Stolpersteine erinnern an alle jüdischen Opfer aus Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. 27 der kleinen glänzenden Steine haben Pfarrer Lars Kunkel und der Verein "Stolpersteine" bereits verlegt. Wenn am Freitag, 13. Dezember, weitere sieben Steine von Künstler Gunther Demnig in die Gehwege an Portastraße, Kaiserstraße und Bahnhofstraße gesetzt werden, ist aller aus Bad Oeynhausen deportierter Juden gedacht. 34 Steine werden dann an 34 Menschen erinnern, von denen der Großteil sein Leben im Konzentrationslager lassen musste. nw.de gibt einen Überblick. 1. Elfriede Bartz, geborene Cantor, wurde am 18. April 1874 in Bad Oeynhausen geboren, später deportiert und am 1. Februar 1944 in Auschwitz getötet. Sie war im Frauenlager Birkenau untergebracht, wohin mindestens 1,1 Millionen Juden gebracht wurden. Schon im November 1943 war Elfriede Bartz im Bad Oeynhausener Polizeigewahrsam, was, so belegen Quellen, die Bürger der Stadt sehr ungehalten und unzufrieden werden ließ. Sie forderten, dass Bartz verschwinden solle. 2. Berta Vorreuter, geboren am 8. Juli 1870, wurde aus Bad Oeynhausen abgemeldet am 8. April 1941. Sie wurde am 30. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert und von dort am 23. September 1942 in das Vernichtungslager Maly Trostinec (südlich von Minsk) gebracht, wo sie verstarb. Berta war damals Schülerin der Luisenschule - während einigen ihrer Klassenkameradinnen die Flucht ins Ausland oder das Überleben in Deutschland gelang, gehört sie zu den Opfern des Holocausts. 3. Emma Vorreuter, geboren am 1. August 1860, verzog am 8. April 1941 zusammen mit ihrer Schwester nach Unna und wurde mit ihrer Schwester am 30. Juli 1942 nach Theresienstadt gebracht. Von dort kam sie ebenfalls am 23. September 1942 nach Maly Trostinec - der größte NS-Vernichtungsort auf dem Boden der ehemaligen Sowjetunion - und verstarb dort. 4. Thekla Wolf, geborene Mandelbaum, geboren am 6. Februar 1878, wurde am 29. Juli 1942 aus der Kurstadt abgemeldet. Am 1. August 1942 wurde sie zum Ghetto Theresienstadt deportiert und dort am 8. Juni 1943 umgebracht. 5. Liebmann Wolf, geboren am 26. Juni 1872, erlitt das gleiche Schicksal wie seine Frau und starb bereits am 10. Mai 1943 in Theresienstadt. 6. Wilhelm Wolf, geboren am 24. Februar 1904, verlässt die Kurstadt als 35-Jähriger am 25. Februar 1939 und wandert in die USA aus. Bis zu seinem Tod lebte er in West Virginia. 7. Adolf Wolf, geboren am 4. Februar 1876, wird am 29. Juli 1942 in Bad Oeynhausen abgemeldet und mit seinem Bruder und seiner Schwägerin am 1. August 1942 zum Ghetto Theresienstadt deportiert. Er hatte Glück und wurde am 8. Mai 1945 von der Roten Armee aus dem Ghetto befreit. 1946 kehrte er nach Rehme zurück, wanderte dann aber in die USA aus, wo er 1969 in New York verstarb. 8.-11. Berta und Hermann Grünenklee, sowie ihre Kinder Ilse und Heinz wurden 1941 aus Volmerdingsen deportiert. Während Heinz zur Zwangsarbeit nach Bielefeld gebracht wurde und 1941 im KZ Buchenwald starb, wurde der Rest der Familie im gleichen Jahr im Bielefelder Ghetto in Riga ermordet. Die Familie stand wie viele andere damals mitten im Leben, pflegte gute Kontakte zur Nachbarschaft, die Kinder hatten viele Freunde an der Schule - alle hielten es vermutlich niemals für möglich, dass der deutsche Staat sie nicht haben wollte. Bertas jüngerer Schwester Minna Salomon gelang 1939 die Flucht nach England. Hermann Grünenklees Antrag auf Ausreise dagegen scheitert. Auch der Fluchtversuch der Kinder über Holland zur Tante nach England zu kommen, war schon an der Grenze beendet. Volmerdingsen war damals deutlich nationalsozialistisch geprägt, es gab Fackelzüge durchs Dorf, eine Hitler-Eiche und Uniformierungen. 12. Max Grunsfeld. Konservenfabrikant, hatte Bad Oeynhausen eigentlich als Altersruhesitz gewählt. 1926 in die Kurstadt gezogen, endete die Familienidylle 1944, als Grunsfeld deportiert wurde und später im Arbeitslager von Preußen Elektra zum Kraftwerksbau in Lahde durch Genickschuss starb. Grunsfeld wähnte sich in Sicherheit, hatte er doch für seinen Einsatz im Ersten Weltkrieg das Eiserne Kreuz verliehen bekommen. Seine Enkelin Ellen Vogel war 2010 bei der Stolperstein-Verlegung vor Ort. Sie hütet den Familiennachlass, der in einer Metallkiste, vergraben im Garten der Tante, überlebte. Vogel weiß auch, dass das Judentum damals in der Familie nicht gelebt wurde. Schon in der Reichspogromnacht 1938 wurden in der Parkstraße die Scheiben eingeschlagen - und von einem Nachbarn des Nächtens still und heimlich erneuert. Die Töchter Ellen und Ingeborg wurden evangelisch getauft und mussten trotzdem später die Luisenschule verlassen. 