Katholische Gemeinde schließt die Kirche in Brake und will verkaufen

Lemgo. Die katholische Kirche fährt einen klaren Spar- und Schrumpfkurs. Das auch für die lippische Diaspora zuständige Erzbistum Paderborn hat das Ziel markiert, 30 Prozent der Nutzflächen an Gebäuden der Gemeinden aufzugeben. Diese Entscheidung fordert nun ein erstes Opfer, und zwar in Lemgo: Der Pastoralverbund Lippe und der Lemgoer Kirchenvorstand haben entschieden, die katholische Kirche in Brake zu schließen und zu verkaufen. Die Grundsatzentscheidung, dass das Gotteshaus St. Josef an der Danziger Straße auf Dauer nicht zu halten ist, ist älteren Datums. Momentan findet in der Kirche lediglich ein Mal wöchentlich mittwochs die Heilige Messe vor durchschnittlich 15 bis 20 Besuchern statt. Nun kommt der konkrete Schließungstermin auf den Tisch, bestätigt der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Andreas Röhe. Sollte St. Josef ursprünglich bereits zum März 2024 außer Betrieb genommen werden, wurde der Termin jetzt auf Herbst dieses Jahres verschoben. &bdquo;Zum Oktober und damit zum Beginn der Heizperiode“, erklärt Oliver Lohre, Verwaltungsleiter des Pastoralverbundes Lippe. Fast eigenhändig gebaut Kirchenvorstand Andreas Röhe und der Leiter des pastoralen Netzwerks im Pastoralverbund, Klaus Junghans, sprechen von einem &bdquo;schmerzhaften Prozess“. Junghans: &bdquo;Ich habe in der Diskussion Menschen kennengelernt, die die Kirche St. Josef noch eigenhändig mitgebaut haben.“ Tatsächlich handelt es sich bei St. Josef, die quasi auf der anderen Straßenseite der Residenzstraße gegenüber dem Friedhof liegt, um eine sogenannte Vertriebenenkirche. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zum Großteil in Eigenleistung von Menschen gebaut, die aus Schlesien vertrieben worden waren. Unterschriften gesammelt Vor allem ihre Nachfahren sind es nun, die die Entscheidung des Kirchenvorstandes besonders bedauern und abmildern wollen. Sie haben nach Zählung von Anton Kucza und Mechtild Schwarze mehr als 100 Unterschriften für den Vorschlag gesammelt, die Kirche weiterzubetreiben, bis es einen Käufer gibt. &bdquo;Das Immobilienkonzept und den Sparkurs des Erzbistums verstehen wir grundsätzlich natürlich“, sagt Mechtild Schwarze. Weil die Kirche aber unter Denkmalschutz steht und auch ein gewisser Sanierungsstau herrscht, dürfte sich der Verkauf schwierig gestalten. Nach Worten von Andreas Röhe haben sich einige mögliche gewerbliche Investoren das Gebäude bereits angeguckt und - allerdings auch aufgrund von Branchenproblemen und fehlender Fördergelder - abgewunken. Sprich: Geht der Kirchenvorstand auf den Vorschlag, die Kirche bis zum Verkauf offenzuhalten, ein, vertagt er die Schließung womöglich auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Bauzuschüsse wackeln Dies sei eine Option, die man sich nicht leisten kann und will, betont Andreas Röhe: &bdquo;Wir müssen jetzt Kosten einsparen und den Prozess in Gang bringen.“ Denn das &bdquo;Zielbild 2030+“ des Erzbistums sieht vor, den Gemeinden bei möglichen Investitionen in kirchliche Gebäude den üblichen 50 Prozent-Bauzuschuss nur dann zu zahlen, wenn diese zuvor das Reduzierungsziel von etwa 30 Prozent an Fläche erfüllt haben, weiß Verwaltungsleiter Lohre. Seit vier, fünf Jahren schließt die katholische Gemeinde, die neben St. Josef in Brake die Heilig-Geist-Kirche an der Pideritstraße ihr Eigen nennt, mit roten Zahlen ab. Teilweise haben laut Kirchenvorstand Röhe 30.000 Euro in der Kasse gefehlt. &bdquo;Angesichts der Finanzlage sieht der Kirchenvorstand keine andere Chance, als Brake zu schließen, auch wenn wir uns mit der Entscheidung sehr, sehr gequält haben“, betont Röhe. Dass es Brake als Erstes erwischt, liegt daran, dass Lemgo als Besonderheit gleich zwei katholische Kirchen besitzt. Stattdessen anderswo zu schließen, wo es nur eine katholische Kirche am Ort gibt, wäre schwer vermittelbar. Droht ein &bdquo;Schandfleck“? Die Menschen hinter der Unterschriftensammlung argumentieren dagegen mit dem Schlagwort &bdquo;Werterhalt“. Anton Kucza: &bdquo;Wenn sie leer steht, wird doch binnen fünf Jahren aus der Kirche eine Ruine.“ Die laufenden Kosten würden kaum geringer ausfallen, wenn man auf den einen Gottesdienst pro Woche verzichte. &bdquo;Schnee schieben, Heizen, Unterhaltung - das muss alles weiterlaufen, während man auf einen Käufer wartet“, sagt Kucza. Mechtild Schwarze, die aus familiären Gründen eine &bdquo;emotionale Bindung“ zu dem Gotteshaus einräumt, befürchtet gar einen &bdquo;Schandfleck für ganz Brake“. Für Andreas Röhe und den Kirchenvorstand sind die Betriebskosten allerdings nur ein Argument. Es gehe auch darum, bei der 30 Prozent-Herausforderung den Anfang zu machen. &bdquo;Steine oder Menschen - was ist wichtiger?“, fragt er. Zumal die personelle Situation nach Worten von Junghans nicht einfacher wird. Ab Sommer gibt es im Pastoralverbund einen Priester weniger. &bdquo;Wir schrumpfen - da ergibt es Sinn, sich zu konzentrieren.“ Zu guter Letzt geht laut Junghans auch ein Signal von der offiziellen Schließung aus: &bdquo;Finden in Brake noch länger Gottesdienste statt, hätte ein möglicher Käufer immer das Gefühl, die Menschen zu vertreiben.“ Ein Eindruck, den man bei möglichen Verkaufsverhandlungen um jeden Preis vermeiden möchte.

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