Von
Thomas Dohna
05.03.2019 | 05.03.2019, 06:06
Leopoldshöhe
Gewaltprävention: Die Grundschule Nord führt ein Programm gegen Prügeleien in der Schule ein. Das Programm hat sich bereits seit 20 Jahren bewährt. Lehrerin Christine Halemeyer kennt es aus anderen Schulen
Leopoldshöhe. Vor Jahren wäre eine solche Feststellung noch eine Sensation gewesen: „Auch an unserer Schule gibt es Gewalt.“ Das sagte die Leiterin der Grundschule Nord Cornelia Schmidt während eines Elternabends, bei dem sie und ihre Kollegin Christine Halemeyer das Programm „Faustlos“ vorstellte.
Streit und körperliche Auseinandersetzung im Klassenraum und auf dem Schulhof kennt jeder aus seiner Schulzeit. Fachleute gehen davon aus, dass etwa zehn bis zwölf Prozent aller Schülerinnen und Schüler unter Gewalt in der Schule leiden und dass Schüler, die mit Gewalt reagieren, emotionale und soziale Defizite aufweisen. Ihre Fähigkeit zur Empathie und im Umgang mit ihrer Impulskontrolle ist unterentwickelt. Außerdem können sie schwer mit Wut und Ärger umgehen. In den USA entwickelten Pädagogen vor mehr als 30 Jahren ein Programm gegen Gewalt an Schulen, das diesen Defiziten begegnen soll, ohne die betroffenen Schüler zu stigmatisieren. Sie nannten es „Second Step“. Vor rund 20 Jahren griff der Psychiater Professor Dr. Manfred Cierpka das Programm auf und entwickelte daraus „Faustlos“. Seitdem wird es vor allen in Kindertagesstätten und Grundschulen angewendet.
Christine Halemeyer, Lehrerin an der Grundschule Nord, kennt „Faustlos“ von anderen Schulen. „Ich bin auf Kinder getroffen, die auf bemerkenswerte Weise nett miteinander umgehen“, berichtete sie. Es werde an diesen Schulen viel über Gefühle geredet. Das heiße nicht, dass es keine Schlägereien mehr gebe. Aber die Kinder bekämen durch das Programm Rüstzeug mit, in solchen Situationen ein zweites Mal hinzuschauen. „Es gibt Kinder, die können Scherze nicht immer erkennen“, sagte Halemeyer.
Mit dem Faustlos-Projekt wollen die Lehrer sowie die Mitarbeiter der Grundschule Leopoldshöhe Nord in Zusammenarbeit mit den Eltern alle Kinder an der Schule in den Bereichen Empathie, Impulskontrolle und Umgang mit Ärger und Wut weiterentwickeln. „Es soll eine Schulgemeinschaft wachsen, in der das impulsive und aggressive Verhalten aller Mitglieder vermindert und deren soziale Kompetenzen erhöht werden“, beschreibt Schmidt das Ziel.
Jeder Schüler und jede Schülerin erhält für drei Jahre der Grundschulzeit in den Klassen zwei bis vier jeweils eine Stunde pro Woche „Faustlos“. Alle Lehrerinnen und OGS-Mitarbeiterinnen der Schule lernen das Faustlos-Curriculum im Rahmen einer Fortbildung kennen. Die Klassenlehrerinnen unterrichten eine Faustlos-Stunde pro Woche. Sie lernen Kinder anzuleiten, Konflikte mit Hilfe der erarbeiteten Strategien zu lösen. Da die ganze Schule nach dem Curriculum arbeite, sei es sowohl in Konfliktsituationen im Fachunterricht, als auch in der Pause und in der OGS-Zeit möglich, auf Strategien, die in den Faustlos-Stunden erarbeitet wurden, zurückzugreifen.
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