Amtsübergabe

Dirk Becker verabschiedet sich nach zehn Jahren

Bürgermeister Dirk Becker übergibt sein Amt an seinen Nachfolger Peter Heepmann. Die Verdienste des scheidenden Bürgermeisters werden von allen Parteien gewürdigt.

Verabschiedung Dirk Becker | © Gunter Held

Gunter Held
31.10.2025 | 31.10.2025, 18:20

Oerlinghausen. Noch nie hat Dirk Becker an einer Rede so lange „herumgedoktert“ wie an der, die er bei der Amtsübergabe an seinen Nachfolger als Bürgermeister, Peter Heepmann, gehalten hat. Im Gespräch mit der NW verriet er: „Ich sitze seit zwei Monaten dran und habe x Entwürfe weggeworfen.“

Dann sei ihm bewusstgeworden, dass er es niemandem mehr recht machen muss. Er kann reden, was er will. Seit dem 1. November ist Dirk Becker Privatier.

Eine innige Umarmung für seine Mutter. Und Petra, Dirk Beckers Gattin, schaut liebevoll zu. - © Gunter Held
Eine innige Umarmung für seine Mutter. Und Petra, Dirk Beckers Gattin, schaut liebevoll zu. | © Gunter Held

Es wurde emotional und Beckers rhetorisch geschulte Stimme klang ein bisschen belegt, als er seinen ersten Dank seinen Eltern aussprach, „denen ich alles verdanke. Vielen Dank Mama.“ Und natürlich dankte er seiner Frau Petra, „die manches aushalten musste“ und deren Traum „gewiss nicht ein Leben mit einem Berufspolitiker war“. „Für uns beginnt ein völlig neuer Lebensabschnitt, ein Leben in selbstbestimmter Freiheit.“ Und auch die Kinder Rosalie und Moritz bekamen ihren Dank. „Ich weiß, das ist euch jetzt schon peinlich.“ Aber wenn es auch manchmal nur ein paar Minuten am Tag gewesen sind, die er mit ihnen verbrachte, „reichte das, um durchzuatmen und um mich wohlzufühlen“.

Dank an Mitarbeiter und Ehrenamtliche

Es folgten der Dank an die Mitarbeiter der Verwaltung, an sein Leitungsteam, an seine Allzweckwaffe Thomas Kronshage als Chef auf dem Bauhof und bei der Feuerwehr. Auch an die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr wandte er sich und dankte für deren ehrenamtliches Engagement.

Horst Steinkühler nannte er ein Vorbild, „zu dem ich aufschaute. Und Günter Augustin bescheinigte er einen „maßgeblichen Anteil an meiner Kandidatur und Wahl im Jahr 2015“. Er habe im Verborgenen seit 2013 eine Allianz mit den Grünen und den Freien Wählern geschmiedet. Später sei noch die FDP als Unterstützer hinzugekommen.

Weiterhin bedankte er sich bei den Mitstreitern des Marketingvereins, einem Herzensprojekt von ihm, den ehrenamtlich Engagierten und Bürgern der Stadt, ebenso wie den Angehörigen der Patenkompanie 5/212 aus Augustdorf.

Drei Bürgermeister: Dirk Becker mit einem roten Bayern-Trikot von der CDU, Horst Steinkühler als politisches Vorbild und Peter Heepmann als Nachfolger. - © Gunter Held
Drei Bürgermeister: Dirk Becker mit einem roten Bayern-Trikot von der CDU, Horst Steinkühler als politisches Vorbild und Peter Heepmann als Nachfolger. | © Gunter Held

Bezogen auf den Umstand, dass bei der Kommunalwahl eine rechtsextremistische Partei in den Stadtrat eingezogen ist, schrieb er der Politik ins Stammbuch: „Lassen Sie es bitte nicht zu, dass Hass, Rassismus oder Extremismus in die Kommunalpolitik Einzug hält. Wenn Politik sich zuerst mit sich selbst und Machtspielchen beschäftigt, anstatt sich um die Sorgen der Menschen zu kümmern, werden die Extremen gestärkt.“ Eine freie Presse sei für eine Demokratie zwingend. Wird die Pressefreiheit eingeschränkt, beginne die Abschaffung der Demokratie.

