Kurzarbeit: Arbeitsrechtlerin beantwortet die wichtigsten Fragen

Arbeitsrechtlerin Nadine Schlutter aus der Kanzlei Ludewig klärt Arbeitnehmer und Arbeitgeber über einige Punkte auf.

Die Kanzler der Ludewig Rechtsanwälte in Bad Oeynhausen. | © Heinrich Petkau

17.04.2020 | 17.04.2020, 14:20

Bad Oeynhausen. Arbeitnehmer fallen krankheitsbedingt aus, Aufträge verschieben sich oder werden gar nicht erst erteilt – der Betrieb ist gestört, aber der Arbeitgeber bleibt gleichwohl zur Lohnzahlung verpflichtet. Neben Krediten und Soforthilfen für kleine und mittelständische Unternehmen (KUM) stellt aber auch die Beantragung von Kurzarbeitergeld eine Möglichkeit zur Überwindung der Krise dar.

"Die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist grundsätzlich gesetzlich geregelt", erklärt Arbeitsrechtlerin Nadine Schlutter. Aufgrund der Covid-19-Pandemie und ihrer massiven und flächendeckenden Auswirkungen, wurden die Voraussetzungen zur Gewährung jedoch erheblich vereinfacht. "Das alles soll bis zum 31. Dezember 2020 gelten", erklärt Schlutter, die in der Kanzlei Ludewig Rechtsanwälte arbeitet. Beantragt werden kann Kurzarbeitergeld bereits dann, wenn zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. "Bisher musste ein Drittel der Belegschaft betroffen sein." Außerdem werde auch auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet. Und es sei vorgesehen, so Schlutter, dass auch die Sozialversicherungsbeiträge teilweise oder vollständig erstattet würden.

Zuerst der Arbeitsagentur melden

Arbeitsrechtlerin Nadine Schlutter. - © Heinrich Petkau
Arbeitsrechtlerin Nadine Schlutter. | © Heinrich Petkau

Zuerst muss der Bundesagentur für Arbeit der Fall genannt werden, dann sei ein Antrag auf Gewährung von Kurzarbeitergeld (Formular nutzen) zu stellen und letztendlich müsse der Arbeitsausfall mit Nachweisen zur Corona-Bedingtheit glaubhaft gemacht werden. Gibt es einen Betriebsrat, muss dessen Zustimmung angefügt werden, oder ansonsten die Zustimmung jedes betroffenen Arbeitnehmers eingeholt und der Arbeitsagentur vorgelegt werden. Binnen 15 Tage sollte der Bescheid der Arbeitsagentur eintreffen. "Der Arbeitgeber ist zur korrekten Berechnung des Kurzarbeitergeldes verpflichtet", erklärt Schlutter. Das Geld geht von der Arbeitsagentur an den Arbeitgeber und wird von dort an die Arbeitnehmer verteilt. "Im Idealfall wird es vom Arbeitgeber aufgestockt."

Für die Antragstellung wird angeraten unbedingt die von der Arbeitsagentur zur Verfügung gestellten Formulare zu benutzen, die unter folgendem Link zu finden sind: www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-uebersicht-kurzarbeitergeldformen.

Auch Urlaub darf zuerst abgebaut werden

Nadine Schlutter: "Bevor jedoch ein Antrag auf Zahlung von Kurzarbeitergeld gestellt werden darf, ist der Arbeitgeber nach wie vor dazu verpflichtet, alle Maßnahmen zur Vermeidung des Arbeitsausfalles zu ergreifen. Dazu gehört auch, dass zunächst Urlaub gewährt werden muss und positive Arbeitszeitguthaben, also Überstunden, abgebaut und aufgelöst werden."

Die Höhe des KuG berechnet sich wie folgt: "Der Arbeitnehmer bekommt 60 Prozent, mit Kind 67 Prozent des konkreten Entgeltausfalls. Im schlimmsten Fall, also bei bis zu 100 Prozent Ausfall nur 60 Prozent vom Lohn", so Schlutter. Wird aber zu 50 Prozent weitergearbeitet, dann werden auch 50 Prozent regulär vergütet und auf die andere Hälfte gibt es dann 60 oder 67 Prozent Kurzarbeitergeld. In einigen Betrieben wird zusätzlich aufgestockt. "Das wiederum heißt, dass der Arbeitgeber die Zahlung der Agentur für Arbeit bis zu 80, 90 oder gar 100 Prozent aufstockt. Solche Regelungen können in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder auch den einzelnen Arbeitsverträgen verankert sein. Denkbar ist, insbesondere derzeit, auch eine freiwillige Aufstockung durch den Arbeitgeber." Neu sei, dass nun auch Leiharbeiter in den Genuss von Kurzarbeitergeld kommen können.