U-Ausschuss zum Fall Lügde durchleuchtet Arbeitsweise der lippischen Polizei

Kreis Lippe. Seit fast genau vier Jahren ist der parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zum Missbrauchsfall Lügde im Landtag NRW unermüdlich dabei, strukturelle Probleme aufzuschlüsseln, die im Fall um den jahrzehntelang unentdeckt gebliebenen Kindesmissbrauch zum teils massiven Versagen der Ermittlungsbehörden und Jugendämter geführt haben könnten. Im Fokus steht hierbei immer wieder die Kreispolizeibehörde Lippe. Ein verschwundener Koffer mit Beweismitteln sowie Hinweise, denen nicht ordentlich nachgegangen worden sein soll, zählen zu den Höhepunkten einer bekannten Fehlerkette. Um die Arbeitsweise der hiesigen Polizei überhaupt genauer unter die Lupe nehmen zu können, hat der U-Ausschuss zur ersten Sitzung nach der Sommerpause mehrere, auch ehemalige, Polizeibeamte als Zeugen befragt, darunter unter anderem den aktuellen Wachleiter am Standort in Detmold sowie einen inzwischen pensionierten Kriminalhauptkommissar. Die zentralen Aussagen lenken den Blick dabei auf die Führungsebene. Im Plenarsaal selbst scheint ihre Strahlkraft differenziert wahrgenommen worden zu sein. Gab es ein Führungsproblem in der Kreispolizeibehörde Lippe? Dass es bei der lippischen Polizei rund um die Lügde-Ermittlungen Konflikte innerhalb der Leitung gegeben haben könnte, wissen die Ausschussmitglieder jedoch genauso aus den Akten, sagt CDU-Abgeordneter Dietmar Panske als Vorsitzender des U-Ausschusses. Ein Vermerk im Austausch zwischen der hiesigen Polizei und dem Innenministerium soll es schwarz auf weiß festhalten. "Das Problem ist das Führungsverhalten vor Ort", soll dort sinngemäß stehen. Was genau dahinter steckt, will der Ausschuss in den kommenden Wochen herausfinden. Emotionsgeladen soll am Montagmorgen vor allem die Aussage eines pensionierten Polizeibeamten gewesen sein. "Ein Zeuge hat eindrucksvoll geschildert, dass es schon vor Lügde ein Führungsproblem gebeben habe", fasst Dietmar Panske zusammen. Das Zusammenspiel zwischen Abteilungen, Projektabsprachen sowie die Kommunikation zwischen den Ebenen habe aus Sicht des pensionierten Polizeibeamten nicht funktioniert. Die Situation sei über die Jahre sehr frustrierend gewesen, auch weil das Problem vom Landrat als Behördenleiter trotz mutmaßlicher Hinweise aus der Belegschaft nie angegangen worden sei, schildert der Ausschussvorsitzende hinterher. Alexander Baer, lippischer SPD-Landtagsabgeordneter und selbst Mitglied im U-Ausschuss, sieht die Aussage des langjährigen Beamten dennoch kritisch. "Er hat nicht so wirklich viel Sachlichkeit hereingebracht", sagt Baer. Der U-Ausschuss müsse systematische Fehler angehen, aus seiner Sicht habe die jüngste Sitzung daher vor allem offengelegt, unter welchem öffentlichen Druck die lippischen Polizeibeamtinnen und -beamten damals gestanden hätten. Nur wenige Polizistinnen und Polizisten trauen sich, Gespräche anzunehmen Verdeutlicht habe das insbesondere die Aussage des Detmolder Wachdienstleiters, der in der heißen Ermittlungsphase als sozialer Ansprechpartner zuständig gewesen sei. Dieses Gesprächsangebot überhaupt anzunehmen, trauten sich letztendlich wohl nur wenige Polizistinnen und Polizisten, da sie dadurch bei Fehlern nicht geschützt wären. "Das ist wirklich erschreckend", sagt Alexander Baer. "Ich will Lippe nicht in Schutz nehmen, aber wir stellen im Ausschuss immer wieder fest, dass auch bei der größeren Polizeibehörde in Bielefeld einige Fehler passiert sind." Von den 400 aktiven Polizeibeamten und -beamtinnen im Kreis Lippe haben vielleicht fünf Fehler begangen und die 395 anderen einen "guten Job gemacht", dieses Gleichnis führt Ausschussmitglied Klaus Hansen, lippischer CDU-Landtagsabgeordneter, aus. Überdurchschnittlich viele Krankmeldungen bestätigten zudem, wie belastend die Ermittlungen sowie der Druck rund um Lügde gewesen sein müssen. Ihm sei durch den jüngsten PUA allerdings eines deutlich geworden: "Wir haben oder hatten zumindest in Lippe ein massives strukturelles Führungsproblem." Die Problemstellen innerhalb der Kreispolizeibehörde hätten sich über Jahre verfestigt, so sei sein Eindruck durch einige Zeugenaussagen. Das gilt es nun weiter von Düsseldorf aus aufzuarbeiten.

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