„Werde mir das niemals verzeihen“: Mutter aus Kreis Lippe gesteht Mord am Kind

Detmold/ Horn-Bad Meinberg. &bdquo;Mein Mann hat mir verziehen, dass ich unser Kind getötet habe. Ich werde mir das aber niemals verzeihen.“ Jede einzelne Zeile, die Verteidigerin Franziska Janßen im Namen ihrer Mandantin in Saal 165 verliest, hat es in sich. Nicht einmal 20 Minuten dauert der zweite Prozesstag, bei dem sich eine Mutter aus Horn-Bad Meinberg wegen Mordes an ihrem Baby verantworten muss. Durch das Geständnis der 38-jährigen Angeklagten wird der eigentlich förmlich gedachte &bdquo;Springertermin“ zu einer emotionalen Zerreißprobe für die Angehörigen. Dass die Angeklagte sich nicht persönlich einlässt, sei keinesfalls als gewöhnliche Verteidigerstrategie zu verstehen, das betont Rechtsanwältin Franziska Janßen an diesem Donnerstagmorgen vorne weg. Ihrer Mandantin falle es nur unfassbar schwer, über das zu sprechen, was sie ihrem Kind und der gesamten Familie angetan habe. Aber: &bdquo;Ihre eigenen Worte sind hier ungefiltert eingeflossen“, sagt die Verteidigerin zur Erklärung. Was dann folgt, ist schwere Kost. Schicksalsschlag soll Ausgangspunkt für mutmaßlichen Mord sein Es sei richtig, dass sie ihren wenige Tage alten Sohn in der Nacht zum 28. April 2024 getötet hat, heißt es gleich zu Beginn in der Erklärung. Über den Tagen davor liege für die Angeklagte ein grauer Schleier. Die Mutter habe sich in einer &bdquo;Spirale aus Angst“ und Panik verfangen, habe sich nicht mehr daraus befreien können. Dafür ausschlaggebend sei ein Schicksalsschlag gewesen, den die Familie nach zwei gesunden Kindern im Mai 2023 erlebt habe. &bdquo;Mein Sohn kam in der 20. Schwangerschaftswoche als Totgeburt zur Welt.“ Dass die in Detmold aufgewachsene Mutter im Krankenhaus ungefragt Bilder ihres toten Kindes und dann den Leichnam selbst habe sehen müssen, soll ihr ganzes Leben verändert haben, sagt sie. &bdquo;Ich war sonst ein fröhlicher Mensch, von da an habe ich viele Ängste entwickelt.“ Nicht mal ihr Ehemann habe ihr helfen können und der Umstand, dass sie kurz danach wieder schwanger geworden sei, habe sehr widersprüchliche Gefühle zwischen unglaublicher Freude und dunklen Gedanken in ihr ausgelöst. Die Ängste seien immer stärker gewesen. &bdquo;Es hat sich bei mir eine innere Unruhe eingestellt, dass das Kind krank ist und nicht überleben könnte.“ In der Tatnacht &bdquo;explodierten“ ihre Gedanken Nach der Geburt hätten sich diese Gedanken nur verstärkt. Das Baby habe immer nur dagelegen, sei viel passiver gewesen als ihre anderen Kinder und hätte nicht von selbst genügend getrunken. &bdquo;Die Freude, die man eigentlich haben sollte, verwandelte sich in einen Albtraum.“ Immer wieder habe die 38-Jährige vermeintliche Symptome nach möglichen Krankheiten gegoogelt. Zu weit auseinanderstehende Zehen, rote Haut, zu selten eine volle Windel, alles soll sie an ihrem Kind entdeckt und im Handy nachgeschaut haben. &bdquo;Ob die Anzeichen wirklich da waren oder ich mir das alles eingebildet habe, kann ich heute nicht mehr sagen.“ In der besagten Tatnacht habe sie mit ihrer anderen Tochter und dem Baby im Kinderzimmer geschlafen habe, während ihr Mann mit dem anderen Kind im Schlafzimmer übernachtete. Die Angeklagte habe ihren Sohn der Einlassung nach wieder wecken müssen, um ihn zu füttern, dann seien ihre &bdquo;Gedanken explodiert“. &bdquo;Ich bin mit ihm in den Keller gegangen und habe ihn mit beiden Händen Mund uns Nase zugehalten.“ Es sei surreal gewesen, als wäre sie gar nicht selbst anwesend. Angeklagte wollte immer viele Kinder Als sie dann wieder mit dem Baby hoch in die Wohnung gegangen sei, habe ihr Mann bemerkt, dass etwas mit dem Baby nicht stimmte und sofort mit Mund-zu-Mund-Beatmung begonnen, sie selbst habe den Notruf gewählt. Für den Säugling kam aber jede Hilfe zu spät. Wenige Tage später ging die Mutter zur Polizei, ohne ihrer Familie davon zu berichten. Sie habe sich in dem Moment nicht vorstellen können, tatsächlich in U-Haft zu kommen. &bdquo;Ich dachte, es wäre ein Traum gewesen, ich wusste aber, dass ich mich stellen muss.“ Gemeinsam mit ihrem Ehemann soll sich die gelernte pharmazeutische Assistentin immer eine große Familie gewünscht haben. Dass sie bei der Polizei angegeben haben soll, nicht mehr als zwei Kinder gewollt zu haben, hätte sie niemals gesagt. Diese Klarstellung ist der Horn-Bad Meinbergerin wichtig. Dem Gericht nach soll die Angeklagte bei ihrer damaligen Aussage angegeben haben, das Kind aus Angst vor einer Behinderung getötet zu haben. Die emotionsgeladene Erklärung bleibt im Raum stehen. Fragen stellt der Vorsitzende Richter Karsten Niemeyer an diesem Prozesstag nicht. Die sind erst vorgesehen, wenn auch die psychiatrische Sachverständige bei der Hauptverhandlung dabei sein kann. Am 4. Dezember soll das der Fall sein, dann ist der nächste Prozesstag angesetzt.

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