Oerlinghausen. Fünf großformatige Bilder sprengen das Format der Fensterzwischenräume in der Alten Synagoge. Schwarz-Weiß-Fotografien, so scheint es, hängen dort. Tatsächlich sind es Farbaufnahmen. Kleine Details wie Wasseransammlungen oder weit entfernte Häuser und Bäume lassen es erahnen. Bewusst hat Ricarda Treppner die stillen Szenen im Herbst und Winter eingefangen – der neutralen Stimmung wegen.
„Dadurch wirken sie schwarz-weiß“, bestätigt die Graphikdesignerin und Fotografin bei der Eröffnung ihrer Ausstellung „Übersicht. Fotografie“ beim Kunstverein Oerlinghausen in der Alten Synagoge. Hinzu komme die besondere Form der Aufnahme. „Jedes einzelne Bild ist aus vielen Einzelbildern entstanden“, erläutert die 25-Jährige. „Wie bei einem Landschaftsscan.“ Wer die entsprechende Perspektive einnimmt, der wird erkennen, dass die horizontale Linie der Bilder mit dem Horizont, der durch die Fenster der Synagoge zu sehen ist, in Verbindung steht.
"Der Wind pfeift, geichzeitig herrscht Ruhe"
Bergehalden, ihnen hat sich Ricarda Treppner gewidmet. Aufgeschüttet worden sind sie aus Bauschutt, Schlacke und Abraum bis zu einer Höhe von 140 Metern. Die künstlichen Berge aus Abfallprodukten des Bergbaus haben die eher flache Landschaft des Ruhrgebietes geprägt und verändert. Viele der Halden sind begrünt und renaturiert, mit einer Landmarke oder einem Kunstwerk bereichert worden.
„Der Blick über das Ruhrgebiet, der Wind pfeift, gleichzeitig herrscht Ruhe.“ Diese unglaublich spannende Stimmung hat die Graphikdesignerin und Fotografin von Beginn an fasziniert. Auf allen ausgestellten Bildern ist das Zusammenspiel von Haldenplateau, der in den Hintergrund gerückten umgebenden Landschaft und eines immer neutralen grauen Himmels zu sehen.
Betrachter, die vor den Bildern stehen, tauchen ein in den Raum, in dem die Perspektiven von der Künstlerin bewusst verschoben worden sind. Etwas Dreidimensionales haben die Bilder. „Ich habe versucht, die Atmosphäre einzufangen“, erzählt Ricarda Treppner. In Bad Salzuflen ist sie aufgewachsen, hat an der Fachhochschule Bielefeld ihren Master gemacht. Mittlerweile lebt und arbeitet sie in München.
„Ich fotografiere genau anders herum“
Andreas Beaugrand, der Künstlerische Leiter des Kunstvereins Oerlinghausen, hebt im Gespräch mit der jungen Künstlerin deren unglaubliche Dynamik, Zielstrebigkeit und ihr Talent hervor. „Das Ergebnis ihrer Masterarbeit hängt hier.“ Ricarda Treppner habe sich mit dem Bergbau einem Thema gewidmet, „das heiß umstritten ist“. Durch die Abstraktionen entstünden völlig neue und interessante Formen und Eindrücke.
Unter den Gästen der Vernissage, die von der Vorsitzenden Isolde Müller-Borchert begrüßt worden waren, war Maria Otte aus Melle. Die Bilder Ricarda Treppners erinnern sie an ihre eigenen. „Nach der Wende habe ich im Tagebau fotografiert.“ Aber aus anderer Sichtweise. Ebenso wie Peter Kaiser. „Ich fotografiere genau anders herum“ – das Leben der Bergarbeiter. In den Bilder Ricarda Treppners fallen dem Detmolder vor allem „die glasklare Teilung und die schmalen urbanen Streifen“ auf.
Zeiten und Termine
Die Ausstellung von Ricarda Treppner ist noch bis zum 14. April in der Alten Synagoge an der Tönsbergstraße 4 zu sehen.
Die Öffnungszeiten: Donnerstag, Samstag und Sonntag von 15 bis 17 Uhr sowie Sonntag von 11 bis 13 Uhr und auf Anfrage.
Das Kunstgespräch am Donnerstag zur Ausstellung findet am 4. April ab 18.30 Uhr in der Synagoge statt.
Bereits am Donnerstag, 14. März, lädt Dorothee Sommer Grundschulkinder ein, ab 16 Uhr Kunstentdecker in der Ausstellung zu werden.