Willebadessen-Fölsen. Die Werkstatt des Christkinds in Fölsen zauberte vielen Generationen von Kindern ein Leuchten in die Augen: Mit naturbelassenem, massivem Holzspielzeug brachte sie nachhaltigen Spielspaß in die Kinderzimmer der vergangenen Jahrzehnte und begeisterte Groß und Klein. Nach 75 Jahren werden jetzt noch die letzten Bauernhöfe liebevoll per Hand gefertigt. Dann stehen die Maschinen still.
Der vorhandene Restbestand soll aber nicht vergeblich angefertigt worden sein: Schaukelpferde, Bauernhöfe, robuste Bollerwagen, Holzburgen, kleine Werkbänke, Puppenwiegen, Kugellaufbahnen und viele weitere Produkte aus massivem Holz suchen ein neues Zuhause in den Kinderzimmern der Region.
Ihren Anfang nahm die Geschichte der Spielwarenfarm Fölsen im Jahr 1949 in der Nähe von Bückeburg. Willy Rusche (geboren 1919) betrieb dort als Koch und Kneipier eine Gastwirtschaft. Seine Leidenschaft aber galt der Arbeit mit Holz: „Opa war ein richtiger Bastler und Tüftler“, erzählt sein Enkel Andreas Rusche (37). Jede freie Minute habe er in seiner kleinen Werkstatt verbracht. Dort fertigte er Blumenhocker, Teewagen und unterschiedliche Holzspielzeuge. Und legte damit den Grundstein für die spätere Spielwarenfarm.

In den Nachkriegsjahren stieg die Nachfrage für Spielzeug stetig an. Willy Rusche hatte längst sein Hobby zum Beruf gemacht, produzierte mittlerweile im Höxteraner Ortsteil Ottbergen Kleinmöbel und Spielzeuge und beschäftigte rund 30 Mitarbeiter. In den 1970er-Jahren waren die Auftragsbücher voll, man fertigte Großserien für namhafte Versandhäuser und Spielzeuglieferanten.
Die Umsiedlung an den jetzigen Standort folgte 1986
Schließlich aber wurde der Preiskampf im Bereich der Großserienfertigung immer beschwerlicher. Willy Rusche stand erneut vor einer entscheidenden Veränderung: 1986 siedelte er nach Fölsen um, dem heutigen Standort der Spielwarenfarm. In einem alten Treppenbaubetrieb war genügend Platz für die Familie und eine große Ausstellungsfläche. Die Fölsener nahmen die Familie in die Dorfgemeinschaft auf und standen ihr hilfsbereit zur Seite. Rusche und seine Belegschaft starteten die Produktion von hochwertigem Holzspielzeug in Kleinserie.
Mit den Produkten aus heimischem Buchenholz bereiste der Unternehmer zunächst die Märkte der Region. Im Laufe der Zeit aber machten sich die handgefertigten Spielzeuge und Kleinmöbel einen Namen – und die Kunden kamen nach Fölsen. Die Produktvielfalt wuchs und mit ihr die Ausstellungsfläche.

Schließlich konnte Willy Rusche seine Holzspielzeuge auf 500 Quadratmetern ausstellen und direkt ab Werk verkaufen. Aus dem Hobbybetrieb, der 1949 in einem kleinen Holzschuppen begonnen hatte, war eine zukunftsfähige Firma geworden. Im Jahr 2000 trat Wilfried Rusche in die Fußstapfen seines Vaters und übernahm die Geschicke der Spielwarenfarm. Inzwischen war neben den Holzspielzeugen ein zweites Standbein hinzugekommen: Der kleine Familienbetrieb fabrizierte und montierte einzelne Komponenten für bekannte Lattenrosthersteller. Auf Nachfrage der örtlichen Kundschaft wurden zudem Massivholzbetten aus Buche gefertigt, die sehr beliebt waren. Außerdem wurden in den Werkhallen der Spielzeugfarm Musterstücke für die heimische Möbelindustrie angefertigt.
Anfang 2023 starb Wilfried Rusche überraschend. Seine Frau Monika und die beiden Kinder Natascha und Andreas führten den Verkauf in den folgenden Monaten weiter fort. Jetzt wird der Betrieb nach einem Abverkauf geschlossen. „Die Entscheidung haben wir uns wirklich nicht leicht gemacht“, sagt Andreas Rusche und blickt auf die Werkbank, auf der die letzten Bauernhöfe noch auf ihre Fertigstellung warten. „Dieser Bauernhof mit PV-Anlage auf dem Dach war das letzte Projekt meines Vaters“, sagt er. Jetzt werde er es abschließen und auch die Türen der „Werkstatt des Christkinds“.
Nachhaltige Spielzeuge in hoher Qualität
„Wir haben noch versucht, das Konzept unseres Betriebes an Externe weiterzugeben“, sagt er. Aber nachhaltige Spielzeuge in hoher Qualität, die von mehreren Generationen bespielt werden könnten, seien immer begleitet von einer Marktsättigung. Dazu komme der boomende Online-Handel. „Um die Qualität unserer Produkte greifen zu können, muss man sie in Händen halten, das kann man an Bildern nicht festmachen“, fasst Rusche zusammen.

Durch die Digitalisierung habe auch beim Spielzeug eine Schnelllebigkeit Einzug gehalten. „Oft sind die Kinderzimmer voll mit unbespielten Exportspielzeugen. Oder die Kinder beschäftigen sich mit den Medien“, resümiert er. Das sei schade und stelle den eigenen Lernprozess infrage, meint er nachdenklich.
So läuft der Abverkauf in Fölsen
„Wir möchten uns bei unseren treuen Kunden bedanken und freuen uns, sie zu unserem Abverkauf begrüßen zu können“, sagt Andreas Rusche. Natürlich richte sich das letztmalige Angebot, hochwertiges Holzspielzeug zu erwerben, auch an alle, die vielleicht erst jetzt erstmals von der Spielzeugfarm in Fölsen hörten. Vom 17. bis 19. Oktober hat jeder die Gelegenheit, die letzten Schätze, die mit der Geschichte und Tradition der Werkstatt an der Straße Am Hang 29 verwoben sind, mit nach Hause zu nehmen.