Stadtgeschichte

Wie das Hermannsdenkmal im Kreis Lippe zum Wahrzeichen der Region wurde

Mit großem Bahnhof weihte der Kaiser vor 150 Jahren das Hermannsdenkmal ein. Es hatte lange halbfertig auf dem Berg gestanden, erzählt Landesmuseumsleiter Michael Zelle in Oerlinghausen.

Die große Sause. Die Postkarte zeigt eine riesige nationalen Party zur Eröffnung des Hermannsdenkmals am 16. August 1875. | © Repros: Horst Biere / Quelle: Landesmuseum

Horst Biere
13.03.2025 | 13.03.2025, 16:38

Oerlinghausen. Vielleicht hätte das Hermannsdenkmal auch auf dem Tönsberg stehen können – wenn sein Erbauer Ernst von Bandel seinerzeit auf seiner Wanderung durch den Teutoburger Wald in Oerlinghausen einen geeigneten Ort gesehen hätte. Doch offenbar fand er das Platzangebot auf der Grotenburg bei Detmold passender, sagte Michael Zelle, der Leiter des Lippischen Landesmuseums, vor zahlreichen Gästen des Oerlinghauser Heimatvereins im Bürgerhaus.

Locker und humorvoll beschrieb er den Besuchern, wie es zum Bau des Hermannsdenkmals gekommen war und warum sich das Monument zu einem der bekanntesten Bauwerke Deutschlands entwickelt hat. Der Vortragsabend in Oerlinghausen bildete quasi eine Einführung in das Jubiläumsjahr, denn das Hermannsdenkmal wird in diesem Jahr 150 Jahre alt.

„Mit einem großen Bahnhof wurde das Denkmal am 16. August 1875 eingeweiht“, sagte Michael Zelle, „alles, was Rang und Namen im Deutschen Reich hatte, war gekommen. Sogar Kaiser Wilhelm I. war dabei.“ Da Detmold seinerzeit noch nicht einmal über einen Bahnanschluss verfügte, kam der Kaiser in Schieder im Fürstentum Lippe an und fuhr mit einer von Pferden gezogenen Staatskarosse weiter.

Denkmal in Detmold hat mit Varus nichts zu tun

Michael Zelle, Archäologe, Historiker und Leiter des Lippischen Landesmuseums referierte auf einer Veranstaltung des Heimatvereins im Bürgerhaus. - © Horst Biere
Michael Zelle, Archäologe, Historiker und Leiter des Lippischen Landesmuseums referierte auf einer Veranstaltung des Heimatvereins im Bürgerhaus. | © Horst Biere

Dass das Denkmal in Detmold nichts mit der Varus-Schlacht im Jahre 9 nach Christus zu tun hat, stellte Zelle auch klar heraus. Die meisten Funde der Schlacht habe man in Kalkriese bei Osnabrück gesehen, erläuterte Zelle. „Doch ob sie dort tatsächlich stattfand, ist auch noch nicht ganz geklärt“. Man suchte damals in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach einem politischen Monument, denn nach der Kleinstaaterei Deutschlands kam immer mehr der Wunsch nach einem deutschen Nationalstaat auf.

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Ernst von Bandel, ein Architekt, Bildhauer und Maler aus Ansbach, der mit seiner Familie in Hannover lebte, und bereits prominente Bauaufträge abgewickelt hatte, war besessen von der Idee, dem Cheruskerfürsten Arminius ein Denkmal als „Befreier Germaniens von der Fremdherrschaft“ zu errichten. Er übersiedelte 1837 zu seinem Freund Friedrich Wilhelm Tegeler nach Detmold und fand tatsächlich finanzielle Unterstützung. Auch ein Förderverein bildete sich, und es gelang Baumeister von Bandel bis 1841 den Sockel des Denkmals zu errichten.

Königshaus zeigt Interesse am lippischen Hermann

Dann jedoch geriet das Bauvorhaben ins Stocken, es gab Querelen ums Geld mit dem Förderverein. „Ernst von Bandel war auch ein schwieriger Charakter“, sagte Michael Zelle. 1846 herrschte kompletter Stillstand am Hermannsdenkmal, und von Bandel zog sich wieder nach Hannover zurück. Die Baustelle auf der Grotenburg verfiel mehr und mehr. Nach etwa einem Vierteljahrhundert kam Bewegung in die Sache. „Ausgerechnet das preußische Königshaus interessierte sich in den 1860er Jahren für das Denkmal im lippischen Detmold“, erzählte Zelle. Die Bauarbeiten am Hermannsdenkmal wurden wieder aufgenommen. Der gewonnene deutsch-französische Krieg 1871 gab zusätzlichen Schub.

Kaiserlicher Arbeitsbesuch. Immer wieder informierte sich der preußische König Wilhelm, der später Deutscher Kaiser wurde, in Bandels Atelier über den Fortgang der Arbeiten. - © Repros: Horst Biere / Quelle: Landesmuseum
Kaiserlicher Arbeitsbesuch. Immer wieder informierte sich der preußische König Wilhelm, der später Deutscher Kaiser wurde, in Bandels Atelier über den Fortgang der Arbeiten. | © Repros: Horst Biere / Quelle: Landesmuseum

Frühjahrscheck: Ist der Hermann noch stabil? Architekt checkt Denkmal in luftiger Höhe

Man brauchte ein Symbol für das starke Deutsche Reich. Da die Geldmittel fürs Hermannsdenkmal nun üppig flossen, konnte von Bandel mit der Gestaltung und der Montage der Figur des Hermann beginnen, das aus genieteten Kupferplatten gebaut wurde. Ein regelrechter Wildwuchs herrschte bei den vielen Symbolen des Denkmals. „Einen Helm mit Flügeln, wie ihn der Hermann trägt, hat es nie gegeben“, meinte Michael Zelle lächelnd, „da wurden viele Elemente zusammengefügt – wie ein Setzbaukasten“. Doch das tat der großen nationalen Party zur Eröffnung 1875 keinen Abbruch.

Hermann wird vor viele Wagen gespannt

Immer wieder nutzten nationale Kräfte und Parteien das „Symbol Hermannsdenkmal“ für ihre Zwecke, berichtete Zelle. Im Ersten Weltkrieg war das Denkmal ein beliebtes Motiv, um wieder gegen den „Erzfeind“ Frankreich Stimmung zu machen. In der späteren Zeit bildete der Hermann oftmals die Kulisse für völkische Treffen. Sogar die Deutsche Turnerschaft veranstaltete im Jahre 1925 zum 50-jährigen Geburtstag des Denkmals einen ersten Hermannslauf. Der hatte mit dem heutigen sportlichen Wettkampf zur Sparrenburg nichts gemein, denn damals organisierte man einen nationalen Sternlauf deutscher Turner aus allen „Gauen des Reiches“ zum Denkmal. Das Hermannsdenkmal ist heute vor allem eine touristische Attraktion. Es wird vom Landesverband Lippe unterhalten und zählt zu den bekanntesten Monumenten Deutschlands.

Seit 2009 finden regelmäßig Veranstaltungen auf der Waldbühne am Hermannsdenkmal statt, wie Comedy- und Musikveranstaltungen. Das Mondscheinkino wird alljährlich im Juli und August über mehrere Wochen auf der Waldbühne veranstaltet. Es ist mit fast 1.000 Plätzen das größte Freiluftkino Ostwestfalens. Und seit einigen Jahren wird im Frühjahr das Denkmal farbig beleuchtet. Eine hübsche Lasershow mit jährlich wechselnden Themen lässt den Hermann im besten Licht erscheinen.