Weshalb mit der Ruine eines Mordhauses in Detmold nichts passiert

Detmold. Die abgebrannten Holzbalken thronen auf dem Dachstuhl wie ein bedrohliches Mikado. Seit knapp drei Jahren steht die Brandruine an der Lageschen Straße unberührt da. Nur ein Bauzaun sichert das seit dem absichtlich gelegten Feuer im November 2022 unbewohnbare Gebäude ab. Niemand scheint sich zu kümmern. Der ursprüngliche Erbe sitzt als rechtskräftig verurteilter Mörder seiner Mutter – der Hauseigentümerin – im Gefängnis. Und jetzt? Auf vielen Ebenen scheint das Schicksal der Ruine kompliziert. Die Technische Bauaufsicht prüft zwar regelmäßig, ob das stark beschädigte Gebäude trotz Zaun eine &bdquo;Gefahr für die Allgemeinheit“ darstellt, also beispielsweise ein Gebäudeteil auf den Gehweg zu stürzen droht. Aber: &bdquo;So lange das nicht der Fall ist, schreiten wir auch nicht ein“, heißt es von der Stadt Detmold. Gehe eine Gefahr vom Gebäude aus, könnte die Stadt den sofortigen Abriss erwirken und sich das Geld später vom rechtmäßigen Erben zurückholen. Verurteilter Mörder gilt als &bdquo;erbunwürdig“ Momentan scheint aber völlig unklar zu sein, wie es mit der Brandruine weitergeht – und wer das Haus überhaupt besitzen wird. Der wegen Mordes an seiner Mutter zu zwölf Jahren Haft verurteilte Detmolder (heute 59) ist zwar im Februar 2025 rechtskräftig als &bdquo;erbunwürdig“ erklärt worden, offenbar will jetzt trotzdem niemand aus der Familie seine Nachfolge antreten. Nach Angaben von Landgerichtssprecher Dr. Wolfram Wormuth hatte es Ende 2024 ein Versäumnisurteil gegeben, gegen das sich der inhaftierte Sohn nicht gewehrt hatte. &bdquo;Angeregt hatte die Klage eine Schwester der Verstorbenen“, sagt der Landgerichtssprecher. Von Amts wegen hätte das Gericht ein derartiges Verfahren nicht anstrengen können, es hätten nur andere Angehörige, die als gesetzliche Erben infrage kämen, das Recht, jemanden für &bdquo;erbunwürdig“ erklären zu lassen, heißt es. Genau die – also die nahen Angehörigen der Verstorbenen – hätten jetzt theoretisch die Möglichkeit, einen neuen Erbschein zu beantragen. Das ist allerdings bisher nicht passiert, teilt Detmold Amtsgerichtsdirektor Michael Wölfinger auf Anfrage mit. &bdquo;Das ist tatsächlich etwas ungewöhnlich“, sagt Wölfinger. &bdquo;Normalerweise haben die Menschen ein Interesse, solch ein Erbe auch anzutreten, wenn ein entsprechendes Erbunwürdigkeitsverfahren in Gang gesetzt wird.“ Lesen Sie auch: &bdquo;Grausamer Mord“ an der Mutter: Gericht verurteilt Detmolder zu 12 Jahren Haft Brandruine lässt sich nicht retten Weshalb das bisher nicht passiert ist, ist unklar. Fest steht: Die Brandruine selbst lässt sich nicht retten. Rechtsanwalt Johannes Salmen aus Lage, der den verurteilten Sohn damals vor Gericht vertreten hat, kennt das zerstörte Objekt noch aus dem Strafverfahren sehr gut. &bdquo;Nach meiner Einschätzung würde der Abriss wahrscheinlich genauso viel kosten, wie der Verkauf des Grundstückes am Ende bringt“, erklärt Salmen. Dass die Familie sich nicht um das Erbe reißen würde, sei daher schon aus Kostengründen nachvollziehbar. Außerdem sollen die Angehörigen untereinander schon lange verstritten sein. Teile der Familie wollten sich auf Anfrage nicht äußern. Sollte sich am Ende gar kein Erbe finden, würde das Land Nordrhein-Westfalen irgendwann einspringen und das Eigentum erwerben. Zuständig sei dann die Bezirksregierung, teilt die Stadt Detmold mit. Der inhaftierte Sohn war im September 2023 vor dem Schwurgericht wegen Mordes an seiner 77-jährigen Mutter in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung samt Todesfolge zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Bis zuletzt hatte der Detmolder im Gerichtssaal seine Unschuld beteuert, die Kammer glaubte ihm nicht. Zu erdrückend war aus Sicht des Gerichts die vorliegende Indizienkette. Toxische Familiengeschichte Am Ende kam das Schwurgericht zu dem Schluss, dass der Sohn seine in ihrem Bett liegende Mutter selbst angezündet hatte. Anders hätten sich die großflächigen Brandverletzungen am Körper der Seniorin nicht erklären lassen, sagte der Vorsitzende in der Urteilsverkündung. Daraufhin geriet das ganze Gebäude im Vollbrand. Der verurteilte Sohn hatte zuvor schon mehrfach wegen unkontrollierbarer Wutausbrüche vor Gericht gestanden. Dahinter steckt eine schwierige Familiengeschichte. Da der Alkohol das toxische Verhältnis zwischen der ebenfalls suchtkranken Mutter und ihrem Sohn zusehends über die Jahre geprägt hatte, ordnete die Kammer neben der Haftstrafe ebenfalls an, den Detmolder zwei Jahre in einer Entziehungsanstalt unterzubringen. Aktuell sitzt der Mann wieder in der JVA Detmold. Die Brandruine bleibt zunächst weiterhin unberührt.

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