„Üble Beleidigung“: Rechter Youtuber Tim Kellner verliert erneut Prozess

Detmold. Es bleibt dabei: Der rechte Influencer Tim Kellner muss eine Geldstrafe von 11.000 Euro zahlen, weil er in seinen YouTube-Videos die drei Politikerinnen Emilia Fester, Sawsan Chebli und Nancy Faeser beleidigt. Das hat die Berufungskammer am Landgericht Detmold am Mittwoch nach einer gut dreistündigen Verhandlung entschieden. Kellners Anwalt Hendrik Schnelle verkündete, er werde Revision einlegen. Eine so große Zahl an Justiz- und Polizeibeamten ist man sonst im Landgericht nicht gewohnt. Nur einer der beiden Treppenaufgänge ist geöffnet. Wer in den großen Sitzungssaal will, muss eine zweite Sicherheitsschranke im Obergeschoss passieren. Hier müssen die Zuschauer unter anderem ihre Handys abgeben. Das Zeitfenster, in dem die Presse Foto- und Videoaufnahmen machen darf, ist auf wenige Minuten während des Eintritts der Kammer – Vorsitzende Richterin Katharina Schikowski und zwei Schöffen – beschränkt. So will das Gericht verhindern, dass Kellner, wie beim ersten Prozess vor dem Amtsgericht Detmold Anfang Oktober, die öffentliche Bühne für sich und seine polemischen Aussagen nutzt und seine Statements viral gehen. Provokantes Outfit Der 50-jährige Angeklagte erscheint diesmal nicht in rosa, sondern in einem schwarzen T-Shirt mit der Silhouette von Sylt in Schwarz-Rot-Gold – eine provokante Anspielung auf die ausländerfeindlichen Gesänge von Partygästen auf der Nordseeinsel. Neben einigen Pressevertretern nehmen rund 30 Zuschauer - überwiegend Kellners Anhänger - im Gerichtssaal Platz. Der große Run auf die begrenzten Plätze ist diesmal ausgeblieben. >>> Kommentar: Brandgefährliche Hetze ist Tim Kellners Masche In einem Frage-Antwort-Spiel mit seinem Anwalt bekommt er die Gelegenheit, sich und seine politischen Statements doch noch zu präsentieren: &bdquo;Ich bin ein Künstler, ich gehe in der Rolle auf“, betont er zu seinen Videos, in denen er als &bdquo;Love Priest“ auf YouTube das politische Geschehen polemisch bis hetzerisch kommentiert. Die drei Videos mit den beleidigenden Szenen, die Kellner auf die Anklagebank gebracht haben, werden im Gerichtssaal in voller Länge gezeigt. Sie lassen die Masche erkennen: Immer wieder blendet Kellner kurze Sequenzen von Politikern ein, gefolgt von Clips mit diffamierenden und extrem beleidigenden, zum Teil sexistischen Inhalten, zum Beispiel des bekannt cholerischen Schauspielers Klaus Kinski oder weniger schillernder Personen wie der Rapperin Schwester Ewa. Die aus dem Zusammenhang gerissene Zitate beziehen sich auf die Politiker. Satire oder Hetze? &bdquo;Mit dem Stilmittel der Übertreibung und Polemik will ich die gesellschaftspolitische Situation in diesem Land aufzeigen. Ich halte den Politikern den Spiegel vor“, erklärt Kellner, der eigenen Aussagen zufolge mehr als 500.000 Follower hat und 2,5 Millionen Aufrufe generiert. Es handele sich um Satire, von der Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt. Das sieht Oberstaatsanwältin Katja Erfurt anders. Kellners Videos enthielten &bdquo;üble Beleidigungen“: &bdquo;Kunst ist ein weiter Begriff. Aber in der Herabwürdigung von Personen findet die Kunst- und Meinungsfreiheit ihre Grenzen“, betont sie und plädiert dafür, die Berufung zu verwerfen. Dem folgt die Kammer nach kurzer Beratung und bestätigt das Urteil der ersten Instanz: Kellners Videos hätten ehrverletzenden Charakter, begründet Richterin Schikowski. Es fehle an sachlicher Auseinandersetzung, vielmehr handele es sich um Formalbeleidigungen und Schmähkritik, die nicht von der Kunstfreiheit gedeckt seien. Hendrik Schnelle, der einen Freispruch für seinen Mandanten gefordert hatte, kündigt an, das Urteil anzufechten. Für die Oberstaatsanwältin nur folgerichtig. Denn Kellners Beleidigungen beziehen sich nicht nur auf die drei Politikerinnen, ständige Schmähkritik und Formalbeleidigungen sind seine Masche. Und dem hat das Urteil zunächst einen Riegel vorgeschoben. Also muss sich die nächste Instanz mit der Akte Kellner befassen. Der kündigte schon an: &bdquo;Ich gehe bis zum Bundesverfassungsgericht.“

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