Warum lippischen Jungvögeln der Hungertod droht

Kreis Lippe. Wer die Nase vor die Tür steckt, fröstelt in diesen Tagen: Kalt und usselig, dabei waren wir doch alle schon im frühsommerlichen Fliederdufttaumel, während frühmorgens die Vögel vor dem Haus die Wecker spielen. Wir haben im Zweifelsfall Mütze und Schal, aber wie mag es bloß den Jungvögeln gehen, die in diesen nasskalten Wochen bereits in den Nestern liegen? Naturfilmer Robin Jähne hat da ein paar Antworten parat - und einige Mahnungen. &bdquo;Die meisten Singvögel brauchen für ihre Brut eiweißreiche Nahrung, also Insekten. Und die fehlen in diesen Tagen.“ Das liegt allerdings nicht nur am Wetter, sondern auch daran, dass es immer weniger Insekten gibt, sagt der Experte. &bdquo;Ich habe zum Beispiel erlebt, dass in der Nähe ein Feld mit Insektizid besprüht wurde und danach sind die Jungvögel in den nahe gelegenen Nestern buchstäblich verhungert. Das konnte man sehen, die Körper waren richtig eingefallen.“ Äste mit Nestern einfach weggeknickt Dass Umwelteinflüsse Vögeln die Lebensgrundlage entziehen, ist das eine, der plötzliche Einbruch mit besonders schwerem und nassen Schnee vom vergangenen Wochenende ein anderes Problem: &bdquo;Bei mir im Garten ist der Ast unter dem Amselnest einfach weggeknickt. Ich habe es zwar wieder in eine Astgabel gesetzt, aber da geht die Amselmutter nicht mehr dran, sie wird ein neues Nest bauen müssen.“ Diese kleine Tragödie dürfte sich vielfach in Lippe abgespielt haben, meint Robin Jähne. Und verstärkt werde dies noch durch den starken Beschnitt von Feldhecken an Straßenrändern, die oft nur noch einen sehr kleinen Querschnitt hätten: &bdquo;Draußen schneiden die Straßenbaubehörden, drinnen der Bauer, und was übrig bleibt, ist oft nicht sehr tragfähig. Wenn dann eine solche Schneelast kommt, dann brechen die Äste oft ab.“ Nasskaltes Wetter kann die Brut verzögern Was ist denn nun mit diesem nasskalten Wetter? &bdquo;Eigentlich können die Vögel das ganz gut ab“, sagt der Naturfilmer. &bdquo;Dieses wechselhafte Wetter mit den nasskalten Temperaturen ist für den April in Lippe eigentlich ganz normal, und das überleben die Vögel normalerweise.“ Da gibt es auch schon mal eine Ei-Ruhe-Phase: &bdquo;Wenn die Eier noch nicht angebrütet sind, dann lässt das Vogelweibchen die erst mal liegen, legt vielleicht noch welche dazu, bevor dann irgendwann das richtige Brutgeschäft losgeht.“ Sind die Eier angebrütet, funktioniert das natürlich nicht mehr, dann wird es kritisch. Uhus dagegen sind extrem widerstandsfähig gegen die Kälte: &bdquo;Die brüten ja sogar schon im Februar.“ Und was ist mit den Weißstörchen, etwa in Donop oder Elbrinxen? &bdquo;Um deren Jungen braucht man sich noch keine Sorgen zu machen, die brüten in der Regel, und die Mutter bleibt dann einfach schön draufsitzen. Ernst wird es, wenn die Kleinen geschlüpft und so weit sind, dass die Mutter nicht die ganze Zeit den Regenschirm spielt. Wenn dann alles durchnässt, wenn es Dutzende Tage regnet und kalt ist, dann können sie sterben.“ Ein paar kalte Tage machten ihnen nichts, wenn es nicht durchgehend regnet. Gerne weiter füttern Ein ganz anderes Problem allerdings hat sich durch den zwischenzeitlichen vermeintlichen Sommereinbruch ergeben, weil die Vögel früher mit dem Brutgeschäft angefangen haben. &bdquo;Da kriegt vor allem der Kuckuck ein Problem, der als Zugvogel zurückkommt. Er kann nämlich nur dann seine Eier in fremden Nestern unterkriegen, wenn da noch keins geschlüpft ist. Wenn die aber alle schon angefangen haben, dann wird das nichts.“ Was können denn die Menschen tun, um die beliebten Singvögel und alle anderen zu unterstützen? &bdquo;Auf jeden Fall weiter füttern, jedes Körnchen zählt. Aber lieber nicht das Fettfutter, sondern Körner und gerne auch getrocknete Mehlwürmer. Denn die beinhalten Eiweiß, und das hilft der Brut.“ Und: Die Behörden und Bauern sollten Ackerrand- und Straßenseitenstreifen auch im Winter stehen lassen, weil hier viele Insekten überwintern und um diese Jahreszeit beste Nahrung für die Vögel bieten.

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