Leopoldshöhe. Kabarett vom Feinsten bot Christoph Sieber mit seinem Programm „Mensch bleiben“ in der gut gefüllten Aula in Leopoldshöhe. Scharfsinnig, wortwitzig und selbstironisch tauchte er die Zuhörer in ein Bad der Gefühle – mal hielten sie sich den Bauch vor Lachen, kurz darauf waren sie sichtlich betroffen.
Der Träger des Deutschen Kleinkunstpreises durchleuchtete mit scharfen Pointen, Galgenhumor und akrobatischen Wortspielen das aktuelle politische und gesellschaftliche Geschehen. „Warum nicht mal wieder so einen richtigen Kackabend haben“, leitete er den Abend schnodderig ein mit der Versicherung, er werde keine Antworten bieten. Stattdessen gebe es viele Fragen und man könne „gepflegt scheitern miteinander“. Und schon der Übergang zur Bundesregierung und die ersten Lacher.
„Damit sie heute Abend all das erfahren, was sie schon immer nicht wissen wollten“ rechnete er mit allen ab. Den Reichen, den Parteien (vor allem der FDP), der Kirche, er machte sich über Lehrer, E-Bikern, Schlagerfans, Veganer und Berliner Studenten lustig. Denn: „Nur wer zweifelt, verzweifelt nicht.“ Als „alter Misanthrop“ liebe er den Spruch „Lieber faul als immer müde“, betonte er und wandte sich vehement gegen die Gewöhnung, die schweigende Mehrheit, die den Hass ignoriert, der die Gesellschaft zersetzt.
Die Geschichte vom intelligenten Kühlschrank
Der in Balingen geborene Kabarettist nahm immer wieder in Kauf, dass die Stimmung „im Eimer“ war. Nachdem er zum Beispiel erklärt hatte, dass einem Prozent der Weltbevölkerung mehr gehört, als den übrigen 99 Prozent. Die Reichen haben in der Finanzkrise den Staat mehr gekostet als die Armen, und es ist ein Armutszeugnis für die Politik, dass eine private Organisation wie die Tafel die Bedürftigen mit Lebensmitteln versorgen muss. Hier gab es viel Beifall, wie auch bei der Jongliervorführung oder der Geschichte über den intelligenten Kühlschrank, der immer wieder Harzer Roller nachbestellt, obwohl ihn keiner mag.
Dass eine Waldorfschule im Silicon Valley eine technologiefreie Zone für die Nachkommen der Technikfreaks bietet, wundere ihn nicht. Denn der Dauermedienkonsum verblöde die Menschen: „App, App und App und fertig ist der Depp“. Wahrscheinlich könne man seine Seele gar nicht mehr dem Teufel verkaufen. „Gehört die nicht längst Amazon?“
Sieber setzte sich vehement für die Menschlichkeit ein und warnte vor dem Machtmissbrauch. Dafür griff er auch zur Gitarre und zum Klamauk. „Ich bin beim Despotenkurs durchgefallen, weil ich oft nicht meiner Meinung bin.“ Er bot einen witzigen Exkurs durch aberwitzige Verschwörungstheorien und die Erkenntnis, dass das Paradies die Hölle wäre.