Leopoldshöhe

Eine Nacht im Chalet Club

24 Stunden in Leopoldshöhe: „Ein bisschen bizarr geht auch“

Verstehen sich als Betreiber einer Spaßkneipe: Markus Tilli (47, l.) und Inhaber Udo Brackmann (64) kümmern sich um die Geschäfte im Chalet Club in Leopoldshöhe. | © Tanja Watermann

01.09.2015 | 01.09.2015, 21:15

Leopoldshöhe. Auch Leopoldshöhe hat sein, wenn auch kleines, Rotlichtrevier. Seit zwei Jahrzehnten können sich Damen und Herren im Chalet Club amüsieren – ein Etablissement mit Tradition. Obwohl der Chalet Club unweit der Autobahn liegt, müssen sich die Gäste den Weg erst durchs lippische Hinterland bahnen.

An der Hauptstraße weist ein dezent beleuchtetes Schild den Weg zur um ein Uhr nachts immer noch gut frequentierten „Spaßkneipe“. Diesen Beinamen hat sich das Bordell in den letzten 20 Jahren redlich verdient, und darauf ist Besitzer Udo Brackmann (64) stolz.

Wird man von einem der „Theker“ hereingelassen, hört man Musik, wie sie auch in den Szenekneipen in Lippe gespielt wird. Im Hauptraum an der Theke sitzen einige junge Männer die sich angeregt mit den Damen des Hauses unterhalten. Weitere Tische, einige sind als Séparée abgetrennt, bieten bei Bedarf die gewünschte Privatsphäre. Ein Bier ist hier für fünf Euro zu bekommen. Aus dem Nebenraum ist lautes Gelächter zu hören. Ein Junggesellenabschied findet gegen halb drei seinen Höhepunkt, als sich eine hübsche Frau an einer Tabledance-Stange räkelt. Die Männer genießen die Szene, einige halten sich dezent zurück und hoffen, nicht auf Bekannte zu treffen. „Nur gucken, nicht anfassen“, heißt es offiziell für den angehenden Bräutigam. Ansonsten gilt auch hier die alte Männerregel unter Kumpels und Nachbarn: „Was im Chalet Club passiert, bleibt im Chalet Club.“

Information

24 Stunden Leopoldshöhe

Die Redaktion sucht an jeder Stunde einen anderen Ort in der Gemeinde Leopoldshöhe auf und berichtet darüber, was dort passiert, welche Menschen dort tätig sind oder vorbeikommen, was sie tun und was sie denken. Von New York heißt es ja, dass dies die Stadt sei, die niemals schläft. Die Serie wird zeigen, dass auch in Leopoldshöhe immer jemand wach ist.

Die Männer, von denen viele Stammkunden sind, bilden einen normalen Durchschnitt der Gesellschaft. Hier treffen junge, abenteuerlustige Partygänger auf die älteren Semester, eingefleischte Junggesellen auf durchreisende Monteure, und ab und zu nutzt auch mal ein Ehepaar oder eine alleinstehende Dame das Angebot in einem der acht sogenannten Servicezimmer. Diese sind alle unterschiedlich eingerichtet. Hier gibt es einen Whirlpool, da eine Sauna, im Spiegelzimmer sieht man sich gleich mehrfach. Ein bisschen „bizarr“ geht auch, aber: „Wer einen richtigen Fetisch ausleben will, wird hier nicht fündig. Aber Neugierige, die sich die SM-Utensilien einmal anschauen und damit experimentieren möchten, sind hier genau richtig“, erklärt Brackmann.

Er selbst sieht sich eher als Kneipier, macht laut eigener Aussage über 80 Prozent des Umsatzes mit Getränken. Über Preise für die angebotenen Zusatzleistungen mag er nicht sprechen. „Wissen Sie, die Damen arbeiten auf eigene Rechnung, zahlen nur für die Zimmer. Deshalb herrscht hier auch Damenwahl“, erklärt der Familienvater. Damenwahl bedeutet, dass die Damen auf die ankommenden Herren zugehen. Auch sie halten sich bedeckt, was man für einen Kneipenabend „mit Extras“ bezahlt. Gerahmte Schilder auf den verwinkelten Fluren geben jedoch den Tipp „nicht mehr als 100 Euro pro Stunde zu zahlen“.

Beim Junggesellenabschied sind die letzten Hüllen gefallen, und im Schankraum führt eine der Damen im sexy Minikleid ihren Gast in das Zimmer mit dem Whirlpool. Leise Musik ist aus dem Zimmer zu hören, dann das Knallen eines Sektkorkens. Langsam schließt sich die Tür und alles Weitere ist nun der Fantasie überlassen.

Obwohl hier einiges passiert, was zu Hause wohl nicht passieren würde, gibt es gewisse Regeln. „Sicherheit und gegenseitiger Respekt“ sind Attribute, die Brackmann wichtig sind. „Man muss auch genau schauen, mit wem man Geschäfte macht, und darf keine Angst haben“, erklärt der erfahrene Geschäftsmann, bevor er dem nächsten Gast die Tür öffnet. Die Nacht endet hier an 365 Tagen im Jahr um vier Uhr morgens, wenn auch der letzte Mann die „Spaßkneipe“ verlässt.