Poetische Quellen: "Das Literaturfest funktioniert - auch wirtschaftlich"

Herr Bökenkröger, Herr Poggemöller, welche Veranstaltungen werden Sie in diesem Jahr beim Literaturfest Poetische Quellen besuchen? Bernd Poggemöller: Ich habe in diesem Jahr meinen Kollegen Lars Bökenkröger gebeten, auch die Eröffnungsgrußworte zu übernehmen, weil ich im Ausland bin. Unsere polnische Partnerstadt Mielec feiert 550 Jahre. Da sind wir mit einer Delegation zu Gast. Na gut, diese Ausrede können wir akzeptieren. Auf welche Veranstaltung – außer Ihrer Eröffnungsrede – freuen Sie sich, Herr Bökenkröger? Lars Bökenkröger: Ich bin seit Jahren regelmäßiger Besucher der Poetischen Quellen, insbesondere der Sonntagsgespräche. Das habe ich immer als sehr inspirierend und anregend erlebt. Gibt es für Sie denn einen persönlichen Favoriten im Programm? Poggemöller: Favorit ist für mich immer auch Jürgen Keimer. Seine zurückhaltende Moderation ist für mich immer ein Highlight. Ansonsten finde ich interessant die Veranstaltung mit Eugenia Senik. Sie erzählt aus ihrer Perspektive als Obdachlose, als Ukrainerin. Bökenkröger: Was aus meiner Sicht auch immer gut gelingt, ist die Verbindung von Musik und Literatur am Mittwochabend vor der Eröffnung in der Auferstehungskirche. Insgesamt schaffen wir es mit dieser Veranstaltung, Literatur wieder zum Gesprächsthema zu machen. Hatten Sie in den vergangenen Jahren einen Lieblingsgast bei den Poetischen Quellen? Poggemöller: Ja, die hat es schon gegeben. Ich habe das ja von Anfang an mitverfolgt. Unvergessen ist Roger Willemsen, der auch die Massen angezogen hat. Sarah Wagenknecht ist auch dagewesen, hat auch funktioniert. Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Auch die Besuche von Leoluca Orlando oder Nobelpreisträgerin Hertha Müller waren Erlebnisse. Welche Bedeutung hat die Veranstaltung für die beiden Städte? Bökenkröger: Das ist ein Format, das weit über die Stadtgrenzen hinaus Beachtung findet. Das zahlt auch auf das Profil ein, das wir als Stadt Bad Oeynhausen entwickelt haben und entwickeln wollen. Als Stadt mit einer starken Kulturszene. Kommen tatsächlich Menschen zum Literaturfest, die sagen: Mit Bad Oeynhausen oder Löhne konnte ich vorher gar nichts anfangen? Aber ist ja toll hier? Bökenkröger: Das Literaturfest zieht tatsächlich die Zielgruppen, die sich für Literatur interessieren, hierher. Gilt das für Löhne auch? Oder haben Sie festgestellt, dass man die Poetischen Quellen doch eher mit Bad Oeynhausen verbindet? Poggemöller: Wir haben für den Park des magischen Wassers von Anfang an ein breites Paket anbieten wollen aus Veranstaltungen. Wir haben sehr populäre Veranstaltungen, aber auch Spitzenveranstaltungen wie die Poetischen Quellen, die einen sehr hohen Anspruch haben. So was wünscht man sich doch als Bürgermeister. Genau das aber wird ja auch seit Anbeginn der Poetischen Quellen diskutiert: Ist dieser Anspruch nicht zu hoch? Wäre es nicht glücklicher, das Programm ein wenig populärer zu gestalten? Im Interview zum Zehnjährigen der Poetischen Quellen haben sich die beiden damaligen Bürgermeister, Klaus-Mueller Zahlmann und Heinz-Dieter Held, mehr populäre Autoren, mehr literarische Zugpferde gewünscht. Teilen Sie diesen Wunsch? Poggemöller: Das ist ja ein fortwährender Diskurs, auch zwischen dem Träger und dem Leiter der Poetischen Quellen, Michael Scholz. Natürlich freuen wir uns alle, wenn wir viele, viele, möglichst auch zahlende Besucher haben. In der Gesellschafterversammlung wird das Programm ja diskutiert, dort