In einem Wahlbezirk mehr als 50 Prozent AfD: So lief die Europawahl im Kreis Lippe

Kreis Lippe. Das Ergebnis war erwartbar und hat die etablierten Parteien doch negativ überrascht. Die AfD ist aus der Europawahl als bundesweit zweitstärkste Kraft hervorgegangen. Zwar hat die CDU die Wahl, wie vorhergesagt, gewonnen. Auch lippeweit siegten die Christdemokraten mit 28,7 Prozent. In Lippe, traditionell Hochburg der SPD, schafften es die Sozialdemokraten immerhin noch gerade, sich mit 19,4 Prozent vor die AfD (16,6 Prozent) zu schieben. Die Grünen verloren fast die Hälfte der Stimmen und rutschten auf 11,2 Prozent ab, die FDP erreichte 5,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung in Lippe lag bei 63,3 Prozent – 170.195 der 268.873 wahlberechtigten Lipper gaben ihre Stimme bei der Europawahl ab, 2019 lag die Wahlbeteiligung bei 61,8 Prozent. &bdquo;Hellauf begeistert“ So richtig will sich gestern Abend kein Parteivertreter in Lippe über das Ergebnis der Europawahl freuen – bis auf einen. Uwe Detert, Sprecher der AfD Lippe, ist &bdquo;hellauf begeistert“, wie er gegenüber der LZ sagt. Auch wenn seine rechte Partei, bundesweit auf Platz zwei, in Lippe nur drittstärkste Kraft geworden ist. Der Lagenser jubelt: &bdquo;Das hätte ich nicht erwartet, wir waren in den letzten Monaten in schwerem Fahrwasser.“ Dass sich die Skandale der AfD offenbar gar nicht auf das Ergebnis von Sonntag ausgewirkt haben, erstaunt auch Nik Riesmeier, Kreisvorsitzender der Grünen. Das unterirdische Ergebnis seiner Grünen – abgerutscht auf 11,2 % der Stimmen in Lippe – sei enttäuschend, sagt er, der Sieg der AfD lasse ihn erschaudern. Auch wenn die CDU Wahlsieger ist, jubelt Kreisvorsitzender Lars Brakhage nicht laut. Bundesweit erringt die CDU mehr als 30 %, in Lippe etwas weniger, 28,7 %. Was soll’s. Schließlich gilt der Kreis traditionell als SPD-Hochburg, da ist so ein &bdquo;Knapp-unter-30-%“-Sieg viel wert. &bdquo;Ich bin aus lippischer Sicht zufrieden, aber die Ergebnisse der anderen geben zu denken“, sagt Brakhage in einem ersten Statement und meint damit wohldie Ampel, die massiv Wählerstimmen verloren hat, aber auch das gute Abschneiden der AfD. In diesem Vergleich sieht sich der FDP-Kreisvorsitzende Carsten Möller als Einäugiger unter den Blinden: &bdquo;Immerhin haben wir von den drei Regierungskoalitionen am wenigsten verloren“, tröstet er sich. Und selbst das lippische Ergebnis liegt mit 5,8 etwas über dem Bundesdurchschnitt von 5 %. Was für Möller wirklich zählt: &bdquo;Wir werden unsere Sitze im Parlament wohl behalten können.“ SPD-Kreisvorsitzender Lasse Huxoll sagt, er habe mit einem Ergebnis in diesem Bereich gerechnet. &bdquo;Immerhin bleiben wir zweite Kraft in Lippe, aber das ist natürlich kein Sieg.“ Mit 19,4 % schiebt sich die SPD knapp vor die AfD, die es aber schafft, in Augustdorf (bestes Ergebnis lippeweit: 27,1 %) und Lage (21 %) am zweitstärksten abzuschneiden. Mehr als 50 Prozent rechts In Hakedahl/Herberhausen, einem Detmolder Stadtteil mit zahlreichen Hochhäusern, erringen die Rechten sogar 50,5 %. Viele Menschen hat es dort allerdings nicht an die Wahlurne gezogen: Die Wahlbeteiligung war mit 34,4 % (371 Stimmen) mehr als unterdurchschnittlich. 17,1 % der Stimmen fielen in dem sozialen Brennpunkt auch auf das BSW. Das Bündnis Sahra Wagenknecht um die ehemalige Linken-Parteivorsitzende spielt lippeweit mit 4,7 % keine große Rolle – bundesweit erringt BSW jedoch 5,8 % und schafft auf Anhieb den Einzug ins Parlament, im Gegensatz zu den Linken (2,7 %). Am Rande: Briefwähler unterscheiden sich vom &bdquo;normalen“ Wähler offenbar sehr. Ein Blick auf die Briefwahlbezirke in vielen lippischen Orte verzerrt das Sieger-/Verlierer-Bild ein Stück weit: Hier schafft es die AfD häufig nur auf den vierten, bisweilen sogar den fünften Platz, zum Beispiel in Oerlinghausen.

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