Nach dem Unwetter laufen die Aufräumarbeiten in Lippe

Kreis Lippe. Nach dem Starkregenereignis am Montag, das besonders Detmold und Lage betroffen hat, laufen vielerorts die Aufräumarbeiten. Im Detmolder Ortsteil Klüt (Aachener Straße) wurde um 12 Uhr eine mobile Anlaufstelle geöffnet, in der Ansprechpersonen der Stadt Detmold, der Stadtwerke Detmold und der Versicherer für die Bürger vor Ort sind. Eine telefonische Hotline ist unter der Rufnummer 977-100 eingerichtet. In Lage nimmt die Stadt Anrufe entgegen, melden sollen sich aber ausschließlich die Bürger, die besonders stark betroffen sind. Ihnen soll geholfen werden. "Die Teams Straßenunterhaltung und Kanal sind bereits seit den frühen Morgenstunden wieder vor Ort im Einsatz, um insbesondere Schmutz und Schlamm zu entsorgen", heißt es in einer Pressemitteilung aus dem Detmolder Rathaus. Die Stadt stellte ab Dienstagmittag für betroffene Bürger in Klüt geeignete Container am Parkplatz des Friedhofs und an der Mittelstraße gegenüber dem DRK bereit, in denen vom Regen beschädigter Hausrat entsorgt werden kann. Aus Sicherheitsgründen waren auch am Dienstag noch etwa 80 Häuser in Klüt stromlos geschaltet: an der Dürener Straße, Aachener Straße, Eschweiler Straße, Mittelstraße, Dürener Weg, Brühler Weg und Barntruper Straße. Wann diese wieder an das Stromnetz angeschlossen werden können, war zunächst nicht bekannt. Für betroffene Bürger, die aufgrund des Schadens aktuell nicht in ihren Häusern und Wohnungen bleiben können, bietet die Stadt eine Unterbringung in einer städtischen Unterkunft an. Weitere Informationen dazu gibt es ebenfalls bei der Hotline unter Tel. (05231) 977-100. >>> Überblick: Heftiges Unwetter trifft OWL Einen Tag nach dem Starkregen ist ein Großteil von Klüt im Aufräummodus. In der Mittelstraße helfen Bauhof-Mitarbeiter mit Schaufeln, Minibaggern und einem Spülwagen, den zähen Schlamm zu beseitigen. "Man kann den alleine kaum bewegen", sagt Anwohner Rolf Kimmling. "Nicht mal von der Schüppe bekommt man ihn runter." Er hat noch Glück gehabt, weil sein Haus nicht unterkellert ist und der Schlamm nur den Vorgarten erreicht hat. Sein Nachbar Kevin Smithen musste den Carport freischaufeln. "Jetzt merkt man, dass man Freunde hat", sind sich beide einig. "Wie ein fünf bis sechs Meter breiter Fluss kam das innerhalb von fünf Minuten die Straße runter", erinnert Smithen sich. Bei Nachbarn auf der anderen Straßenseite lief die Garage und der Keller voll. Sie berichten von einem langen Streit mit der Stadt über Überflutungsschutz. Denn früher habe sich das Wasser auf der Kuhwiese am Ende der Wohnbebauung der Mittelstraße sammeln können. Dann sei diese Kuhle in den 80er Jahren mit Erdaushub gefüllt worden. Heute wird sie als Acker landwirtschaftlich genutzt. 2019 hatte die Stadt dort in die Mittelstraße einen Huckel als Wassersperre eingebaut und Abflussrinnen befestigt. Das alles hat diesmal augenscheinlich dem Wasser keinen Widerstand geboten. Vieles wurde einfach weggespült, selbst einen durchlässigen Zaun hat das Wasser aus seiner Verankerung gerissen. "Das THW hat schon bestimmt einen halben Meter abgepumpt" Bei David Toews hat der Schlamm den kompletten Garten ruiniert. Gemeinsam mit seinem Sohn Jan Daven und Eugen Martens versucht er, den Rasen wieder freizulegen. "Das Technische Hilfswerk hat schon bestimmt einen halben Meter abgepumpt", berichtet er. Das Zwergkaninchen, was seinen Stall unter dem Spielhaus hat und die Hühner hätten glücklicherweise rechtzeitig weiter oben untergebracht