Jazz im Gotteshaus

Kapelle spielt in der Kapelle

Drei Pädagogen des Musikvereins Oerlinghausen nehmen ihr Publikum mit in die Welt des Jazz. Zu hören sind neben Standards zwei Eigenkompositionen.

Die Jazzkapelle Oerlinghausen mit E-Gitarrist Bruno Götze, Posaunist Christoph Leo und E-Bassist Michael Voß (v. l.) eröffnet neue KIangwelten in der kleinen Hedwigskapelle. | © Karin Prignitz

Karin Prignitz
29.11.2023 | 29.11.2023, 11:59

Oerlinghausen. Die 80 Stühle in der Hedwigskapelle sind schnell besetzt. Auf der kleinen Empore finden weitere Zuhörer einen Platz. Dass die Konzertreihe anlässlich des „kulturellen, musikalischen Spendenlaufes“ für die kleine renovierte Kapelle am Ende der Hermannstraße gut ankommt, hat sich erneut gezeigt. Erstmals sind Instrumentalisten des Musikvereins Oerlinghausen (MVO) zu Gast gewesen.

Christoph Leo (Posaune), Michael Voß (E-Bass) und Bruno Götze (E-Gitarre) unterrichten beim MVO. Alle drei sind aber auch in unterschiedlichen Formationen unterwegs. Als „Jazzkapelle Oerlinghausen“ präsentierte das Trio jetzt bekannte Jazzstandards und zwei Eigenkompositionen von Bruno Götze. Nike Alkema, Leiterin der Akademie am Tönsberg, zu der die Hedwigskapelle gehört, hatte eine Reihe neuer Gesichter unter den vielen Besucherinnen und Besuchern ausgemacht.

„Heute spielt eine Kapelle in der Kapelle“, kündigte sie an und hob hervor, dass der besondere Konzertort langfristig in das Oerlinghauser Leben eingebunden werden soll. Deshalb gebe es verschiedene Kooperationen. Schon am Donnerstag, 30. November, findet die nächste Veranstaltung statt. Ab 18 Uhr spielt dann die ukrainische Pianistin Anastasiya Levchuk am Cembalo (Spinett). Eine gänzlich andere Klangwelt eröffnete die Jazzkapelle. In ihren instrumentalen Zwiegesprächen deckte das Trio viele Facetten ab.

Vor der eigenwilligen Interpretation des allseits bekannten „Summertime“ nahm die Jazzkapelle das Auditorium vor allem mit in die Welt des vorigen Jahrhunderts. Mit etwas veränderter Klangfarbe spielten Christoph Leo, der als einziger Bläser einen besonders anspruchsvollen Part erfüllte, Ray Handersons kinderliedhaften Song „Bye Bye Blackbird“, einen Standard der populären Musik, dessen erste Version 1926 von Gene Austin aufgenommen wurde und sich seinerzeit zwölf Wochen in den Charts hielt.

Musik im Gotteshaus aus der Bibel des Jazz

Viele Stücke des kurzweiligen Programms stammen aus dem sogenannten Real-Book, einer Sammlung transkribierter Jazzkompositionen, die auch als „Bibel des Jazz“ bezeichnet wird. Im Wechsel moderierte das Trio die Stücke an. Immer wieder glänzte jeder einzelne mit virtuosen Soloparts und mit ein wenig Ansporn von Christoph Leo wurden diese immer öfter mit Zwischenapplaus gewürdigt. Bruno Götze spielt nicht nur, er komponiert und arrangiert auch.

„Jazzstücke zu schreiben ist ganz toll“, ließ der Gitarrist wissen. Je nachdem, in welcher Formation man sie spiele, „klingen sie immer wieder anders“. Götze erzählte von der Begegnung mit einer Frau, die mit vielen Problemen zu kämpfen hat und sich vorgenommen hat, alleine damit fertig zu werden.

Ihr widmete er das Stück „Die stärkste Frau von Gaarden“. Zurück ging es danach zum Klassiker „Blue Monk“ und weiteren Standards. Der inspirierende Abend endete mit dem Charlie Parkers „Billie’s Bounce“.