Leopoldshöher zeigt, wie er in kleinen Schritten zum Energiesparer geworden ist

Leopoldshöhe. Günter Herrmann duscht meist kalt in seiner Dusche im Garten. Die Gastherme für die Heizung im Haus hat er schon seit 30 Jahren nicht mehr in Betrieb, der Schornsteinfeger hat das Haus davon offiziell freigestellt. Ein Kaminofen sorgt für ausreichend Wärme. Seinen Garten wässert er mit dem Regenwasser, das er in dem ehemaligen Flüssiggastank auffängt. Ein genügsam anmutendes Leben, das angesichts extrem hoher Energiekosten genau richtig zu sein scheint. Günter Herrmann praktiziert das alles schon seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten. Bekehren will der Leopoldshöher andere nicht, wohl aber Anstöße geben. Preiserhöhungen beim Strom, teures Gas, Gasumlage, Fernwärme-Kostensteigerungen. Viele Menschen treiben die steigenden Energiepreise um, viele Menschen kommen deshalb an ihre finanziellen Grenzen. Energiesparratschläge gibt es allerorten, Tipps, wie mit weniger auszukommen sei, auch. Günter Herrmann kennt das alles. Der 72-jährige Leopoldshöher aber hat schon vor Jahrzehnten einen Weg eingeschlagen, der ihm heute hilft, dem alles vielleicht ein bisschen gelassener entgegensehen zu können. Eine Mischung aus ein bisschen Zufall, ein bisschen Voraussicht sowie Klimaschutz- und Umweltbewusstsein sind die Gründe für seinen Weg. Ein Besuch bei dem Mann, der auch bei der Leopoldshöher Ortsgruppe des Naturschutzbundes (NABU) schon positiv aufgefallen ist. Das Fertighaus ist ein Niedrigenergiehaus aus Dänemark &bdquo;Es gibt Menschen, die praktizieren einen bemerkenswerten, spartanisch anmutenden Lebensstil“, sagt Ewald Thies vom NABU Leopoldshöhe über Günter Herrmann, der dem Verein selbst seit gut 20 Jahren angehört. Das Besondere aber sei, so schätzt es Ewald Thies ein, dass der Verzicht für Günter Herrmann nicht gleichbedeutend sei mit einem Verlust an Lebensqualität. Günter Herrmann bittet erst einmal zu einem Rundgang ums Haus. Über den Rasen, der längst nicht so exakt gemäht und getrimmt wie bei den Nachbarn eine Straßenecke weiter. Vor knapp 40 Jahren hat er im Süden der Gemeinde gebaut. Er hatte sich damals, 1983, für ein dänisches Fertighaus entschieden, ein Niedrigenergiehaus. &bdquo;Da lag Deutschland noch im Tiefschlaf“, sagt Herrmann und meint energiebewusste und klimaschützende Bauweisen. Sein Haus verfüge über hochwertige Dämmung mit 20 Zentimeter dickem Boden mit Steinwolle, einer ebenso dicken Decke, ebenfalls mit Steinwolle. Die Wände sind 14 Zentimeter stark. Die Fenster sind dreifach verglast. Unter dem Haus befindet sich ein ein Meter hoher Kriechkeller, in dem alle Versorgungsleitungen untergebracht sind. Das ermögliche ihm gleichzeitig flexible Gestaltungsmöglichkeiten im Haus. Die Küchenzeile an einer anderen Wand anzuschließen – alles kein Problem. Zwischen den gepflasterten Wegen und den Terrassen lässt Günter Herrmann wachsen, was er selbst dort über die Jahrzehnte angepflanzt oder was sich dort von allein entwickelt hat. Auch Brennnesseln gehören dazu, von ihnen schneidet er die Spitzen ab und verfeinert damit seinen Sommersalat. Tee geht auch. Nur ab und an schneidet er mal zurück, was sich zu weit oder zu hoch vorwagt. Insekten und kleine Tiere finden hier einen Unterschlupf &bdquo;Ich will etwas für die Natur tun und ihr auch ein bisschen was zurückgeben“ sagt er. Als eine Art Ausgleichsfläche für den versiegelten Bereich, auf dem sein Haus steht, hat er die Dächer des Gartenhäuschens und des Carports begrünt. Überall gebe es Plätzchen, in denen Insekten, Igel & Co. einen ungestörten Unterschlupf finden. In der Sommerlinde summt und brummt es, weil sich Bienen in Scharen im Juni an den Blüten bedienen. &bdquo;Ich stehe dann manchmal hier drunter und höre mir das nur an“, sagt Herrmann und lächelt. Jedes Jahr kehren Molche in seinen Miniteich zurück. Brennholz für den Kamin hat er in Unterständen geschichtet, auf gut 40 Meter Länge rund ums Haus. &bdquo;Das reicht für sieben Winter“, sagt Herrmann, der seit sieben Jahren in Rente ist. Das Holz habe er selbst gefällt, gesägt, gehackt und mit einem Anhänger aus dem Wald transportiert, dessen Forstbesitzer ihm die Bäume markiert hat, die er nehmen durfte. Meist steht das Auto unterm Carport, Einkäufe erledigt er mit dem Fahrrad. Auch das hält ihn fit. Sport treibt der langjährige Hermannsläufer regelmäßig im Gartenhäuschen, das er zu einem kleinen Fitnesscenter mit Langhanteln und Rudergerät ausgestattet hat. Ein Einsiedler? Von wegen. Bis vor zehn Jahren hat er hier mit seiner Familie gelebt, die Tochter ist nach der Scheidung noch bei ihm geblieben. Sie ist hier aufgewachsen, aus einer vorherigen Ehe hat er noch zwei Kinder. Apropos Kinder. Genügsamkeit und Verzicht mit kleinen Kindern, geht das? Für Günter Herrmann ist das kein Widerspruch. In seinem Haus ist Kälte eh kein Problem, gute Dämmung und der Kamin sorgen für angenehme Temperaturen. Alles andere habe sich auch langsam entwickelt. Immer habe er sich gefragt, ob er das braucht, was da – teils von Strom angetrieben – im Haus stand. Von der Kühltruhe hat er sich beispielsweise schon vor geraumer Zeit getrennt. Der Schritt, das Haus nur noch per Kamin zu heizen – kein Problem. Frau und Tochter fühlten sich damit auch wohl. Der Natur ihren Lauf lassen im Garten, die Entscheidung, auf Warmwasser im Badezimmer zu verzichten, stattdessen draußen zu duschen, das habe sich alles nach und nach entwickelt, erklärt Günter Herrmann. Jeder könne doch schauen, welcher Weg für ihn passend sei, auch ohne Komfortverlust etwas für Natur und Umwelt zu tun, Energie zu sparen. Er selbst habe im Freundeskreis bereits Anregungen geben können. Nicht immer sei alles sofort umsetzbar, weil es beispielsweise für Wärmepumpen derzeit lange Lieferzeiten gebe. Aber es sei machbar. Schritt für Schritt.

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