Oerlinghausen

Flugsimulator für Oerlinghauser Restaurantgäste

Im "Check in" am Segelflugplatz bietet Ali-Reza Brojerdi jetzt die Möglichkeit, in einem professionellen Simulator einen Airbus A 320 zu fliegen

Echtes Cockpit: Ali-Reza Brojerdi (l.) bietet den Gästen des Flugplatzrestaurants "Check in" die Möglichkeit, einen professionellen Flugsimulator eines Airbus A 320 zu nutzen. David Blath weist als Flight-Instructor die Gäste ein und gibt Tipps. | © Gunter Held

Gunter Held
23.10.2016 | 24.10.2016, 07:21

Oerlinghausen. Die Landebahn kommt näher. Viel zu schnell für meinen Geschmack. "Nase hoch, Nase hoch", ruft mir David Blath zu. "Aber vorsichtig!" Also ziehe ich den Sidestick links neben mir nur millimeterweise zurück. Die Nase des Airbus hebt sich gehorsam. Die weißen Streifen auf der Landebahn rasen unter mir weg. Mein Körper spannt sich an, denn gleich setzen die Räder des Airbus A 320 auf. Jetzt rollt das Flugzeug. "Umkehrschub", ruft Blath mir zu. Ich entriegele die Gashebel und ziehe sie ganz zurück. Der A 320 wird langsamer. Mit den Fußpedalen versuche ich, das Flugzeug gerade zu halten. Dann betätige ich die Wippschalter oben an den Fußpedalen - die Bremse. Der Airbus bleibt stehen, mein Körper entspannt sich. Jetzt merke ich, dass ich ins Schwitzen gekommen bin. Kann das sein? Das war doch alles nur gespielt. Ich sitze in einem Flugsimulator - im Keller des "Check in" am Oerlinghauser Segelflugplatz.

Das, was Ali-Reza Brojerdi, Inhaber des "Check in" seinen Gästen anbietet, hat mit den handelsüblichen Flugsimulatoren für PCs nichts zu tun. Die Piloten auf Zeit betreten ein originalgetreues Cockpit eines A 320 - inklusive der niedrigen Deckenhöhe und der Enge beim Platznehmen auf dem Piloten- oder Copilotensessel. Brojerdi hat den Simulator "über zehn Ecken" bekommen. Vorher stand die Maschine auf dem Flugplatz Paderborn. "Drei Wochen hat es gedauert, bis wir hier alles eingerichtet haben", sagt Brojerdi. "Jetzt ist aber fast alles fertig, und die Gäste können fliegen." Informationen über Terminabsprachen und Preise gibt es unter Tel. (0 52 02) 9 95 92 90.

Nach Recherchen, die Brojerdi angestellt hat, ist er in Deutschland der einzige Gastronom, der solch ein Gerät für seine Gäste bereithält. "Der nächste öffentlich zugängliche Flugsimulator steht in Hannover, ein anderer in Bremen. Aber in der Eventgastronomie gibt es so etwas noch nicht."

Flugplatz weltweit führend

Als das Angebot kam, musste er nicht lange überlegen. "Der Flugsimulator passt einfach hierher", sagt Ali Brojerdi. Der Flugplatz in Oerlinghausen sei zwar ein Segelflugplatz, aber mit 25.000 Starts pro Jahr weltweit führend. Tausende von Besuchern kommen jedes Jahr auf den Platz - viele haben eine besondere Affinität zum Fliegen. Denen will Brojerdi jetzt ein besonderes Erlebnis bieten.

Ich nehme auf dem Pilotensessel Platz und sehe mich umgeben von Schaltern, Hebeln und Monitoren. Die Hebel zum Gasgeben erkenne ich noch. Aber der Rest . . . Gibt es keinen Steuerknüppel? "Der Airbus wird mit einem Sidestick geflogen", sagt David Blath. Er ist Flight-Instructor und weist die Freizeit-Flugkapitäne ein. Glücklicherweise beschränkt er sich bei der Erklärung der Schalter auf das Notwendigste. "Jetzt ein bisschen Gas geben, mit den Fußpedalen steuern und ein bisschen hin- und herfahren, um ein Gefühl für die Maschine zu bekommen." Klar, mach ich, und schon rollt der Airbus auf der Startbahn hin und her.

Wir starten vom Flughafen Frankfurt aus. Es hätte auch Mauritius, New York oder Heraklion sein können. "In der Software sind weltweit alle passenden Flughäfen hinterlegt", erklärt Blath. Ebenso die Wetterbedingungen. Man kann das reale Wetter nehmen, aber auch Regen, Schnee und starke Winde. Mir reicht das reale Wetter. Der Airbus wird immer schneller 100 Knoten, 120, 130, 140 - das entspricht einer Geschwindigkeit von etwa 260 Kilometern pro Stunde: Abhebegeschwindigkeit. Ich ziehe den Sidekick, der schon ziemlich an einen Joystick erinnert, nach hinten. "Den künstlichen Horizont im Auge behalten. Nicht zu hoch ziehen, sonst stürzen wir ab", sagt Blath. Langsam finde ich mich ein, bin voll konzentriert. Mein Körper hat vergessen, dass es eine Simulation ist. Der Adrenalinspiegel ist entsprechend.

Die ganzen Schikanen, wie Ausfall eines oder beider Triebwerke lassen wir mal. Mir gelingt "eine ganz anständige Kurve", sagt Blath. Dann beginnt der Landeanflug. Linke Landebahn. Ich komme zu weit nach rechts. Okay, dann die rechte. Dass die Nase nicht zu tief kommen darf, weiß ich aus Filmen. Dann bin ich unten.

Ehestreit im Flugsimulator

  • Das ein Flugsimulator eine kleine Ehekrise verursachen kann, damit hätte wohl niemand gerechnet. „Es gab einmal ein Ehepaar", sagt Flight-Instructor David Blath, „die haben sich bei der Flugsimulation richtig in die Haare bekommen." Bei dem Mann habe es sich um einen Air-Berlin-Piloten gehandelt. Für ihn sei das Erlebnis so realistisch gewesen, dass er in seine bekannten beruflichen Muster verfiel. Er habe der Copilotin, seiner Frau, Anweisungen gegeben, wie er es von seinem Job gewohnt war.
  • Normalerweise kümmert sich die Copilotin während einer Flugsimulation zum Beispiel um die Betätigung der Landeklappen oder das Ein- und Ausfahren des Fahrwerks.
  • Die Frau habe mit den ganzen Aufforderungen ihres Mannes natürlich nichts anfangen können. „Der Großteil der Teilnehmer ist total unerfahren im Fliegen", sagt Blath. Der Mann war so in seine Rolle vertieft, dass er begann, seine Frau anzuschreien, warum sie nichts täte.
  • „Die Frau war mit der ganzen Situation total überfordert und auch nach dem Flug herrschte schlechte Stimmung" , berichtet Blath. Da bleibt nur zu hoffen, dass solche Streitigkeiten der Seltenheit angehören.