Arzt aus Bad Oeynhausen muss nach sexuellem Missbrauch ins Gefängnis

Bad Oeynhausen/Bielefeld. Nein, dieses Urteil entsprach sicherlich nicht der Erwartung des Angeklagten: Das Bielefelder Landgericht verurteilte nun einen 66-jährigen Arzt aus Bad Oeynhausen wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses nicht zu der von ihm angestrebten Bewährungsstrafe, sondern zu zwei Jahren und vier Monaten Haft. Der Angeklagte hatte sich vor dem Landgericht gegen ein Urteil des Amtsgerichts Herford gewehrt, das ihn im Juni des vergangenen Jahrs zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt hatte. Während er erstinstanzlich noch geschwiegen hatte, hatte der 66-Jährige die gegen ihn erhobenen Vorwürfe am vorangegangenen Verhandlungstag vor dem Landgericht durch eine Erklärung seiner Verteidigerin Nicole Friedrich eingeräumt. Arzt hatte bereits zwei Abmahnungen erhalten Demnach hatte der Angeklagte, der zur Tatzeit in der Reha-Klinik Porta Westfalica in Bad Oeynhausen tätig war, im April 2018 zwei Patientinnen während Untersuchungen unter anderem im Schambereich berührt. Dass dies jedoch nicht die einzigen derartigen Vorfälle gewesen sein dürften, lässt sich aus zwei Abmahnungen ableiten, die der Angeklagte wegen ähnlicher im Raum stehender Vorwürfe bereits vor den nun in Rede stehenden Taten erhalten hatte. Eine ehemalige Patientin des Arztes hatte am vorangegangenen Verhandlungstag "vollkommen glaubhaft" - so der Vorsitzende Richter Thorsten Gerdes in der Urteilsbegründung - von Übergriffen aus dem Jahr 2017 berichtet. Geständnis mit nur "eingeschränktem Wert" Mit dem Urteil lag die Kammer über den Anträgen von Verteidigung, Staatsanwaltschaft und sogar der Vertreter der Nebenklage. "Wir rechnen es dem Angeklagten an, dass er doch noch aus der Deckung gekommen ist", sagte Richter Gerdes in der Urteilsbegründung, "doch messen wir dem Geständnis nur einen eingeschränkten Wert bei". Die Beweislage sei sehr dicht gewesen, auch in zweiter Instanz hätten die beiden betroffenen Frauen - wenngleich nicht allzu detailliert - abermals als Zeuginnen gehört werden müssen. "So ein Verfahren ist für die Opfer belastend", sagte Gerdes. Die Folgen der Tat seien für die Opfer massiv gewesen, es seien sogar Beziehungen daran kaputtgegangen. Eine der Zeuginnen habe, so Gerdes, nun Schwierigkeiten, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, weil sie Mitarbeitern des Gesundheitswesens misstraue. Dass vorangegangene Missbrauchserfahrungen die Situation sicherlich verschlimmert hätten, sei jedoch kein Umstand, den man möglicherweise als mildernd betrachten müsse. Kein Täter habe einen Anspruch darauf, auf psychisch und körperlich gesunde Opfer zu treffen - dies gelte insbesondere in einem Krankenhaus. An die beiden Zeuginnen gerichtet sagte Gerdes: "Sie trifft hier keinerlei Schuld." Beide Frauen hatten sich zunächst selber noch Vorwürfe gemacht, in die damalige Situation geraten zu sein. "Nein, der Angeklagte hat die Situation ausgenutzt", sagte Gerdes. Richter spricht von einem "Versagen der Klinikleitung" Das anfängliche Unbehagen der Frauen, sich zu offenbaren, sei sicherlich auch durch das Verhalten der Klinikleitung verstärkt worden, die beiden Opfern eine Mitverantwortung habe zuschustern wollen, hieß es in der Urteilsbegründung: "Das war sicherlich ein Versagen der Klinikleitung, die es für die Frauen nur schlimmer gemacht hat", fand der Vorsitzende Richter deutliche Worte. Ebenso deutlich wurde Gerdes gegenüber dem Angeklagten: "Es gab schon zwei Abmahnungen, sie hatten schon die gelbe Karte und Gelb-Rot gesehen." Dennoch sei es zu weiteren Taten gekommen: "Sie haben ihre Lektion nicht gelernt." Nachdem die beiden Frauen ihn bei der Polizei angezeigt hatten, hatte der Mediziner schließlich auch die Kündigung seines damaligen Arbeitgebers erhalten. Zwar war er im Anschluss noch kurzzeitig in einer anderen Klinik als Arzt tätig, doch ist ihm die Approbation mittlerweile durch die Bezirksregierung entzogen worden. "Wir wollen nicht, dass er noch weiter als Arzt in Deutschland arbeitet. Er wird auch nicht mehr als Arzt in Deutschland arbeiten können", führte Richter Gerdes aus. Die sei richtig so - auch, um die Gesellschaft zu schützen. Gerdes: "Der bislang nicht vorbestrafte Angeklagte muss mit 66 Jahren erstmalig in den Strafvollzug. Er steht nun vor den Trümmern seines Lebenswerks."

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