werden auch Wünsche geäußert – die auch erfüllt werden. So war ein Wunsch, in Löhne auch mal wieder eine schöne Veranstaltung zu haben. Nun haben wir in diesem Jahr am Sonntagmorgen das Autorenfrühstück im Alten Wartesaal des Löhner Bahnhofs. Aber es ist auch so, dass diese Veranstaltung eine bestimmte Qualität hat. Und der Zuspruch hat der Konzeption von Herrn Scholz ja auch recht gegeben. Also sind sie mit dem Programm rundum zufrieden? Poggemöller: Herrn Scholz ist es wieder gelungen, eine Veranstaltung zu konzipieren, die konstant ist, mit neuen Autoren wie mit etablierten. Bökenkröger. Wir beide als Bürgermeister sollten auch nicht den Anspruch haben, großen Einfluss auf das Programm zu nehmen. Und der Zuspruch war in den vergangenen Jahren stets groß, ohne allzugroße Schwankungen. Viele Veranstaltungen sind ausverkauft. Das Programm spricht schon die Menschen an, die neugierig sind, neue Autoren kennenzulernen. Und was sind Ihnen die Poetischen Quellen wert? Oder konkreter gefragt: Was steuern Löhne und Bad Oeynhausen zur Finanzierung des Literaturfestes bei? Poggemöller: In den Durchführungshaushalt der Aqua Magica GmbH zahlen beide Städte jährlich knapp 200.000 Euro ein, für die Parkunterhaltung, die Veranstaltungen und sonstigen Aufwendungen der Gesellschaft. Nun wird man keinen Gewinn mit dem Literaturfest machen. Wie groß ist denn das Defizit, das die Aqua Magica GmbH für die Poetischen Quellen ausgleichen muss? Poggemöller: Die Kosten der Poetischen Quellen können komplett durch Sponsorengelder und die Einnahmen gedeckt werden. Wenn man die Personalkosten außen vor lässt. Michael Scholz ist es in den letzten Jahren gelungen, die Sponsoring-Beiträge in eine Größenordnung zu führen, die jedes Mal in der Gesellschafterversammlung sprachlos macht. Wächst die Summe jedes Jahr? Poggemöller: Ja, es gab sogar in Coronazeiten noch einen deutlichen Schritt nach oben. In welcher Größenordnung bewegen sich die Sponsoring-Beiträge? Poggemöller: Das sind knapp 60.000 Euro im Jahr 2021 gewesen. Geld, das allerdings jedes Jahr wieder neu eingeworben werden muss. Wie viel kommt an Eintrittsgeld zusammen? Poggemöller: Gut 10.000 Euro. Beides zusammen deckt die Kosten der Veranstaltung. Das Thema in diesem Jahr lautet: Mut zum Unmöglichen. Wo braucht ein Bürgermeister diesen Mut? Poggemöller: Wir befinden uns aktuell in einer Situation, in der man auch an das Unmögliche denken muss. In der man auch über Visionen nachdenken muss, um seine Ziele zu erreichen. Auch wenn die Coronakrise abebbt, kommen andere Situationen auf uns zu – Gasmangel, Strommangel, Inflation. Wenn man da als Gesellschaft bestehen will, muss man auch mal an das Unmögliche denken. Bökenkröger: Wir sind in Zeiten, in der man auch den Mut haben muss, neue Wege zu gehen. Dass sich gerade mehrere Krisen überlagern, ist schon sehr fordernd, für die Politik, für die ganze Gesellschaft. Da braucht es auch Personen, die vorangehen und auch mal anders denken. Wo ist für Sie aktuell am meisten Mut gefordert? Poggemöller: Wir brauchen Zusammenhalt, mehr denn je. Wenn sich jeder ein Stückchen zurücknimmt, beim Wasser, beim Gas, beim Strom, dann bedeutet das für jeden Einzelnen nur eine kleine Einschränkung, in der Summe wäre es aber für unsere Gesellschaft ein Riesenschritt nach vorn. Bökenkröger: Weniger Egoismus, mehr Miteinander, das kann schon ein Rezept sein, die Krisen zu bestehen. Ich glaube, die kommenden Monate werden da sehr fordernd sein.

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