13. Ludwig Back wurde 1941 nach Theresienstadt deportiert und von dort weiter nach Treblinca gebracht. Danach verliert sich seine Spur in Minsk. Nicht nur sein Tod, auch sein Leben lässt sich schwer rekonstruieren. Back zog 1912 mit seiner Frau Margarethe nach Bad Oeynhausen. Dort gründete er 1919 die erste Volkshochschule, die 1922 aufgelöst wurde. Danach eröffnete er ein Reisebüro, in der er Kulturreisen und Ausflüge anbot. Das Ehepaar emigrierte 1934 nach Brüssel, kehrte aber schon im gleichen Jahr in die Kurstadt zurück. 1942 starb seine Ehefrau an Krebs, danach wurde Back deportiert. 14.-16. Johanne Frank, Edith Ruth Frank und Paula Gans bekamen vor zwei Jahren ihre Stolpersteine. Johanne Frank, geborene Gans, wurde am 29. Juli 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert. Ihre Schwester Paula Gans wurde nur wenige Tage vor ihr, am 8. Juli 1942, evakuiert und am 8. März 1955 für tot erklärt. Edith Ruth Frank dagegen gelang 1939 die Flucht nach Birmingham in England. 17.-18. Bertha und Adolf Meyer, Mutter und Sohn, wurden am 1. August 1942 zum Ghetto Theresienstadt deportiert und am 15. Mai 1944 weiter zum KZ Auschwitz gebracht. Beide wurden am 7. Mai 1952 für tot erklärt, was in jüdischen Gedenkbüchern vermerkt ist. 19.-21. Lotte Caro und die Schwestern Hedwig und Julie Bibro bekamen ihre Stolpersteine an der Weststraße, wo die Drei zuletzt wohnten. Die Bibro-Schwestern führten dort eine Pension für Kurgäste. Caro wurde am 9. Dezember 1942 in Auschwitz ermordet. Auch Hedwig Bibro wurde 1942 vom Südbahnhof aus deportiert, wohin genau ist unklar, sie gilt als verschollen. Ihre Schwester Julie verstarb angesichts der drohenden Verschleppung im Haus an der Weststraße. Das Haus beherbergte 1941 die sogenannte "Juden-Wohnung", die durch Polizei und Stadt als letztes Obdach für Juden genutzt wurde, bevor sie in Vernichtungslager deportiert wurden. 22.-26. Ida und Edwin Frank, mit den Kindern Moritz, Herta und Grete, lebten an der Mindener Straße. Das Ehepaar Frank betrieb seit 1908 eine Metzgerei in der Stadt - ein angesehenes Geschäft. Sohn Moritz Frank gilt als Mitbegründer der heimischen Feuerwehr. Die Familie lebte in vierter Generation in der Kurstadt. Letztlich entschied die Familie in der NS-Zeit, sich zu trennen. Während sich Sohn Moritz aus Angst vor dem Terror bereits 1933 umbrachte, gelang Herta Frank die Flucht nach Uruguay. Dafür musste sie allerdings einen ihr bis dato unbekannten Mann heiraten. Die restlichen Drei überlebten den Terror des NS-Regimes nicht: Sie wurden im Juli 1942 deportiert und verstarben in Auschwitz. 27.-29. Jeanette und Willi Rosenbaum zogen mit Tochter Else 1930 in die Kurstadt und übernahmen das Geschäft für Haushalts- und Küchengeräte von Robert und Gertrud Küster an der Eidinghausener Straße. Nur fünf Jahre später wollten sie es bereits wieder verkaufen - der Grund waren die Boykotte der Nazis gegen jüdische Geschäfte. Doch weil das nicht klappte verschob sich immer wieder ihre Auswanderung. Die Familie wurde dann im März 1942 deportiert und starb im Warschauer Ghetto. Alle Drei wurden 1948 für tot erklärt. 30.-34. Benjamin und Frieda Berlinger zogen 1927 mit den Söhnen Manfred und Siegfried sowie Rosa Berlinger von Melbergen in die Kurstadt. Bis 1942 lebte die Familie an der Wiesenstraße, im Warschauer Ghetto verliert sich ihre Spur. Berlinger war Geschäftsführer im Modehaus Rüdenberg (später Eisenreich) und damit ein angesehener Mann, der zum gehobenen Bürgertum der Badestadt gehörte. Großmutter Rosa wurde am 29. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert und sollte dort ins sogenannte Alters-Ghetto. Sie überlebte mit ihren 91 Jahren den Transport nicht und starb am 8. August 1942 - vermutlich unmittelbar nach Ankunft des Zuges. Sie ist damit das älteste Holocaustopfer aus Bad Oeynhausen.

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