werden können. Auch Toews Haus ist nicht unterkellert, weshalb er glimpflich davongekommen ist. Das Glück haben Carsten Schlicht, Andreas Gwiasda und Jasmin Rothe nicht. Gemeinsam mit Lian (6) und Lennox (2) versuchen sie den Schlamm aus dem Keller und vom Hinterhof zu bekommen. Das Problem: Noch fließt nichts richtig ab. Erst müssen die ebenfalls vollgelaufenen Sickergruben ausgepumpt werden. Und dafür heißt es warten, bis das Haus an der Reihe ist. Die Fußpflege-Praxis nebenan habe es noch schlimmer getroffen, sagt Schlicht. Und: "Ein Tag Arbeit, dann ist der Schlamm wieder weg." Von einer arbeitsreichen Nacht berichtet auch Rainer Diekmann, Inhaber der Gärtnerei in der Mittelstraße. Der Heizungskeller habe bis kurz unter dem Brenner unter Wasser gestanden, das Wohnzimmer habe man versucht, mit Sandsäcken zu sichern. Bis 1 Uhr nachts habe er geholfen, die Straße sauber zu machen. Zum Glück verfügt der Betrieb über Pumpen und auch die Baufahrzeuge, die noch vom Neubau einer Halle auf dem Hof standen, halfen. Den Kies der provisorisch geschotterten Hallenzufahrt hatte das Wasser bis hinunter auf die Mittelstraße gespült. "Ein Kunde, der Wirt des Gasthofs ,Zum Donoperteich, hat spontan Spießbraten für die Helfer vorbeigebracht", erzählt Diekmann. Von der Mittelstraße ist das Wasser zum tiefer gelegenen Oetternbach gelaufen, der über die Ufer getreten ist und viele Häuser an der Aachener und Dürener Straße unter Wasser gesetzt hat. Bei Sieghard und Margarethe Hüdepohl war der Wasserstand im Keller so hoch, dass es das Heizöl aus den Tanks gedrückt hat. "Das schnelle Abpumpen des Öls hat gut funktioniert", lobt Sieghard Hüdepohl. "Aber bis der Keller wieder in Ordnung ist, kann das ein halbes Jahr dauern." Hüdepohls sind bei ihrem Sohn in Hiddesen untergekommen. In der Wohnung durften sie wegen der Öldämpfe nicht bleiben. Momentan ist im Haus noch der Strom abgeschaltet. Erst muss ein Elektriker die Freigabe erteilen, weil viele Steckdosen auch unter Wasser standen. Bürgermeister Hilker habe ja versprochen, dass das Ereignis aufgearbeitet werde, erinnert Margarethe Hüdepohl. "Es war surreal", sagt Thomas Eikmeier, der dem Ehepaar beim Aufräumen hilft. "Man kann sich das nicht vorstellen: Der kleine Oetternbach ist im Grunde durch die ganzen Häuser an der Dürener Straße geflossen." In den Erdgeschossräumen habe das Wasser 40 Zentimeter hoch gestanden. Die Keller seien bis unter die Decke vollgelaufen. "Und Extremwetter nehmen zu. Das passiert in einer paar Jahren wieder. Das ist eigentlich inakzeptabel. Wir wohnen ja hier nicht am Rhein!" Wassermassen überraschen Kindergruppe In Lage hat es besonders die Innenstadt, Hagen, Waddenhausen und Ehrentrup getroffen. Bauhof, Feuerwehr, Polizei und Verwaltung richteten in der Feuerwache einen Krisenstab ein und koordinierten die Einsätze. Aus Hagen war ein Notruf eingegangen, weil sich eine Kindergruppe, die auf dem Hof zu Besuch war, angesichts der Wassermassen in eine Scheune auf dem Biohof Brinkmann geflüchtet hatte. "Da haben viele Anwohner sehr umsichtig gehandelt, es ist alles gut ausgegangen", sagt der Leiter des Bauhofes Leif Salitter. 