Vierfache Mutter aus Syrien hilft in Bad Oeynhausen anderen geflüchteten Eltern

Bad Oeynhausen. Wie wird in Deutschland der Müll getrennt? Wo finde ich einen Arzt? Wo kann ich Deutsch lernen? Und vor allem: Wie tickt Deutschland und der Deutsche und speziell der Ostwestfale? Dinge, die Ghadir Almalla Rashid in der Ausbildung zur ehrenamtlichen Elternbegleiterin gelernt hat. Die 34-Jährige, die seit sieben Jahren in Bad Oeynhausen lebt, hilft anderen neuen Menschen in der Kurstadt. Sie ist Ansprechpartnerin für Flüchtlinge aller Nationen. &bdquo;Ich habe gesehen, dass andere Hilfe brauchen“, sagt die vierfache Mutter. Sie helfe immer gern. In Deutschland allerdings sei das nicht immer einfach. Ghadir Almalla Rashid ist ein Beispiel, wie Integration gelingen kann. 2013 hat sie als 14-Jährige ihre Heimat Damaskus verlassen, hat drei Jahre in der Türkei gelebt, dort mit 15 geheiratet und mit 16 das erste Kind bekommen. 2016 kam die Kurdin dann mit Ehemann und Kindern nach Deutschland. Erste Station war Neubrandenburg. Das aber sei schwierig gewesen. Zum einen mit Deutschkursen. Zum anderen mit den Menschen, die Araber nicht wirklich willkommen geheißen hätten. Also zog die Familie für in halbes Jahr zu einem Onkel in Bielefeld und wollte dort Fuß fassen. &bdquo;Es gab keine Wohnung, keine Schule“, bilanziert sie. Durch Zufall fand die Familie dann eine Wohnung in Bad Oeynhausen und zog in die Kurstadt. &bdquo;Es ist so schön hier“, sagt Ghadir Almalla Rashid. &bdquo;So ruhig. Wir mögen es hier.“ "Ich möchte nicht nur kochen und putzen" Die 34-Jährige hat zwar jung geheiratet und vier Kinder, als Hausfrau enden möchte sie trotzdem nicht. Sie wolle nicht nur kochen und putzen. &bdquo;Ich kann das freiwillig für mich entscheiden. Ohne, dass meine Eltern oder mein Mann für mich entscheiden“, sagt sie selbstbewusst. Ihre ganze Familie habe ihr immer signalisiert, dass das der richtige Weg für sie sei. Also drängte Ghadir Almalla Rashid darauf, Deutsch lernen zu wollen. Das aber ist nicht leicht. Wenige Plätze, volle Kurse, lange Wartezeiten. Ein Jahr, so sagt sie, habe es gedauert, bis sie einen Platz bekommen habe. Inzwischen hat die 34-Jährige ihre B1-Prüfung bestanden und arbeitet halbtags in einer Krabbelgruppe der Johanniter. Ihr Traum: &bdquo;Ich möchte eine Ausbildung zur Erzieherin machen. Oder wenn mein Deutsch nicht reicht, vielleicht zur Tagesmutter.“ Als die 34-Jährige vergangenes Jahr von der Stadt angesprochen wurde, ob sie sich eine Ausbildung zur Elternbegleiterin und einen ehrenamtlichen Einsatz vorstellen könne, hat Ghadir Almalla Rashid sofort zugesagt. &bdquo;Ich war stolz“, sagt sie lächelnd. Stolz, dass ihr in der Fremde eine solche Aufgabe zugetraut werde. &bdquo;Ich habe schon in den Deutschkursen gesehen, dass andere mehr Hilfe brauchen.“ Neben Arabisch spricht Rashid Türkisch, Kurdisch und nun Deutsch. Die viermonatige Ausbildung wird durch das Bundesprogramm &bdquo;Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ des Bundesministeriums für Familie und einer Kooperation der Stadt mit dem Esta-Bildungswerk, möglich. Vermittler für andere Flüchtlinge Familien, die zum Beispiel erst seit kurzem in Bad Oeynhausen wohnen, sind oft nicht mit den hiesigen Institutionen, Behörden, Bildungssystemen oder bereits bestehenden Hilfsangeboten vertraut. Elternbegleiter sollen Familien bei alltäglichen Problemen unter die Arme greifen und die richtige Hilfe und Beratung für sie finden. Die Begleiterinnen und Begleiter bauen Vertrauen zu den Familien auf und nehmen eine Vermittlerrolle ein, indem sie die Familien an die zuständigen Behörden und Institutionen weiterleiten. Insgesamt tragen die Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter somit einen wichtigen Teil zur erfolgreichen Integration bei. Ghadir Almalla Rashid hat aber nicht nur Dinge über Institutionen und Behörden gelernt, sondern auch über die Deutschen. &bdquo;Das hat auch mir persönlich geholfen. Ich verstehe die Menschen jetzt besser“, sagt sie. Und verlor einen Teil ihrer Ängste. &bdquo;Ich hatte immer Angst in Deutschland. Vor der Polizei, vor der Ausländerbehörde. Jetzt aber nicht mehr.“ Die Familie ist angekommen. Die Kinder (18, 16, 11 und 9) gehen hier zur Schule, der Große steht kurz vor dem Abitur, der Ehemann arbeitet als Fliesenleger. &bdquo;Wir haben uns ein Haus gekauft“, berichtet die 34-Jährige stolz. &bdquo;Und wir haben alle den deutschen Pass.“ Auch wenn der Start in der Fremde schwer gewesen sei: &bdquo;Es kommt alles – aber langsam.“ Die Bad Oeynhausener hätten sie gut aufgenommen, die Kinder schnell Deutsch gelernt. &bdquo;Sie haben Freunde aus allen Nationen“, betont Rashid. Das sei ihr wichtig: &bdquo;Nicht nur Araber“, winkt sie ab. So lerne die ganze Familie viele schöne Dinge aus aller Welt. &bdquo;Wir feiern und machen alles mit, was gut ist und Spaß macht“, sagt sie lachend. Auch Weihnachten habe einen Stellenwert gehabt. Ghadir Almalla Rashid ist glücklich. Und strahlt das auch aus. Genau wie ihre Hilfsbereitschaft. &bdquo;Ich kann nicht, nicht helfen“, sagt sie. &bdquo;Ich muss helfen und versuche immer, alles möglich zu machen, wenn jemand Hilfe braucht.“ Sie sei da, höre zu und vermittele. In Ostwestfalen ist das Helfen aber nicht immer leicht. &bdquo;Der Deutsche möchte keine Hilfe“, hat sie beobachtet. Da werde sie manches Mal schief angeschaut. Daran hat sich die 34-Jährige gewöhnt. So ist er halt, der Bad Oeynhausener.

Meistgelesen