Die Autobahn-Reiniger: Auf A 2 und A 30 unterwegs

Bad Oeynhausen/Löhne. Bananen, Waschmaschinen, Klärschlamm, Hygieneartikel, Lkw-Ladungen voller Fisch, Schweine- und Rindfleisch oder Holztüren - es gibt kaum etwas, das die beiden Bergungsexperten Michael Scherer und Stephan Dittberner mit ihren Teams noch nicht von den Autobahnen A 2 und A 30 aufgelesen haben. Michael Scherer ist Betriebsleiter der Kottmeyer Transport GmbH, die ihren Sitz an der Brückenstraße hat, und Stephan Dittberner ist Inhaber des D & B Pannen- und Bergungsunternehmens an der Vlothoer Straße in Bad Oeynhausen. Seit 20 Jahren arbeiten die beiden in puncto Bergung Hand in Hand. "Das ist leider nur zu oft wörtlich zu nehmen, denn zu mehr als 99 Prozent ist das Bergen der Ladung Handarbeit", sagt Dittberner. Und die ist manchmal nicht nur eklig - etwa bei einer Lkw-Ladung voller Fisch im Hochsommer - sondern mitunter auch gefährlich. Als ein Beispiel nennt Scherer einen verunglückten Lastwagen auf der Lübbecker Straße in Bünde-Spradow. "Der hatte Bromsäure und Aluminiumgranulat für eine Zigarrenfabrik geladen. Auf der Fahrbahn vermischten sich Säure und Granulat und das führte zu Explosionen", erinnert sich Michael Scherer an diese gefährliche Situation. Spezialisten der BASF-Werksfeuerwehr mussten anrücken, um die Ladung für den Abtransport zu behandeln. Nicht immer ist die Gefahr gebannt, wenn die Ladung geborgen und abtransportiert ist. Eine Ladung Granulat aus Gülle und Mais habe sich immer wieder selbst entzündet. "Vier mal musste die Feuerwehr zu uns ausrücken", erinnert sich Michael Scherer. Lkw bricht in der Mitte durch Sehr gefährlich entwickelte sich ein anderer Unfall auf der A 30 bei Bünde. Ein mit Kunststoffrollen beladener Lkw war in Brand geraten. "Nachdem der Brand von der Feuerwehr gelöscht worden war, wollten wir den Lkw bergen", berichtet Michael Scherer. Doch durch die extreme Hitze war der Lkw so sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, dass er bei dem Bergungsversuch in der Mitte durchbrach. "Manchmal wissen die Fahrer auch nicht, was sie geladen haben oder sie verstehen uns nicht oder sie sind zu geschockt durch den Unfall, dass sie es nicht sagen können", erzählt Stephan Dittberner. Dann müsse erst ein Experte gerufen werden, der die Ladung bestimmt - wenn es sich beispielsweise um Säcke voller auf den ersten Blick undefinierbarem schwarzen Pulver handelt. Einsatzgebiet erstreckt sich über ganz OWL Alarmiert werden Dittberner und Scherer meistens von der Polizeileitstelle. "Wir werden bei Unfällen gerufen, aber auch wenn die Polizei Fahrzeuge und ihre Ladung sichergestellt hat", sagt Dittberner. Die polizeiliche Sicherstellung kann verschiedene Gründe haben. Etwa wenn die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert ist oder die Eigentumsverhältnisse der Ladung nicht geklärt sind. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich über ganz OWL. Für die Autobahnen bedeutet dies: Auf der A 2 geht es bis Bad Eilsen und auf der A 30 bis Bruchmühlen. "Wir sind aber nicht alleine für die Bergungen zuständig, es sind auch noch andere Unternehmen im Einsatz", so Dittberner. Manchmal liegt die Arbeit sogar unweit der eigenen Haustür. Stephan Dittberner erinnert sich an einen Lkw-Unfall auf dem Autobahnzubringer in Bad Oeynhausen. "Der Lkw hatte Holztüren geladen. Der Fahrer hatte die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und der Wagen ist umgekippt, die Ladung verteilte sich auf der Fahrbahn." Oft wissen die beiden nicht exakt, was sie an einer Unfallstelle erwartet. "Wir fahren erst mal mit einem Pkw voraus und lassen dann die Geräte nachkommen, die wir brauchen." Meistens sind dies der Werkstattwagen, ein Fahrlift zum Bergen und Abschleppen, ein Rüstfahrzeug mit Bergungsmaterialien, Radlader, Gabelstapler sowie Lkw mit Transportmulden. Sollte ein Kran benötigt werden, wird das Mindener Unternehmen Autorent hinzugezogen. Wird eine besondere Expertise bei der Ladungssicherung gebraucht, kommt das Unternehmen R&D Transporte aus Kirchlengern ins Spiel. 26 Tonnen Rotwein auf dem Autohof Diese Unterstützung war notwendig bei einem verunglückten Schwerlasttransport, der eine komplette Eisenbahnbrücke geladen hatte. Bei manchen Unfällen liegt die Hauptarbeit auch abseits der Autobahn. "Im Dezember 2018 mussten wir bei Schneeregen zu einem Lkw-Unfall auf der A 2 bei Exter. Ein Pkw hatte auf schneeglatter Fahrbahn die Vorderachse des Lkw touchiert. Der Lkw-Fahrer hat bei dem Versuch auszuweichen die Schutzplanken durchbrochen, war dann die Böschung heruntergekugelt und auf dem angrenzenden Feld zum Liegen gekommen. Die Ladung, ein Fertighaus in Einzelteilen, verteilte sich auf dem Acker. Das waren so viele Steine, das hat ewig gedauert", erinnert sich Stephan Dittberner. Als sehr kleinteilig und mit kaum zu ertragender Duftnote entpuppte sich eine Bergung am Autohof Porta Westfalica. Der Fahrer hatte 26 Tonnen Rotwein geladen, er erwischte die Kurve zum Autohof nicht richtig und rutschte mit seinem Fahrzeug die Böschung runter. Zu diesem Einsatz wurden Michael Scherer und sein Team von der eigenen Weihnachtsfeier weggerufen. "Das war nicht schön, da wurde einem schon beim Einatmen schlecht." In beiden Fällen hat es mehr als 15 Stunden gedauert, bis der verunglückte Lkw samt Ladung geborgen war. Die verunglückten Fahrzeuge stehen dann auf den Hof von Stephan Dittberner und warten darauf, von den Spediteuren abgeholt zu werden. "Das klappt meistens relativ schnell", sagt Dittberner. Mit der Ladung sei es oft etwas heikel. "Da muss erst geklärt werden, ob die Ladung noch abgeholt wird oder ob sie entsorgt werden muss", erzählt Michael Scherer. Das können wenige Stunden, Tage, manchmal aber sogar mehrere Monate dauern. "Einmal hatten wir einen Container mit Reinigungsmitteln hier stehen", sagt Scherer. Die Ladung sei völlig intakt gewesen, aber niemand hätte sie mehr haben wollen. "Die hat ein ganzes Jahr bei uns gestanden."

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