Von
Julia Vorreiter
13.10.2016 | 13.10.2016, 17:30
Oerlinghausen
Vortrag: Neubürger in der Pflanzenwelt
Oerlinghausen. Sie bringen Hobbygärtner zur Weißglut. Sie wuchern, breiten sich aus. Neophyten findet man überall. Was es genau damit auf sich hat, erklärt Matthias Füller von der Biologischen Station Lippe. Neophyten sind "Neubürger unserer Pflanzenwelt", sagt der Biologe. Kurzum, es sind Pflanzen, die hier nicht heimisch sind. Sie wurden nach der Entdeckung Amerikas 1492 importiert.
Im Rasen seines Schwiegervaters hat Matthias Füller eine interessante Entdeckung gemacht. Lange Zeit dachte der Biologe, dass die vereinzelten blauen Blüten im Rasen der bekannte "Ehrenpreis" ist. Bei genauerer Betrachtung der Details wuchs jedoch die Skepsis. Nach einer halbjährigen Recherche stellte sich heraus, dass die blau blühende Pflanze ein Neophyt ist. Sie trägt den Namen "Blauer Bubikopf", auch bekannt als "Teppich-Lobelie". Ursprünglich stammt sie aus Australien. In Schwiegervaters Rasen treibt dieser Neophyt nicht allzu viel Unfug.
Beim Naturschutzgroßprojekt Senne sieht das ganz anders aus. Die sogenannte Spätblühende Traubenkirsche treibt in der Senne ihr Unwesen. Großflächig wuchert sie auf dem Waldboden. Diese Pflanze aus Nordamerika zählt zu den invasiven Neophyten. Sie verbreiten sich rasant aus und "können Probleme bereiten", sagt Füller. Schottische Hochlandrinder sollen in Zukunft dafür sorgen, dass sich die Spätblühende Traubenkirsche in der Senne nicht weiter ausbreitet. Rosemarie Hilker ist skeptisch. Ihrer Meinung nach habe sich seit der Anwesenheit der Rinder nichts verändert. Füller gibt zu bedenken, dass man "nach einer Zeit von drei Jahren nicht sagen kann, ob es bereits funktioniert hat".
Das Vorgehen bei der Bekämpfung der Neophyten ist das A und O für den Biologen. "Neophyten haben einen sehr schlechten Ruf. Die meisten Leuten sind umgeben von Neophyten", sagt Füller. Nicht alle Pflanzen aus fernen Ländern stören. Ganz im Gegenteil, manche bereichern die Landschaft. Das fängt schon im eigenen Garten an.
Problematisch wird es, wenn die Eindringlinge gesundheitsschädlich werden. Wächst Riesenbärenklau beispielsweise in der Nähe eines Kindergartens, besteht dringend Handlungsbedarf. Der Hautkontakt mit den Blättern führt zu Verbrennungen, wenn die Sonne auf die betroffene Hautpartie strahlt. Für unwissende Kinder eine ernst zu nehmende Gefahr. Wichtig sei es dann, "Strategien zu entwickeln", sagt Füller.
Im Falle des Riesenbärenklau, der häufig in heimischen Gärten zu finden ist, sei es am effektivsten, die Blüten komplett abzuschneiden. Wichtig ist die Entsorgung in die Restmülltonne. Auf dem Kompost oder in der grünen Tonne vermehrt sich die Pflanze weiter.
"Ich kann Ihnen keine Lösung anbieten", sagt Füller abschließend. Dennoch gibt er den Zuhörern im Bürgerhaus mit auf den Weg "vor der eigenen Tür anzufangen". Nicht alle Eindringlinge stören.
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