Mordversuch an Schwangerer in Detmold: Täter schweigt vor Gericht

Detmold. Die grüne Kapuze hat er wie einen Tarnmantel über den Kopf gezogen, mit dem Ärmel schirmt er zusätzlich sein Gesicht vor den Kameras ab. Er scheint verschwinden zu wollen, dennoch sind alle Blicke auf den Angeklagten gerichtet. Der Fall rund um den versuchten Mord am Meschesee, der hier in Saal 165 vor dem Schwurgericht verhandelt werden soll, birgt ein düsteres Motiv. Es geht um Heimtücke und niedere Beweggründe. Die Staatsanwaltschaft Detmold ist überzeugt: Weil seine schwangere Lebensgefährtin in Deutschland ein selbstbestimmtes Leben führen wollte, soll der junge Mann aus Syrien (25) im August 2024 versucht haben, die 21-Jährige zu töten. Sie kam im Oktober 2023 nach Deutschland, der 25-Jährige lebte schon länger in Detmold. Das Paar galt nach islamischem Recht als verheiratet. Der Anklage nach soll der 25-Jährige die im fünften Monat schwangere Frau in der besagten Nacht im Meschesee unter Wasser gedrückt haben, bis sie bewusstlos war, und sie dann noch tiefer in den See gezogen haben. Erst als der Detmolder davon ausgegangen sei, ihr Leben beendet zu haben, alarmierte er aus Sicht der Ermittler den Rettungsdienst. Das ungeborene Baby starb im Mutterleib Das ungeborene Baby starb wenige Tage später im Mutterleib. Die junge Frau liegt noch immer im Wachkoma. Ihre Ärzte gehen nicht davon aus, dass sie je wieder bei Bewusstsein sein wird. &bdquo;Rechtlich geht es um einen Versuch, aber faktisch ist es Mord“, sagt Rechtsanwältin Deborah Weinert auf dem Gerichtsflur. Die Anwältin aus Herford vertritt das Opfer in der Nebenklage, hat engen Kontakt mit dessen Bruder, der ebenfalls in Deutschland lebt. Der Prozessauftakt selbst dauert an diesem Mittwochmorgen nur wenige Minuten. Weil der Angeklagte bereits sechs Monate in U-Haft sitzt und daher die Frist um ist, muss die Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Karsten Niemeyer loslegen, obwohl der den Fall bearbeitende Staatsanwalt nicht da ist. Deshalb beschränkt sich das Beweisprogramm darauf, die Anklage zu verlesen. Dafür springt der Leitende Oberstaatsanwalt Achim Walter, Chef der hiesigen Ermittlungsbehörde, ein. Obwohl es keine Zeugen zu dem angeklagten Tatvorwurf gibt, haben die Ermittler der Anklage nach ein sehr klares Bild, wie sich die Situation abgespielt haben könnte. Paar soll beim Picknick in Streit geraten sein Demnach soll das Paar an diesem Augustabend ein Picknick am Meschesee gemacht und dabei in Streit über ihr gemeinsames Leben geraten sein. &bdquo;Sie wollte nicht nach seinem Rollenbild leben“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt. Die 21-Jährige habe ihr Leben westlich ausrichten wollen und vorgehabt, einen Deutschkurs zu besuchen, ihre Finanzen selbstständig zu regeln und die Freiheit zu bekommen, alleine das Haus zu verlassen. Diese Wünsche habe der Angeklagte nicht akzeptieren wollen, davon geht die Staatsanwaltschaft aus. &bdquo;Daher beschloss er, die in seinen Augen widerspenstige Lebensgefährtin zu töten“, heißt es. Der 25-Jährige soll die körperlich unterlegene Frau gepackt und unter Wasser gedrückt haben. Gegen 1 Uhr nachts am 23. August alarmierte der Mann dann selbst die Rettungskräfte. Als diese eintrafen, soll die Frau bewusstlos mittig auf dem See getrieben haben. Im Krankenhaus gab der Syrer am nächsten Tag an, seine Partnerin sei ausgerutscht. Seine Version machte die Ermittler stutzig. Unklar blieb auch, weshalb er sie nicht selbst aus dem See herauszog. Einen Monat später kam der Detmolder in U-Haft. Angeklagter schweigt weiter Nun sitzt der 25-Jährige regungslos vor einem voll besetzen Zuschauerraum und hört aufmerksam zu, was ihm vorgeworfen wird. Sein Verteidiger Hendrik Schnelle aus Detmold gibt der Kammer direkt nach verlesener Anklage zu verstehen, dass sein Mandant keine Angaben machen und weiter schweigen wird. &bdquo;Es wird darauf ankommen, ob es bewiesen werden kann, dass es kein Unfall war“, sagt der Verteidiger am Rande des Prozesses. Der Meschesee war zuvor als möglicher Tatort akribisch von Spezialisten ausgemessen und untersucht worden. Das Ergebnis soll den Verdacht bestätigt haben, dass die Frau an dieser Stelle im See nicht hätte einfach von allein ertrinken können. Deshalb kam es zur Anklage. Alles Weitere wird die Beweisaufnahme zeigen. Offenbar hatte das Paar zunächst versucht, seine Konflikte selbst zu lösen. Dazu hatte es im Januar 2024 einen schriftlichen Vertrag aufgesetzt, nach dem der 25-Jährige seiner Partnerin mehr Freiheiten einräumen sollte. &bdquo;Andernfalls hätte sie ihn verlassen“, erklärt Rechtsanwältin Deborah Weinert. In diese Vereinbarung sollen auch die Brüder des Opfers involviert gewesen sein. Seit der verhängnisvollen Nacht am Meschesee hat die junge Frau überhaupt keine Chance mehr, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Betroffene liegt mit einem schweren Hirnschaden in einer Spezialklinik. Selbst wenn sie aufwacht, wird sie wohl ein Pflegefall bleiben. Der Prozess wird am 2. April fortgesetzt. Dann sollen einige Rettungskräfte aussagen. Ein weiterer Prozesstag ist für den 11. April geplant.

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