Der Arminiafamilie-Fanclub aus Leopoldshöhe

Leopoldshöhe. Dass die Initiative zur Gründung dieses Fanclubs ausgerechnet von einem Borussia-Dortmund-Sympathisanten kam, ist wohl erstaunlich. Aber dann doch erklärbar. Petra und Jürgen Landermann hatten den damaligen Freund ihrer Tochter Sarah nicht nur sofort in der Familie aufgenommen, sondern damit auch gleichsam in ihrer Arminiafamilie. Sarah und ihre Schwester Laura waren – wie Papa Jürgen und Mama Petra – eh schon Vollblut-Arminen, fußballverrückt und mit der ostwestfälisch-unerschütterlichen Liebe zu diesem zwischen Oberliga und Bundesliga hin- und herpendelnden Fußballverein dauerinfiziert. Und so wurde auch Stefan ein Landermann, Armine und eben Initiator der Fanclub-Gründung. Klar, dass der Club &bdquo;Landermänner FC“ heißt. Mittlerweile hat das Ehepaar zwei Kinder, die Zwillinge Liska und Svea, beide vier Jahre alt. Und beide tragen an diesem Abend Arminia-Trikots als Kleidchen, als Flock steht auf der Rückseite &bdquo;Landermänner FC“. Sie spielen mit ihrem Plüschtier, Arminis-Maskottchen Lohmann und schenken den Gesprächen der Großen eher weniger Aufmerksamkeit. &bdquo;Ich habe ja schon viele Abstiege erlebt“ Da geht es um den nahenden Abstieg aus der Bundesliga und den damit verbundenen Schmerz – mal wieder. Aber 2014 nach dem Relegationsdrama gegen Darmstadt 98 war es für die seinerzeit noch vierköpfige Arminiafamilie Landermann noch viel, viel schlimmer. Da sind sich der heute 63-jährige Jürgen (&bdquo;Ich habe ja schon viele Abstiege erlebt“), Petra (62), Sarah (33) und Laura (29) einig. Kurz nach dieser Schockschwerenot, 2015, lernte Sarah ihren Stefan in einer Disco kennen. Die beiden diskutierten stundenlang über Fußball, draußen, auf der Motorhaube seines Autos. Er gab zu verstehen, dass er für den BVB ist, sie traute sich erst gar nicht zu sagen, welchem Verein ihr Fußballherz gehört. Nicht nach diesem Debakel, in der Nachspielzeit im Relegationsspiel zwischen dem damaligen Zweitligisten DSC und dem Drittligisten Darmstadt noch 2:4 verloren zu haben, wo Arminia im Hinspiel mit dem 3:1 doch schon alles klar gemacht zu haben schien. Das nimmt die Familie noch immer mit. &bdquo;Ich darf gar nicht sagen, von wem ich Fan bin“, offenbarte Sarah also Stefan. Und der dachte erst, dass sie – und das wäre ja nun gar nicht gegangen – sich als Bayern-München-Fan outen wolle. Nix da. Arminia ist es, war es und wird es bleiben. Und das war okay. Schnell lernte Stefan die gesamte Familie kennen. Und die gemeinsamen Fußball-Nachmittage und die Gespräche und hitzigen Debatten über Tabellenplatz, Stürmerqualitäten, Schwächen in der Defensive und Verhalten von Trainern, Geschäftsführung und Vorstand. &bdquo;Als ich dazukam, wurde ich sofort integriert“, sagt der 36-Jährige. Und wurde Armine. Selbstverständlich, dass er seine Töchter kurz nach der Geburt beim Kinder- und Familienclub des DSC, den Arminis, anmeldete. Und weil zu der Zeit auch schon der Freund seiner Schwägerin Laura (29) und künftiger Schwager Felix Teubert zur Runde gehörte und sich das alles wie ein Arminiafamilien-Fanclub anfühlte, wollte er es auch offiziell machen. Gründungsdatum 14. August 2019, Mitgliederzahl acht, der laut Arminia-Angaben 180. Fanclub, aktuell sind es 243. Der erste (1981) und noch immer bestehende war der Fanclub &bdquo;Arminia Freunde Stuttgart Stammheim“, ein Jahr später gründete sich der erste Bielefelder Fanclub, &bdquo;Blue Army Bielefeld“. Wie überzeugend die Arminiaseelen aus Asemissen sein können, hatte zu dem Zeitpunkt auch Felix (28) längst anerkannt. Er, der eigentlich so gar nichts mit Fußball am Hut hatte. Aus Niedersachsen stammt er, die Verwandtschaft hielt sich eher an Hannover 96, er selbst war bis dato noch nie in einem Fußballstadion gewesen. Dann aber zum ersten Mal in der Schüco-Arena, auf der Alm. Und was soll man sagen, &bdquo;das hat mich sofort begeistert“. Stefan und Felix ahnen (und schmunzeln heute darüber), was in ihren Frauen vorgegangen ist, als diese, lange bevor sie sich kennenlernten, regelmäßig zum Trainingsplatz, ins Stadion, auch zu Auswärtsspielen gefahren sind und als Kinder mit Papa Jürgen auf der Südtribüne auf Styroporblöcken standen, um über Hinterköpfe und aufs Spielfeld sehen zu können. Die Styroporblöcke warten jetzt auf ihren ersten Einsatz für Liska und Svea. Sarah schwärmte später für Jonas Kamper, Laura für Markus Bollmann. Damals, als es noch einfach, Kontakt zu den Spielern aufzunehmen. Zum 18. Geburtstag ihrer Schwester organisierte Sarah ein Handyvideo, auf dem Markus Bollmann Laura Glückwünsche ausrichtete. Autogramm von Fabian Klos für die Zwillinge Laura ihrerseits stellte sich bei einem Arminis-Sommerfest stellvertretend für ihre Nichten, die noch im Kinderwagen lagen, bei einer Autogrammstunde in die Reihe. Der Ordner hatte sie augenzwinkernd durchgelassen, weil sie fast so jung wie 16 aussah, das Höchstalter der Kinder und Jugendlichen, die sich bei diesen Festen Autogramme holen dürfen. DSC-Legende und Rekordtorschütze Fabian Klos hatte Zweifel. &bdquo;Du bist aber keine 16 mehr, oder“, habe er gesagt, gegrinst – und signiert. Die von der Mannschaft signierten Shirts, Größe 62, haben ihren Platz in der DSC-Sammlung der Landermanns, neben Bannern, Fahnen, Trikots, Karten und Panini-Alben und mehr. &bdquo;Arminia“, so sagt es Sarah, &bdquo;ist so viel mehr als nur Fußball“. Weil zur Arminia-DNA aber auch gehört, zu hadern, zu zweifeln und zu schimpfen, brummelt Jürgen Landermann doch noch was von &bdquo;unnötigem Abstieg“, von fehlendem Geld und Fehlentscheidungen und unsicherer Zukunft. Zumal das vor allem Fabian Klos, der den Verein verlässt, zum Ende seiner elfjährigen Arminiazeit so gar nicht verdient hätte, ergänzt Petra. Und was hätten sie alle den Aufstieg 2020 doch so gerne auf der Alm gefeiert. Coronabedingt blieb es beim Autokorso, in den sich die Leopoldshöher mit Fahnen und Arminia-Hymne in Dauerschleife aus dem Handy in Bielefeld einreihten. Zum Verzweifeln ungerecht war das alles. Und doch bleibt eins gewiss, die Landermänner sind schwarz-weiß-blau – ihr Leben lang.

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