Überall Müll und Dreck: Zumutungen im Obdachlosenheim

Bad Oeynhausen. Freie Flächen sind rar. Doch dort, wo der Boden in diesem Zimmer noch sichtbar und betretbar ist, wird's klebrig. Kleidungsstücke liegen verstreut, Tüten und Taschen stehen herum, überall lauert der Dreck. "Ich hatte wirklich kein Vier-Sterne-Hotel erwartet", sagt Rolf E., dem die Stadt das Zimmer im Obdachlosenheim in der Königstraße kurzfristig als Unterkunft angeboten hat. Und das der 73-Jährige wohl oder übel annehmen musste, weil er sonst keine Bleibe hat. "Aber solch ein Zustand ist doch menschenunwürdig", findet E. Dass er in seinem Leben nicht alles richtig gemacht hat, daraus macht E. keinen Hehl. Der ehemalige Banker, der aus dem Rheinland stammt und seit 2016 in Bad Oeynhausen lebt, berichtet, dass er wegen Betruges zu einer Haftstrafe verurteilt worden sei, aus der er im Juni nach 16 Monaten vorzeitig entlassen wurde. Zunächst habe er einige Wochen in einem Hotel in Bad Oeynhausen wohnen können, das ihm einen günstigen Preis gemacht habe. Finanziert habe er das mit Geld, das er im Laufe der Jahre sparen konnte. Doch das Ersparte ist inzwischen aufgebraucht, und aus dem Hotel musste E. ohnehin ausziehen, da sein Zimmer anderweitig vermietet war. "Sie müssen hier ja nicht wohnen" Und so stand der 73-Jährige, der aufgrund eines Hüftleidens gehbehindert ist, am Donnerstag buchstäblich auf der Straße. Er bat die Stadt um Hilfe, die diese auch umgehend gewährte. Schon um 11 Uhr hatte E. einen Termin mit dem Hausmeister der Obdachlosenunterkunft in der Königstraße. Der Hausmeister sei sehr freundlich und hilfsbereit gewesen. "Er hat mir meinen Koffer und den Karton mit meinen Sachen die Treppe hochgetragen", berichtet der gehbehinderte E. Dann aber habe er sein Zimmer gesehen. "Da hat mich fast der Schlag getroffen", sagt der 73-Jährige. "Der Raum lag voller Müll, der Boden klebte, alles war verdreckt. Ein Schweinestall", sagt E. Und in dieser Richtung äußerte er sich auch dem Hausmeister gegenüber. Was der eher knapp mit einem "Sie müssen hier ja nicht wohnen" kommentiert habe, so berichtet Rolf E. Mangels Alternative musste er doch. "Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mit allen Klamotten geschlafen", berichtet E. am Freitagmorgen über seine erste Nacht im Obdachlosenheim. Von der Stadt gibt es am Freitagmorgen gute Nachrichten: Das Ordnungsamt bietet E. ein anderes Zimmer in der Unterkunft an. "Das ist schon ein wenig besser", findet E. Zwei Drittel der Plätze für Obdachlose sind belegt Volker Müller-Ulrich, Pressesprecher der Stadt, vermutet, dass Müll und Dreck in dem Zimmer sehr wahrscheinlich von einem Mitbewohner stammen. "In dem konkreten Fall wurde die Entscheidung getroffen, die Person in dem Zimmer unterzubringen, auch wenn die dort bereits untergebrachte Person ein Ordnungsproblem hat. Nach dem Erstkontakt mit der neu unterzubringenden Person schien hier die Wahrscheinlichkeit am größten, dass die beiden Personen am ehesten als Zimmergemeinschaft miteinander auskommen können", erklärt Müller-Ulrich. Die Stadt halte Unterkünfte für Menschen vor, die kurzfristig ihr Obdach verlieren und nicht anderweitig unterkommen können, erläutert der Pressesprecher das Grundsätzliche. "Es stehen 27 Betten zur Verfügung. Davon sind derzeit 18 belegt." Zusätzlich gebe es ein Zimmer, das für Notfälle leer bleibe, um kurzfristig, zum Beispiel nachts, zur Unterbringung zur Verfügung zu stehen. Die Unterkunft in der Königstraße biete Einzel- und Doppelzimmer. Einzelzimmer aber stehen laut Müller-Ulrich nur dann zur Verfügung, wenn über einen längeren Zeitraum die Zahl der unterzubringenden Personen so gering sei, dass jeweils nur eine Person in einem Zimmer ist. "Das ist aber momentan nicht der Fall", sagt der Stadtsprecher. Sollten bereits alle Zimmer teilweise belegt sein, stehe der Sachbearbeiter der Stadtverwaltung vor der Herausforderung, in kürzester Zeit eine Abwägung zu treffen, zu wem die neu unterzubringende Person ins Zimmer kommt. "Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass in Unterkünften dieser Art erfahrungsgemäß ein breites Spektrum an Persönlichkeiten vorübergehend wohnt", erläutert Müller-Ulrich weiter. "Ich habe gedacht, ich schaffe das auch allein" "Auf eigenen Wunsch hin wurde der neu untergebrachten Person heute Morgen ein anderes Zimmer zugewiesen", so der Pressesprecher am Freitagmorgen. Was die Situation für Rolf E. erstmal ein wenig entspannt. E. räumt auch ein, dass es schlauer gewesen wäre, er hätte sich nicht erst an dem Tag an die Stadt gewandt, als er keine Bleibe mehr hatte. "Aber ich habe gedacht, ich schaffe das auch allein", sagt er. Der 73-Jährige kritisiert allerdings, dass es in der Unterkunft an der Königstraße noch einige Unzumutbarkeiten, auch im Bereich der Duschen und des Gemeinschaftsraumes, gebe. "Auch wenn es nur ein Obdachlosenheim ist: Es muss doch menschenwürdig sein. Das gehört doch auch zur Fürsorgepflicht der Stadt", sagt Rolf E.

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