Oerlinghausen. Als John Gibson Anfang 2019 den Verein „Regenbogen“ gründete und seitdem das Ziel verfolgt, Demenzkranke, deren Angehörige und Pflegende zu unterstützen, konnte er nicht ahnen, dass das Symbol des bunten Bogens in anderem Zusammenhang weltweit im Fokus stehen würde. Bei der Fußball-Europameisterschaft war die Flagge jüngst als Signal für Vielfalt und selbstbestimmte Lebensformen sexueller Orientierung zum Zankapfel zwischen der UEFA und vielen Ländern Europas geworden.
John Gibson, gebürtiger Brite, unterstützt die Gleichstellung aller Menschen, „das ist überhaupt keine Frage“, betont der 85-Jährige. Mit seinem Verein möchte er aber ganz andere Ziele verfolgen. Hier geht es ihm und seinen Mitstreitern vor allem um Gerechtigkeit bei der Entlohnung. Damit das deutlich bleibt, haben sich Gibson und die Vorstandsmitglieder darauf verständigt, den Vereinsnamen zu ändern. „Freundeskreis für Demenzkranke, Angehörige und Pflegende“ soll er künftig heißen. Und weil Gibson als Ehrenmitglied die Unterstützung der Deutsch-Britischen Gesellschaft Gütersloh bekommt, werden zwei Wappen auf dem neuen Logo zu sehen sein. Das der Gesellschaft und das neue Wappen des Vereins mit halb deutscher, halb englischer Flagge und einem Segelflugzeug in der Mitte. Das Wappen solle künftig für den „Zwei-Länder-Verein“ stehen, sagt Gibson.
Die Idee, den Regenbogen als Erkennungszeichen zu nutzen, sei ihm seinerzeit gekommen, als er den Film „Der Zauberer von Oz“ mit Judy Garland gesehen und das Lied „Somewhere over the Rainbow“ gehört habe, erzählt John Gibson.
John Gibson holt die Briten mit ins Boot
Der Regenbogen symbolisiert für ihn Fairness. „Es tut mir leid, dass Leute, die arbeiten, am Monatsende nicht genügend Geld zum Leben haben.“ Von vielen Pflegenden weiß er um deren Situation, die aber auch für andere Berufssparten gelte. John Gibson berichtet vom Gespräch mit einer alleinerziehenden Mutter, die nicht weiß, wie sie über die Runden kommen soll.
Der aktive Senior findet das „beschämend“. Um auf diesen Missstand hinzuweisen, war es Gibson, der in einer Angehörigenwohnung des AWO-Seniorenzentrums „Müllerburg“ am Kalderberg lebt, gelungen, Andreas Westerfellhaus, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, im April für einen Besuch in Oerlinghausen gewinnen zu können (NW berichtete).
John Gibson, der seit 44 Jahren in Deutschland lebt und dem im Jahr 2002 vom damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde, nutzte seine guten Kontakte zur Deutsch-Britischen Gesellschaft Gütersloh und stellte bei deren jüngster Jahreshauptversammlung die Aktivitäten und Zielen des Vereins vor. Von der erfolgreichen Obstbaum-Pflanzaktion etwa hörten sie. „Die Mitglieder waren angetan, was ein kleiner Verein mit 25 Mitgliedern erreichen kann“, sagt Gibson. In Kooperation soll künftig an jedem zweiten Donnerstag im Monat „Bingo“ in der Gütersloher Gaststätte Roggenkamp angeboten werden.
Im Oktober ist anlässlich des 75-jährigen Bestehens von NRW der Auftritt einer englischen Brass-Band im Parkbad Gütersloh geplant. „In Oerlinghausen planen wir, jedes Vierteljahr eine Bingo-Veranstaltung“, kündigt Gibson an. Auch das Vorhaben, alle halbe Jahre ein „Pferderennen“ für Demenzkranke anzubieten, soll umgesetzt werden, wenn es die Corona-Regeln zulassen. Angedacht ist außerdem eine Busfahrt mit beiden Vereinen.
Weil ihm Gerechtigkeit auch beim Thema Klimaschutz am Herzen liegt, hat John Gibson gerade einen Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, formuliert. In seinen Zeilen macht er deutlich, dass er „möchte, dass alles getan wird, um CO2-Neutralität zu erreichen“, dass er aber auch der Meinung ist, dass das bis zum Jahr 2035 nicht zu schaffen ist. „Die vorgesehenen Änderungen“, schreibt er, „treffen gerade die Gruppe der Geringverdiener“. Eine drastische Anhebung der CO2-Steuer beispielsweise sei „für diese Menschen nur schwer zu verkraften“. Man müsse etwas tun, so Gibson, „aber nicht auf dem Rücken der Leute, die so wenig Geld verdienen.“
Gerne hätte er die Chance, mit einem Vertreter der EU-Kommission darüber zu sprechen. „Ich hoffe, dass ich eine Antwort bekomme“, sagt John Gibson. „Ich gebe die Hoffnung nie auf.“ Beim Staatssekretär hat es ja auch geklappt.