Lügde

Fall Lügde: Prozess wird wohl erst Ende Juni starten

Gegen den Mann aus Pyrmont hatte es Vorwürfe gegeben, er habe Verbindungen zur Reichsbürgerszene. Die Staatsanwaltschaft arbeitet derweil mit Hochdruck an der Anklageschrift

Die Sonne schaut am 26.04.2016 in Frankfurt am Main (Hessen) hinter der Statue der Justitia auf dem Gerechtigkeitsbrunnen auf dem Römerberg hervor. | © picture alliance / dpa

02.05.2019 | 02.05.2019, 22:41

Lügde. Reichsbürger-Vorwürfe, fingierte Datenträger oder doch nur Nebelkerzen der Ermittlungsbehörden, um von ihren eigenen Fehler abzulenken – bei den Missbrauchsfällen von Lügde kocht die Gerüchteküche. Und auch die Anklageschrift ist noch nicht wie geplant fertig. Ein Überblick:

REICHSBÜRGER

Mehrere Medien hatten berichtet, dass der Abrissunternehmer aus Bad Pyrmont Kontakte zur Reichbürgerszene habe, die den Staat und seine Organe ablehnt. Sein Anwalt Roman von Alvensleben bestreitet die Vorwürfe. „Wir fordern von allen Medien, die so etwas behaupten, eine Gegendarstellung", sagt er. Sein Mandant sei kein „Reichsbürger" und habe auch seinen Ausweis nicht abgegeben. „Er hat mir seinen Ausweis gezeigt", sagt der Rechtsanwalt. Auch die Polizeidirektion Hameln-Pyrmont/Holzminden ist der Abrissunternehmer nicht als Reichsbürger aufgefallen. „Wir kennen unsere Pappenheimer und er gehört nicht dazu", so Sprecherin Stephanie Heineking-Kutschera.

BEWEISMITTEL

Die Staatsanwaltschaft Detmold und Polizei Bielefeld hatten am 15. April erklärt, dass Unbekannte nachträglich Datenträger in die Abriss-Container abgelegt haben könnten. „Die elf Videokassetten waren sehr sauber und passten gar nicht zu den anderen Fundstücken, die total verdreckt waren", so Oberstaatsanwalt Ralf Vetter. Dies habe die Ermittler stutzig gemacht, zumal auf nur einer dieser Datenträger auch kinderpornografisches Material gefunden worden sei, das allerdings aus dem Internet heruntergeladen wurde. Daraufhin sei der Abrissunternehmer als Zeuge vernommen worden.

„Mein Mandant wurde verdächtig, Datenträger dort abgelegt zu haben, um die Medien zu beeindrucken", sagt von Alvensleben. Mit dieser Vernehmung würden die Ermittler nur von eigenen Fehlern ablenken, weil sie diese Datenträger einfach übersehen hätten. Vetter betont, dass der Abrissunternehmer nie Beschuldigter gewesen sei. In Deutschland ist es laut Staatsanwalt nicht strafbar, Polizei und Medien hinters Licht zu führen.

PROZESS

Das Verfahren wird voraussichtlich Ende Juni stattfinden. Bisher liegt dem Landgericht Detmold keine Anklageschrift vor, daher werde die Staatsanwaltschaft eine Verlängerung der U-Haft beantragen, so Gerichtssprecher Wolfram Wormuth. Die Sechs-Monats-Frist läuft am 6. Juni ab, genau ein halbes Jahr nach der Festnahme des Hauptbeschuldigten Andreas V. „Sorgfalt geht vor Schnelligkeit", so Wormuth. Zudem hätten die Verteidiger vier Wochen Zeit, sich zu äußern. Daneben müssten alle Beteiligten informiert und Termine gefunden werden. Die Detmolder Staatsanwaltschaft bereitet sich auf alle Eventualitäten vor. Noch sei aber keine Verlängerung beantragt worden, sagte Oberstaatsanwalt Ralf Vetter.