180 Notrufe gingen ab 16.15 Uhr bei der Feuerwache ein, die Anliegen wurden priorisiert. Am Dienstagmorgen wurden die Schäden aufgenommen und neuralgische Punkte kontrolliert. Die Stadt Lage will die Betroffenen weiter unterstützen, der Bürgerservice ist unter Tel. (0 52 32) 601 0 zu erreichen. "Das ist allerdings keine Garantie für jede Art von Hilfe", sagt Pressesprecherin Ulrike Busse. Was bedeutet: Es sollen sich die melden, die besonders betroffen sind. In Ehrentrup wurde Dienstagmorgen ein Spezialfahrzeug eingesetzt. "Davon gibt es in ganz OWL nur vier oder fünf", sagte Salitter. Der Schlamm wurde angelöst und aufgesaugt. Bereits Montagabend hatte die Firma ihre Hilfe zugesagt. "Wir arbeiten seit Jahren mit denen zusammen, das hat sich bewährt", so der Teamleiter des Bauhofs. Salzufler Messezentrum säuft ab Ebenfalls schwer getroffen von dem Unwetter von Montagabend ist das Messezentrum Bad Salzuflen. "So etwas habe ich in 30 Jahren noch nicht erlebt", sagt Geschäftsführer Andreas Reibchen. Die Fluten seien von der Heerserheider Straße und der Werkstraße auf das Messegelände geflossen. "Wir haben seit 2005 ein Regenrückhaltebecken an der Halle 20. Dazu befinden sich auf unserem Gelände diverse Vorfluter. Aber all dies hat nichts genützt. Für die Wassermengen kann man auch keine ausreichend großen Kanäle bauen", sagt Reibchen. Die Folge: Insgesamt sechs Messehallen wurden mit Wasser und Schlamm überflutet. "Ich schätze, dass etwa 5.000 bis 6.000 Quadratmeter Hallenfläche betroffen sind. Dort liegt teilweise Teppich, und auch sonst müssen wir erst sehen, was die Fluten angerichtet haben." In einigen der betroffenen Hallen befinden sich zudem Dauerstände der Möbelindustrie. "Auch hier dürfte etliches beschädigt worden sein", so Reibchen. Er geht davon aus, dass der Gesamtschaden im Messezentrum eine mittlere sechsstellige Summe erreichen dürfte. "Aber genauer werden wir das erst in einigen Wochen wissen." Das einzig Gute: "Die nächsten Veranstaltungen hier sind durch das Hochwasser nicht gefährdet", so Reibchen. Betroffen seien übrigens auch benachbarte Unternehmen in dem Gewerbegebiet. Lemgo kommt davon Lemgo, das bei den vergangenen Starkregen meist heftig getroffen wurde, kam am Montag glimpflich davon. Feuerwehr-Chef Lars-Uwe Brede weiß am Tag danach lediglich von zwei Einsätzen im eigenen Stadtgebiet zu berichten: In Hörstmar mussten seine Kameraden an der Spedition Pieper in unmittelbarer Nähe zur Bahnlinie zum Schutz Sandsäcke aufschichten. Hier drohte eine vom Acker her kommende Schlammlawine das Gelände zu fluten. Die Aktion glückte, nur die anschließende Reinigung nahm einige Zeit in Anspruch. Gleiches galt für einen kleinen Einsatz in Lieme. Ungenutzt blieben damit die speziellen Schmutzwasserpumpen, die die Lemgoer nach den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit für alle Feuerwehr-Fahrzeuge angeschafft haben. Gefragt war indes die Löschgruppe Wahmbeck, die mit ihrem speziellen Katastrophenschutz-Fahrzeug zur Bezirksreserve gehört. Sie wurde in die arg gebeutelte Nachbarstadt Lage gerufen, wo die Wahmbecker von 20 bis 4 Uhr früh im Einsatz waren. Das Technische Hilfswerk aus Lemgo ist am Montagabend nach Detmold-Klüt geeilt. Bis Dienstagmorgen um 7 Uhr halfen die 18 Ehrenamtlichen dabei, die Keller östlich der Lemgoer Straße auszupumpen. "Die Keller standen bis zur Decke unter Wasser, manchmal kam das Wasser schon ins Erdgeschoss", sagt Sprecherin Jennifer Reineke auf Nachfrage. Als es dunkel wurde, stellten die Helfer Beleuchtung auf. Schließlich war der Strom in manchen Straßen vorsichtshalber abgestellt worden. Einsätze auch in Nordlippe In Extertal war die Feuerwehr am Montagabend mit 14 Fahrzeugen im Einsatz, sagt Bürgermeister Frank Meier am Morgen danach auf Nachfrage. Auch der Bauhof sei mit seinen Baggern ausgerückt. Besonders betroffen gewesen seien die Ortsteile Silixen und