Ex-Bundespräsident Wulff wirbt in Warburg für das gute Miteinander

Warburg. Die Begegnung, der Austausch, das Kennenlernen betonten vor dem Altar der Warburger Klosterkirche alle. Vertreter der Buddhisten, des Islams und der christlichen Kirchen. Sie diskutierten am Mittwoch mit Bundespräsident a. D. Christian Wulff, der zum Gespräch über Vielfalt, Toleranz und Demokratie in die Hansestadt gekommen war. Nicht das Trennende, das Miteinander sollte im Mittelpunkt stehen. Dabei sei die Vielfalt der Religionen in der Stadt schon erstaunlich, wie Moderator Claus Peter Müller von der Grün am Mikro festhielt. Wie das Miteinander gelinge? Der Journalist aus Kassel bat um Antworten. Zuvor hatte der Hausherr, Erzbischof Philoxenus Matthias Nayis, den christdemokratischen Politiker aus Hannover begrüßt. Er fragte sich, warum es beim Gespräch immer zwischen den Kulturen heiße, &bdquo;und nicht mit den Kulturen“. Damit traf der Geistliche den Nerv der Runde. Die syrisch-orthodoxe Kirche zählt in Deutschland rund 120.000 Mitglieder in 1.430 Gemeinden. Das Warburger Kloster ist der Bischofssitz. St. Jakub von Sarug bezeuge auch die Geschichte der Dominikaner, die bis in die 1990er Jahre in der Stadt lebten. &bdquo;Ein Ort der Begegnung“, bilanzierte Nayis. Seinem Satz, dass auch der Islam zu Deutschland gehöre, sei zwei Wochen später beim Staatsbesuch in Ankara das Wort, dass das auch Christentum zur Türkei gehöre gefolgt, machte Wulff aufmerksam. Im Trubel einer damals aufgeregt geführten Debatte untergegangen, erinnerte der Staatsmann an die altorientalischen Christengemeinschaften in der Türkei, Syrien und dem Irak. Buddhistisches Zentrum im Warburger Bahnhof &bdquo;Warburg ist eine Stadt mit einem großen Herz“, bemerkte Houa Kouang Tu, Vorsitzender der buddhistischen Gemeinde, die in Deutschland und über die Landesgrenzen hinaus in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Frankreich mehr als 500 Mitglieder zählt, mit Blick auf das buddhistische Zentrum und den Tempel im Bahnhofsgebäude. Dessen Mönche leben von Spenden. &bdquo;Gut denken, gut sprechen, verzeihen“, fasste Tu seine Religion knapp zusammen und vergaß dabei auch das &bdquo;Lachen-können“ nicht. Die Demokratie sei eine große Idee, bewertete Dechant Gerhard Pieper von der katholischen Gemeinde. &bdquo;Wir wollen Nachbarn sein“, fand er für das Zusammenleben einfache Worte. Dem Einzelnen eine unantastbare Würde zuzusprechen sei eine &bdquo;Big Story, die uns aktuell zwischen den Fingern zu zerrinnen droht“. Die Kirchen sind nicht mehr der Kitt der Gesellschaft Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen bereiten Sorge. Die Angst vor Veränderungen treibe immer mehr Menschen in die Fänge der Rechten und Populisten, hielt Patrizia Müller, Pfarrerin der evangelischen Kirche, fest. Der Pessimismus in der Gesellschaft sei äußerst bedenklich. Ein Gedanke, den auch den ehemaligen Bundespräsiden umtreibt. Die großen Kirchen bildeten längst nicht mehr &bdquo;den Kitt in der Gesellschaft, der sie einmal waren“, sagte Pieper. Doch könnten sie den Raum bieten, &bdquo;einmal ohne Schaum vor dem Mund miteinander zu reden“. Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Solidarität, Werte, die die Religionen ins Land einbrachten: Doch schwinde der christliche Einfluss, der vor Jahrzehnten im Osten Europas den Wandel eingeleitet habe, bedauerte Wulff. &bdquo;Es wird unser Land verändern.“ Integration ist keine Einbahnstraße Priester Detlef Schmidt von der neu-apostolischen Kirche merkte die Bedeutung des Austausches an. Diakone, Priester und Apostel der 300.000 Mitglieder in Deutschland sind ehrenamtlich tätig. Von der Toleranz sprach Adnan Mermertas von der syrisch-orthodoxen Kirche. Als Gastarbeiter und später als Geflüchtete gekommen, lebten die Gläubigen mittlerweile in der fünften Generation in der Bundesrepublik. &bdquo;Unsere Hände sind offen“, betonte Mermertas. Integration, die gefordert und gefördert werden müsse, sei keine Einbahnstraße. Das Kopftuch als Politikum: Werde ein Kopftuch getragen, werde man anders wahrgenommen, sagte Ayse Ergin vom Islamischen Kulturverein, der sich 2002 in Warburg gegründet hatte. Die Trägerinnen spürten mittlerweile wieder das Ressentiment. &bdquo;Ein Zeichen der Emanzipation, nicht der Unterdrückung“, erklärte Ergin, warb um Verständnis und berichtete kurz vom muslimischen Gebetsleben in der Stadt. Vielfalt der Religionen als Bereicherung Letztlich gehe es um den Satz von der Gleichheit aller Menschen, &bdquo;die aber schon seit Jahrtausenden infrage gestellt wird“, so Wulff. Demokratie sei aber nur, wenn auch alle Minderheiten respektiert werden. Die Vielfalt der Religionen sei eine Bereicherung, der Schlüssel des gelingenden Miteinanders Begegnung, Austausch und der vertrauensvolle Umgang. Entgegen der gegenwärtigen Stimmung in Moll habe er &bdquo;Lust auf Zukunft“.

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