Die Niederlage, die ein Glücksfall war

Zum Schluss erzählte er noch die Geschichte seines Kindheitstraumes, Bürgermeister von Oerlinghausen zu werden (NW berichtete). Er erzählte aber auch von der Wahlniederlage 2004, die sich als absoluter Glücksfall herausstellen sollte, denn nach dieser Niederlage errang Becker am 18. September 2005, dem Geburtstag seiner Oma, das Direktmandat des Bundestages. Und der wichtigsten Person, der er in Berlin begegnete, seine heutige Gattin. Daher dankte er allen Wählern, die ihn 2004 nicht gewählt haben.

Wenn er heute nicht der dankbarste Mann der Welt sei, wäre er der größte Idiot und ein Narr.

Der neue Bürgermeister Peter Heepmann skizzierte die Erfolge, die Becker sich auf die Fahne schreiben kann: sanierte und neue Grundschulen, einen Medienentwicklungsplan „goldwichtig zur Coronazeit“, das Urland und etliches mehr. „Was hatten wir vor 2015“, fragte er und gab gleich die Antwort: Rechtsstreitigkeiten – ein kleiner Seitenhieb auf Beckers Vorgängerin. Er versprach, die Heinz-Sielmann-Schule, das Gymnasium und den Sportstättenentwicklungsplan zur Chefsache zu machen.

„Die größte Ehre meiner politischen Laufbahn“

Auch für ihn ist das Wichtigste, die Demokratie und Freiheit zu schützen und zu verteidigen – „vor braunem Gedankengut und vor denen, die sie schwächen und zerstören wollen.“

Als stellvertretender Bürgermeister ergriff Volker Neuhöfer das Wort. Er stellte seine Rede ein Wort von Oscar Wilde voran: „Am Ende wird alles gut. Und ist es nicht gut, dann ist es noch nicht das Ende.“ Er skizzierte die politische Karriere Beckers und sagte, „dass ein Vollblutpolitiker nicht nur Verstand, sondern auch Herz hat“ habe Becker 2015 gezeigt, als er zum zweiten Mal – und dieses Mal erfolgreich – für das Bürgermeisteramt kandidierte. Seinen Satz: „Das ist die größte Ehre meiner politischen Laufbahn“ – haben viele als eine Liebeserklärung an Oerlinghausen verstanden. Er erinnerte daran, dass vor Beckers Amtsantritt die politische Zusammenarbeit schwierig geworden war, teilweise Sprachlosigkeit herrschte. Das sei dann schnell überwunden worden und es entstand ein Miteinander. Becker habe sich um die Stadt in besonderer Weise verdient gemacht.

Dirk Becker habe vieles angestoßen, sagte Angelika Lindner, Fraktionsvorsitzende der CDU. „Das erkennen wir an. Geholfen hat Fachwissen und die Erfahrung aus Berlin gepaart mit guter Rhetorik.“ „Wir haben uns auch gerieben“ und Beckers Credo: Ich mach das mal, fand nicht immer Zustimmung in der CDU. Trotzdem sei der Umgang immer fair gewesen. Und weil sie natürlich wisse, dass Beckers Fußballherz für den FC Bayern schlägt, hat die CDU-Fraktion ihm ein rotes Bayern-Trikot mit der Nummer 10, für seine Jahre und seinem Namen drauf besorgt. „Was uns als schwarze CDU nicht unbedingt leicht gefallen ist.“

Es folgten noch Würdigungen der anderen Parteien und der Initiative Oerlinghausen, deren Fraktionschef Dennis Thon sagte: „Wer aus Berlin zurückkommt, macht das nicht, weil er muss, sondern weil er es will.“