Bögerhof. Im Katerweg seien die Keller von vier bis fünf Gebäuden vollgelaufen. Viel Schlamm sei über ein frisch bestelltes Nachbarfeld mitgekommen. Über die Heidelbecker Straße sei außerdem eine Menge Wasser ins Ortszentrum gelaufen. Hier sei der Bauhof auch am Dienstagvormittag noch im Einsatz. Das für das Wochenende geplante Silixer Dorfgemeinschaftsfest kann laut Bürgermeister Frank Meier jedoch wie geplant stattfinden. Darüber hinaus sei die Extertalstraße überschwemmt gewesen. Auch hier sei Erde von einem Feld gespült worden. "Wir haben die Durchflüsse mit einem Bagger wieder freigemacht. Gegen 21.30 Uhr war der Einsatz beendet", sagt Frank Meier. Unweit von Silixen hat das Unwetter laut Horst Brinkmann, Pressesprecher der Kalletaler Feuerwehr, besonders Heidelbeck in der Gemeinde getroffen. Etwa 70 Kameraden seien an 21 Einsatzstellen gewesen, um vollgelaufene Keller auszupumpen, in denen das Wasser teilweise bis zur Decke stand. Insbesondere hatte es den Schulweg getroffen. Auch der Elfenborner Weg und Tulpenweg in Stemmen seien betroffen gewesen. Des Weiteren hat es erneut Kalldorf getroffen - wie schon vor eineinhalb Wochen. "An denselben Stellen, aber nicht so schlimm wie damals", sagt Horst Brinkmann. Der Bauhof der Gemeinde habe die Feuerwehr unterstützt und über 400 Sandsäcke verteilt. Gegen 23 Uhr waren die Einsätze beendet. "Die Kameraden hatten einen anstrengenden Tag, waren ein paar von ihnen doch schon in der Nacht zuvor bei einem Brand in Vlotho-Exter im Einsatz", sagte der Feuerwehr-Sprecher. Die Dörentruper Feuerwehr musste zwar nicht in ihrer Gemeinde zum Einsatz, wurde aber zur Unterstützung nach Klüt gerufen, sagt der stellvertretende Sprecher Kevin Elliott. Mit dem Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug seien die Humfelder ausgerückt und hätten beim Abpumpen der Keller bis in die Morgenstunden geholfen. Ostlippe zum Teil betroffen Während Blomberg vom Starkregen weitestgehend verschont geblieben ist, wurden andere Teile Ostlippes hart getroffen. "So etwas habe ich persönlich noch nicht erlebt", berichtet Marco Gröne, stellvertretender Leiter der Lügder Feuerwehr, von den Wassermassen. Insbesondere Elbrinxen und Rischenau seien betroffen gewesen. Die Wehr war mit allen Einheiten, insgesamt also rund 100 Einsatzkräfte, etwa sechs Stunden im Einsatz. Die Falkenhagener Straße in Rischenau habe einem See geglichen, beschreibt Gröne. Auf einer Strecke von etwa 400 Metern habe die Straße unter Wasser gestanden. Die Mitarbeiter des Bauhofes hätten versucht, die Gräben freizumachen. "Das Wasser ist aber massiv nachgeflossen." Während der Arbeiten musste die Straße für den Verkehr gesperrt werden. Im Bereich Obere Dorfstraße/Kohlgärten in Elbrinxen sei das Wasser gleich aus zwei Richtungen gekommen, wie der stellvertretende Leiter berichtet. Zum einen sei das Wasser massiv von den Ackerflächen heruntergeflossen und zum anderen sei der Ilsebach über die Ufer getreten. Die Folge waren vollgelaufene Keller. Insgesamt gab es im Lügder Stadtgebiet 38 Einsätze. "In Schieder-Schwalenberg wurden alle Einheiten in Bereitschaft gesetzt", berichtet der Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Mike Mundhenke. Das Unwetter habe sich auf die Ortsteile Schwalenberg mit sechs und Wöbbel mit drei Einsatzstellen begrenzt. "Am schlimmsten kam das Wasser den Burgberg herunter", berichtet Mundhenke, der mit rund 40 Einsatzkräften die Straßen von Matsch und Geröll befreite.

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