
Leopoldshöhe. Mit einer Riesen-Überraschung endete am gestrigen Pfingstmontag das Schützenfest in Nienhagen: Erstmals in der 120-jährigen Geschichte des Schützenvereins ist das Thronhaus ausschließlich weiblich besetzt. Den entscheidenden letzten Schuss auf den Holzadler gab Petra Zurheide ab. Weil sie bereits einmal als Königin regiert hatte, erhielt sie jetzt den Titel Schützenkaiserin.
Schon früh zeichnete sich ab, dass die weiblichen Vereinsmitglieder am besten in der Lage waren, eine ruhige Hand zu behalten. Nachdem Karin Fortnagel kurz nach dem Beginn des Adlerschießens die Apfel-Insigne zu Fall gebracht hatte, teilte Oberst Michael Genett freudig mit: „Wir haben eine Thronadjutantin!“ Es dauerte nicht lange, bis auch das Zepter zu Boden ging. Schützin war Heike Wörmann, die zur Kronprinzessin erklärt wurde. In derselben Funktion hatte sie bereits dem vergangenen Thron angehört.
Es dauerte dann eineinhalb Stunden, bis Oberst Genett um 14.22 Uhr verkündete: „Wir haben ein neues Thronhaus.“ Doch bis er den Namen offenbarte, machte er es recht spannend. Zunächst mussten noch zahlreiche Helfer das Zelt verlassen, aus dem heraus geschossen wird. Jedes Mal hieß es: „Der ist es nicht.“ Dann endlich wurde das Geheimnis gelüftet: Petra Zurheide hatte das sicherste Auge. Mit dem insgesamt 296. Schuss gelang es ihr, den Adler zu erlegen. Drei Böllerschüsse wurden gezündet, um das Ereignis weithin hörbar mitzuteilen.
Neue Regentin bringt reichlich Erfahrung mit

Die neue Regentin fühlte sich sichtlich wohl in ihrer Rolle, zumal sie bereits umfangreiche Erfahrungen als Mitglied eines Thronstaates besitzt. 1996 bis 1998 amtierte sie als Kronprinzessin, von 2010 bis 2012 führte sie den Schützenverein als Königin an. 2014 erlangte sie die Würde der Kreiskönigin. Auch im jetzt scheidenden Thron hatte sie die Funktion der Thronadjutantin inne. Auch ist ihr das Schießen nicht fremd. In der Vergangenheit brachte sie von Wettbewerben schon etliche Trophäen mit nach Hause. Inzwischen hat sie sich jedoch vom Gewehr abgewandt und trifft lieber mit dem Blasrohr.
Das neue Thronhaus machen Renate Rüter und die bisherige Königin Annette Bäcker als Ehrendamen komplett. „Wir versuchen es zum ersten Mal ganz ohne Männer“, meinte das muntere Quintett in einer ersten Stellungnahme. „Von den Männern hat sich ja keiner bereiterklärt mitzumachen“, hieß es. Die Idee gemeinsam anzutreten, sei am Muttertag entstanden. Und der Plan sei aufgegangen.
„Frauenpower“ als Motto der Regentschaft
„Man muss nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein“, meinte Petra Zurheide. Die Pläne für die nächsten zwei Jahren stehen bereits fest: „Wir werden sehr viel Spaß zusammen haben, außerdem kennen wir ja die Abläufe schon“, verriet die neue Kaiserin. Der weiblich besetzte Thron hat sich vorgenommen, für viel Schwung zu sorgen. Kein Wunder, dass die Regentschaft unter dem Motto „Frauenpower“ stehen wird.

In dem Ergebnis sah Ralf Schulz-Henze eine durchweg positive Entwicklung. „Damit wird ein deutliches Zeichen gesetzt, den weiblichen Thron finde ich wirklich gut“, lautete sein Kommentar. „Natürlich wollen wir die Tradition pflegen. Das ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen. Aber gegenüber Veränderungen sind wir ohne weiteres aufgeschlossen.“
Für den scheidenden Schützenkönig Klaus Bäcker gingen gestern zwei ereignisreiche Jahre zu Ende. Gemeinsam mit seiner Königin Annette Bäcker besuchte er acht Schützenfeste befreundeter Vereine sowie etliche Winterfeste. Deshalb müsse der private Urlaub sehr genau auf die Veranstaltungstermine abgestimmt werden. Aber die Pflicht zum Repräsentieren gehöre nun mal dazu, meinte er. Seit 56 Jahren gehört er dem Verein an, erstmals konnte er in den zurückliegenden zwei Jahren die Königskette tragen. Für ihn sei das auch die einzige äußerliche Veränderung gewesen. „Bei den Frauen ist das anders. Sie ziehen bei jedem öffentlichen Auftritt eine andere Robe an.“
Vorsitzender zieht positive Schützenfest-Bilanz
Das dreitägige Schützenfest sei sehr erfolgreich verlaufen, lautete die Bilanz des Vorsitzenden Schulz-Henze. Das Motto „Hier treffen Sie nette Leute“ habe sich voll und ganz erfüllt. Das Festzelt sei abends zu den Discopartys stets gut gefüllt gewesen. „Und beim Festumzug hatten wir bis auf wenige Regentropfen zum Schluss sehr viel Glück mit dem Wetter“, sagte Schulz-Henze. Neben den befreundeten Schützenvereinen aus Schötmar und Schildesche konnte er am Sonntag auch eine starke Abordnung der Oerlinghauser Schützengesellschaft begrüßen.
Erstmalig gehörten auch 13 Mitglieder des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Helpup zu den Gästen. Mit ihrem Besuch bedankten sie sich, weil die Nienhagener eigens mit Rücksicht auf das Dorffest den Rhythmus ihres Schützenfestes geändert hatten.