Erinnerung an 91 Tote: Bombenangriff traf irrtümlich Kriegsgefangenenlager bei Warburg

Warburg-Dössel. &bdquo;Es waren langsam zur Erde sinkende Leuchtkörper, die mit ihrem Aussehen an strahlende Christbäume erinnerten“, schreibt ein Augenzeuge. Und dass man in der abgeschlossenen Holzbaracke angesichts der herannahenden alliierten Bomber &bdquo;höchst-nervös“ geworden sei. &bdquo;Licht aus“-Rufe der Wachleute – die Bracke erzitterte vom Grund auf. Ein gewaltiger Knall, Trümmerdurcheinander, wie Kartenhäuser auseinanderbrechende Baracken: Eine nicht gelöschte Lampe war Ziel für die Bombe. Bis zum Morgen des 28. September trugen die Überlebenden die Leichen von 83 Gefallenen heraus, starben acht weitere an den Verletzungen, mehr als 200 wurden verletzt: Das sind die erschütternden Worte eines Mannes, der den irrtümlichen Angriff der Allierten auf das Gefangenenlager Oflag VI B bei Dössel erlebte und überlebte. Heute auf den Tag genau vor 80 Jahren. Es waren emotionale Momente, als Andrea Störmer unterwegs an Stationen in der Feldflur diese Augenzeugenberichte oder auch Tagebucheintragungen vorlas: Fast 50 Menschen begleiten die Dösseler Andrea und Christof Störmer auf einer Zeitreise zu den Stellen und Orten, an denen einst das Kriegsgefangenenlager für Offiziere vor allem aus Polen gestanden hatte. Ein &bdquo;Dorf im Dorf“, so groß war es, sagte Störmer. Zeitweise mehr als 2.500 Gefangene Nichts ist heute mehr davon zu sehen. Aber Beschreibungen, Berichte, Fotos und Karten machen die Ausmaße deutlich. Schließlich waren dort zeitweise fast 2.300 polnische Offiziere und knapp 300 Unteroffiziere und Ordonnanzen von den Deutschen eingesperrt. Dort, wo die Bombe am Abend des 27. September 1944 einschlug, ist heute ein Zuckerrübenfeld, an dem Unwissende einfach vorbeigehen oder fahren. Mit einem stillen Innehalten und Worten für den Frieden erinnerten die Teilnehmer des Rundgangs an Ort und Stelle dennoch an diesen Teil ihrer Dorfgeschichte im Zweiten Weltkrieg. Ursprung waren die Pläne für einen Militärflughafen Störmer, der sich intensiv in diese Geschichte seines Heimatdorfes eingearbeitet und viele Details, Quellen und Bilder auf- und entdeckt hat, erinnerte daran, dass eigentlich dort südwestlich des Ortes 1939 ein Militärflughafen hatte entstehen sollen. Ein Jahr später seien die für die Bauarbeiter angedachten Unterkünfte zum Offiziersgefangenenlager umgenutzt worden. Zunächst für Franzosen und Briten sowie Jugoslawen, ab September 1942 ausschließlich für gefangene polnische Offiziere. Störmer zeigte die Bereiche, wo die Männer damals Abwechslung in ihrem Eingesperrtsein und der täglichen Eintönigkeit suchten: mit Theater (200 Menschen kümmerten sich zu Hoch-Zeiten um diesen Kulturbereich), mit Kunst, mit Sport wie Faustball oder Eishockey oder aber mit Bildung: So habe es Vorlesungen gegeben, die später nach dem Krieg sogar als Bildungsgang anerkannt worden seien. Auch Gottesdienste seien gefeiert worden, wobei die Dösseler Gemeinde mit notwendigem Equipment aushalf. Anders die russischen Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter in einem anderen Teil des Areals, die unter unwürdigen Bedingungen dahinvegetierten, beschreibt es der Dösseler. Das sei später häufig &bdquo;totgeschwiegen worden“, obwohl es offenbar sogar zwei Lagerbereiche für die Russen gegeben habe. An die Toten von dort erinnert der Obelisk im Moschengrund. Flucht durch Tunnel im Bördeboden im Jahr zuvor Übrigens betonte er auch: Trotz des Chaos’ nach dem nächtlichen Bombenabwurf 1944, trotz der vielen Toten und Verletzten sei keiner in dieser Nacht geflohen. Anders als fast auf den Tag genau ein Jahr davor, als am 20. September 1943 47 Gefangenen durch einen Tunnel flohen. Gegraben in den dafür bestens geeigneten Börde-Boden. 20 von ihnen wurden gleich gefasst und im KZ Buchenwald hingerichtet, 17 später festgenommen und vermutlich im Bereich der Staatspolizei Dortmund ermordet worden. Zehn von ihnen sei die Flucht gelungen – in den Westen oder nach Polen. Im Dezember 1943 gab es noch zwei weitere Fluchtversuche. Aus der Zeit nach der Befreiung des Lagers durch die Amerikaner hatte Störmer noch eine besondere Begebenheit gefunden: Das vermutlich erste Länderspiel nach dem Zweiten Weltkrieg, das zwischen Polen und Italienern in Dössel stattgefunden habe. Wer Interesse an diesem Rundgang hat, kann sich bei Christof Störmer melden. E-Mail: stoermer@warburger-land.de oder pro-gospel@gmx.de Gedenkfeier am 27. September in der Kirche Die eigentliche Gedenkfeier findet am Freitag, 27. September, statt und beginnt um 18 Uhr in der Kirche Dössel. Nach einem Gedenkgottesdienst ziehen die Dösseler Feuerwehr, alle Dösseler Vereine und Bürger sowie alle anwesenden Gäste in einem Fackelzug über den Dösseler Friedhof zum Gedenkstein des Oflag VI B. Dieser steht genau zwischen dem Friedhof und dem ehemaligen Osttor des Lagers und stellt somit eine Verbindung zwischen dem Lager selbst und den verstorbenen polnischen Offizieren und Soldaten her. Zum Fackelzug nach dem Gedenkgottesdienst treten die Schützen (in Uniform, ohne Gewehr), der Musikverein und die Feuerwehr Dössel vor der Kirche an. Die Gedenkrede am Gedenkstein für die gefallenen Soldaten unterhalb des Friedhofes wird der Warburger Bürgermeister Tobias Scherf halten. Die Klänge des Musikvereins Dössel werden die Gedenkveranstaltung würdig umrahmen. Der Verein Alle Jahre wieder, Veranstalter des Altstädter Weihnachtsmarktes, unterstützt die Veranstaltung mit einer Spende von 150 Euro. Im Anschluss an die Gedenkfeier besteht die Möglichkeit, den Abend gemeinsam im Dösseler Dorftreff ausklingen zu lassen. Alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, an der Gedenkfeier teilzunehmen. Da an der Kirche in Dössel nur wenige Parkplätze zur Verfügung stehen, wird gebeten, die Parkplätze an der Bördehalle, am Musikhaus und am Friedhof in Dössel zu nutzen.

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