehrtägigen Einsatz gedacht. Für eigene Kontrollen ist die Stadt zu klein Mit einem solchen Anhänger dürfte das Bad Oeynhausener Ordnungsamt allerdings nicht tätig werden. Noch nicht. Denn ausschlaggebend dafür, wann ein städtisches Ordnungsamt tätig werden darf, ist die Größe der Stadt. Die Grenze zur sogenannten großen kreisangehörigen Stadt liegt bei einer Einwohnerzahl von 50.000. Hat eine Stadt mindestens anderthalb Jahre lang mehr als 50.000 Einwohner, kann sie beantragen, "groß" zu werden. Der Haken: Maßgeblich ist nicht die eigene Einwohnerstatistik, sondern die des Landesbetriebs IT NRW. Und der weist die Einwohnerzahl für die Kurstadt mit 48.800 Einwohner aus. Nach der eigenen Statistik ist Bad Oeynhausen schon seit drei Jahren "groß". Also bleibt die Zuständigkeit fürs Tempo auf den Straßen der Stadt bei Kreis und Polizei. Auf der A2 im Kreuz Bad Oeynhausen - dort ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 120 Stundenkilometer begrenzt - könnte und dürfte der Kreis laut Gesetz einen stationären Blitzer installieren. Auf der A30 ist zwischen Löhne und dem Hahnenkamptunnel selbst das nicht möglich, weil es auf diesem Abschnitt keine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt. Auf der A2 und der A30 im Bereich des Hahnenkamptunnels in Richtung Osnabrück überwacht die Autobahnpolizei regelmäßig die Geschwindigkeit im limitierten Bereich mit mobilen Blitzern. Eine Gesamtstatistik liegt hier weder dem Kreis noch der Kreispolizei vor. Allerdings tritt der Kreis dann in Aktion, wenn die Raser das Verwarngeld nicht zahlen. "Wenn der Betroffene nicht zahlt, werden die Vorgänge an den Kreis Minden-Lübbecke abgegeben. Insgesamt hat die Bußgeldstelle im vergangenen Jahr 18.645 Geschwindigkeitsverstöße, die auf den durch den Kreis führenden Teilstücken der A2 und A30 geahndet", so Selle-Korent. Schwerpunkte sind die Kanal- und die Mindener Straße Der Verkehrsdienst der Kreispolizei nimmt die Geschwindigkeitskontrollen im restlichen Gebiet der Stadt Bad Oeynhausen wahr. "In den Jahren 2020 bis 2022 wurden in Bad Oeynhausen insgesamt 194 Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt", teilt Polizeisprecher Nils Schröder auf NW-Anfrage mit. "Mehr als ein Viertel der Kontrollen fanden an den bekannten Unfallhäufungsstellen auf der Kanalstraße, der Mindener Straße, der Volmerdingsener Straße und der Eidinghausener Straße statt. Die übrigen Kontrollen verteilten sich auf mehr als 30 Örtlichkeiten im gesamten Stadtgebiet", so Schröder weiter. Der Kreis hat im gesamten Kreisgebiet 15 sogenannte "Starenkästen" installiert. Drei davon stehen in Bad Oeynhausen - am Werrepark auf der Mindener Straße, an der Dehmer Straße und an der Vlothoer Straße. Allerdings werden nach Auskunft des Kreises die Blitzer an der Mindener und an der Dehmer Straße aus "straßenbautechnischen Gründen seit Jahren nicht mehr betrieben". Polizei und das Straßenverkehrsamt des Kreises überwachen hier mit mobilen Geräten. Blitzer außer Dienst "Ob eine stationäre Geschwindigkeitsüberwachung nach der Eröffnung der Nordumgehung und einer möglichen städtebaulichen Veränderung an der B61 noch erforderlich ist, wird die künftige Unfalllage zeigen", teilt Kreissprecher Dagmar Selle-Korent weiter mit. Bis dahin werde diese Anlage ebenso wie die an der Dehmer Straße einem mahnenden Finger oder einem zusätzlichen Verkehrsschild gleich das Geschwindigkeitsniveau auf der B61 senken und damit die Verkehrssicherheit erhöhen. Der Kreis Minden-Lübbecke hat bei der stationären und mobilen Geschwindigkeitsüberwachung im vergangenen Jahr (Stichtag 30. November) mehr als 5,5 Millionen Fahrzeuge überprüft. Von ihnen überschritten 25.960 Fahrzeuge die zulässigeHöchstgeschwindigkeit – genau 408 mehr als im Vergleichszeitraum 2021. 77 Prozent der beanstandeten Fahrzeuge wurden dabei durch eine der 15 stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen erfasst, der Rest wurde vom kreiseigenen Radarwagen an einer der 250 Messstellen &bdquo;geblitzt“. An den stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen fuhr durchschnittlich jedes 333. Fahrzeug zu schnell. 2021 war es noch jedes 307. Fahrzeug, so der Kreis. Die höchste Verstoßquote wurde auf der L770 in Hille westlich der L803 verzeichnet, wo jeder 220. Verkehrsteilnehmer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hat. Bis zum 30. November wurden insgesamt Verwarnungs- und Bußgelder von mehr als 1,6 Millionen Euro eingenommen.Der Grund für die Kontrollen ist die Tatsache, dass Geschwindigkeitsverstöße laut Polizeistatistik noch immer Unfallursache Nummer Eins sind. Zudem nehmen Unfallfolgen und -wahrscheinlichkeit mit der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung zu.

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